Warum Community Management meiner Meinung nach einer der bedeutsamsten Berufe im digitalen Bereich ist? Weil wir uns – bewusst oder unbewusst – der Verteidigung der Demokratie verschrieben haben und dafür sorgen, dass der Hass im Netz zumindest auf unseren Präsenzen keine Chance hat!

Dafür braucht es aber Rückhalt aus dem Unternehmen, Schulungen und Trainings für die Teams und einen Fokus auf die mentale Gesundheit der Mitarbeitenden.Das war die Quintessenz unserer Diskussion zum Thema “Communities ohne Hass! – Wie Community Management & empowernde Moderation Hass im Netz verdrängt”, die ich mit Marc Ziegele und Björn Kunter auf der re:publica führen durfte. Im Detail gab es noch die folgenden Diskussionspunkte:

1. Community Management startet mit dem Tun!

Es kann nicht sein, dass es 2024 noch unmoderierte Kommentarspalten gibt. Wer einen Raum im Netz anbietet, trägt die Verantwortung für dessen Inhalte, ganz unabhängig von den eigenen Ressourcen. Mindestmaß ist die Moderation von rechtlich relevanten Kommentaren. Besser noch ist eine Community Moderation, die gemäßigte Diskussionsbeiträge mehr Sichtbarkeit gibt und so einen demokratischen Diskurs möglich macht.

Wer einen Kommunikationsraum anbietet, trägt die Verantwortung dafür!

2. Empowernde Moderation:

Eine Methode dafür ist die wissenschaftlich erprobte Methode “Empowernde Moderation”, die Marc auf dem Panel vorstellte. Das sogenannte KASI-Modell hilft hier gezielt dabei, problematische Beiträge effizient zu deeskalieren und fördert eine gute Gemeinschaft.

Eine ausführliche Darstellung der KASI-Methode findet ihr hier. Außerdem hat die Amadeu Antonio Stiftung auf Basis des KASI-Modells ein kostenloses Tool für Community Manager*innen entwickelt, mit dem ihr die Stile üben könnt.
An dieser Stelle eine große Empfehlung von meiner Seite für beide Quellen. Und das nicht nur, weil das KASI-Modell den Ansatz, den ich jetzt seit fast 10 Jahren in meinen Community-Moderationstrainings vermittle, wissenschaftlich untermauert hat. 😊

Die KASI-Moderationsstile nach Prof. Dr. Marc Ziegele und Dominique Heinbach M. A.

3. Training und Vorbereitung:

Auf dem Panel waren wir uns einig – die wichtigste Grundlage für eine souveräne Moderation sind Vorbereitung, regelmäßige Schulungen und Trainings der Community Manager*innen. Angefangen bei teaminternen Vorbereitungen der Moderationsarbeit auf Basis von:

  • Mit Kommunikation und Fachabteilungen abgestimmten Sprechzetteln und FAQ zu allen Themen, die regelmäßig auftauchen
  • Festgelegten Richtlinien, welche Kommentare beantwortet, ignoriert, ausgeblendet, gelöscht und/oder gemeldet werden
  • Übungen, die auf Basis von Fallbeispielen unterschiedliche Antwort-Stile durchspielen
  • Krisensimulationen in Echtzeit
  • Krisenplänen und klaren Verantwortlichkeiten für den Ernstfall
  • Regelmäßigen Abstimmungsrunden, in denen Fallbeispiele der letzten Woche(n) durchgesprochen werden.

Dazu geben externe Schulungen, Simulationen und Supervision Sicherheit und verbessern die Qualität der Moderation.

4. Psychische Gesundheit:

Der Umgang mit Hassrede kann emotional belastend sein. Es ist eben nicht nur “das bisschen Kommentare auf Insta löschen”. Nicht nur Erfahrungswerte, sondern auch diverse Studien belegen, dass die Moderation von Hasskommentaren zu emotionaler Erschöpfung führen kann (z.B. Riedl et al., 2020). Darüber hinaus berichtete Marc von einer weiteren Studie, die zeigt, dass schon 5 Minuten Pause nach 20-minütiger Moderationstätigkeit das Wohlbefinden der Moderatorinnen messbar steigert.

Eine zweite wirksame Gegenmaßnahme ist Abwechslung. “Also nicht nur hässliche Kommentare moderieren, sondern gezielt nach bestärkenswerten Kommentaren Ausschau halten. Der Fokus auf das Positive gibt Community Manager*innen wieder Kraft.”

Ergo – Pausen und Abwechslung sind wichtige Maßnahmen, um sowohl die psychische Gesundheit als auch die Leistungsfähigkeit der Moderatorinnen zu erhalten. Das bedeutet, sowohl im Team als auch für die Individuen müssen Resilienzstrukturen geschaffen werden. Es muss bewusst Platz und Zeit für den Austausch geschaffen werden, sowohl organisationsintern als auch mit Branchenkolleginnen. Unternehmen müssen endlich die Verantwortung übernehmen, um die psychische Gesundheit ihrer Community Manager*innen proaktiv zu unterstützen. Eine ausführliche, psychologisch gestützte Abhandlung zum Thema Resilienz im Community Management findet ihr hier.

Foto: Isabelle Rath

5. Safe(r) Spaces schaffen:

Online-Diskussionsräume sollten sichere Räume für alle Nutzerinnen sein. Dies erfordert strukturelle und soziale Maßnahmen sowie das Einbeziehen der Betroffenenperspektive. Dabei ist die Einschätzung der Betroffenen maßgeblich – wenn ein Mitglied der Community sagt, dass es eine Äußerung als verletzend empfindet, dann hat das Community Management sich damit auseinanderzusetzen.

Sub-Spaces und Selbsthilfegruppen können helfen, eine unterstützende Umgebung zu schaffen. Soziale Präsenz durch Community Manager*innen und klare Kommunikationswege können das Vertrauen stärken.

6. Technologische Unterstützung:

Mit der Diskussion über KI hätten wir ein ganzes Panel füllen können, wir wollten den Fokus aber bewusst auf die Themen davor legen. Darüber hinaus waren wir uns auf dem Panel relativ einig – KI kann das Community Management ganz wunderbar unterstützen, indem sie Kommentare vorsortiert, eindeutigen Hass wegmoderiert und Antwortoptionen vorschlägt. Dabei ist jedoch ein kritischer Umgang mit KI notwendig, einschließlich genauer Kenntnis der Trainingsdaten und Algorithmen sowie regelmäßiger manueller Überprüfung. Außerdem dürfen wir gerade beim Community Management eines nicht vergessen – echter Dialog und Beziehungsaufbau sind mit die größten Chancen, die diese Disziplin auszeichnen. Diese Aspekte ganz an die Maschine auszulagern, würde das Ganze ad absurdum führen.

Fazit

Unsere letzte Folie fasste noch einmal die Quintessenz der Diskussion zusammen:
GIBT DEM HASS KEINE CHANCE!
Community Management macht den Unterschied!
Widmet euch dem Positiven / Bestärkenswerten
Training & Vorbereitung sorgen für mehr Sicherheit der Community Manager*innen
Selbstfürsorge hat oberste Priorität
Schafft sichere Diskussionsräume für mehr Teilhabe und Meinungsvielfalt
Seid Euch bewusst darüber, wie wichtig Ihr seid!

Danke an alle, die dabei waren und an der Diskussion teilgenommen haben! Ich gebe die Hoffnung auf ein besseres Netz nicht auf – dafür sind gut ausgebildete Community Manager*innen mit dem entsprechenden Rückhalt ein elementarer Schlüssel. Da insbesondere auch das Defizit an Strukturen in den Fragen des Publikums, als auch in den Gesprächen danach thematisiert wurde, habe ich dafür noch eine Checkliste für Community Management im Umgang mit Hassrede erstellt.