Community Manager*innen sind die letzte Bastion im Kampf gegen den Hass im Internet! Der Großteil der Community Manager*innen, die ich kenne, sehen genau diese Verantwortung als Ihre Berufung. Sie stellen sich tagtäglich Hasskommentaren, Gewaltphantasien und sogar Drohungen. Sie sorgen dafür, dass die vernünftigen Stimmen da draußen überhaupt noch eine Chance haben. Eigentlich sollten wir Community Manager*innen für diesen Dienst an der Gesellschaft feiern. Die Realität sieht leider noch immer anders aus. Da muss der ungeschulte Redaktionsmitarbeitende nebenbei die Kommentare unter dem Artikel zur Flüchtlingspoltitik moderieren, da sitzen Werkstudierende mit Bauchschmerzen vor den Kommentarspalten in denen sich Wutbürger*innen austoben oder Community Manager*innen lassen sich den dritten Tag in Folge 8-10 Stunden am Stück beschimpfen, während sie eine Kommunikationskrise begleiten. Selbst dem toughestem CommunityProfi gehen solche Situationen an die Nieren, warum also ändert sich seit Jahren nichts an dieser Situation? Warum ist die Wertschätzung für die Arbeit nach wie vor eher ein „ach, das bisschen Facebook kannste doch nebenbei machen“? Die traurigen wie triviale Antworten sind:
- dass noch immer ein bedeutsamer Anteil der Redaktionen, Unternehmen, Organisation, Behörden und Co., die Bedeutung von und vor allem die Verantwortung zu Community Management nicht verstanden haben.
- dass Community Management nicht direkt Einnahmen verursacht, da Beziehungsaufbau und bedeutsame Dialoge nunmal keine Umsatzziele sind (und das ist auch gut so). Entsprechend braucht es eine gute Strategie und geeignete Messwerte, um selbst dem letzten Zweifler zu beweisen, welchen Wert CM hat.
Gegen diese Gründe können wir Social Media und Community Manager*innen nur Stück für Stück arbeiten, worauf jede*r Communityschaffende, der tagtäglich dieser Situation ausgesetzt ist, sofort achten muss ist Selbstfürsorge. Mit Betonung auf sofort und muss! Es mag paradox klingen, aber die psychische Last, die mit dieser Situation einhergeht, kann (post)traumatische Stresssymptome auslösen, die mit denen eines realen Verkehrsunfalls, oder des Todes eines Angehörigen vergleichbar sind. Von depressiver Verstimmung, über Depressionen, bis hin zu Selbstmord(gedanken), ist mit den Folgen wirklich nicht zu spaßen. Das passiert meistens nicht von heute auf morgen, sondern ist ein schleichender Prozess. Genau deswegen ist es so unglaublich wichtig, dass Community Manager*innen achtsam sind und auf sich aufpassen. Eine Reihe von Tipps, was Ihr als Community Manager*innen und Vorgesetzte dafür tun könnt, habe ich Euch hier zusammengestellt. Ihr habt noch andere Methoden und Ideen? Dann freue ich mich über Ergänzungen in den Kommentaren.
Achtsamkeit für Community Manager*innen
Warum Seelenhygiene für Community Manager*innen enorm wichtig ist
Wer den ganzen Tag angefeindet wird, die hässliche Fratze der Menschheit mit jedem Kommentar lesen muss oder im Zweifel sogar Videos und/oder Fotos sichten muss, die kein Mensch je sehen sollte, braucht Hilfe. Mindestens Hilfe zur Selbsthilfe und in manchen Fällen die Unterstützung durch einen Therapeuten.
Worte können sein wie winzige Arsendosen. Sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.
Victor Klemperer
Selbstsicherheit – der Grundstein von Selbstfürsorge
Selbstsicherheit, also eine Überzeugung, dass das was man tut gut und richtig ist, ist der Grundstein für Selbstfürsorge. Warum? Weil Selbstzweifel Euch verunsichern und damit die Tür für negative Gedanken noch weiter öffnen. Wer negativ über sich oder seinen Arbeitgeber denkt, dem fällt es schwerer gut zu sich selbst zu sein. Um „Euer Selbst sicher“ zu sein, ist es also unglaublich wichtig, dass Ihr einen Sinn in Eurer Arbeit seht und hinter Eurem Arbeitgeber stehen könnt. Seid hier ehrlich zu Euch selbst und zieht weiter, wenn Ihr diese Punkte nicht mehr erfüllt. Ein weiterer Punkt der Eure Selbstsicherheit unterstützen kann, ist kontinuierliches Lernen und eine gute Ausbildung im Community Management. Ob der Besuch einer Konferenz, das Lesen eines Fachbuches oder der Austausch mit Branchenkolleg*innen zu Fachfragen – sorge dafür, dass Du stets das Gefühl hast in Deinem Fach auf der Höhe der Zeit zu sein.
Selbstsicherheit bedeutet im übrigen nicht ein „Ego aus Stahl“ zu haben. Es geht darum so Selbstsicher zu sein, dass Euch der „Pöbel im Internet“ nicht aus der Fassung bringen kann, zumindest nicht mehr als unbedingt notwendig.
Schweigen ist schmerzhaft, Schreiben ist Silber, Reden ist Gold
Ein befreundeter Psychologe sagte einst, dass negative Gefühle und Gedanken im Inneren kreisen und sich gegenseitig aufschaukeln, bis sie „rausgelassen“ werden. Genau das musst Du als Community Manager*in tun, um nicht irgendwann krank von dem zu werden, was Du da Tag täglich lesen musst.
Sprich mit Deiner / Deinem Partner*in, Deiner Familie oder Freund*innen über Deine Gefühle und über das was Tag täglich auf Dich einprasselt, was Dich bewegt und warum. Wenn Du in Deinem Umfeld niemanden hast, mit dem Du reden kannst, oder Du einfach das Gefühl hast, dass Dich niemand wirklich versteht, suche Dir Branchenkolleg*innen zum Austausch. Wir im Bundesverband Community Management (BVCM e.V.) bieten neben einem geschütztem Intranet für Mitglieder, beispielsweise auch regionale Stammtische an, auf denen Du auch als Nicht-Mitglied dazu stoßen kannst. Der Austausch auf diesen Treffen ist stets eine Bereicherung, denn hier Treffen sich nicht nur Menschen, die wissen was Du gerade durchmachst, sondern auch Kolleg*innen, die nicht nur zuhören können, sondern sicher auch den einen oder anderen guten Rat für Dich haben. Du bist zu schüchtern, weil Du keinen kennst? Wende Dich einfach an die/den Organisator*In des jeweiligen Stammtisches, dann helfen wir Dir! Die aktuellen Termine für Stammtische findest Du auf unserer Facebook Seite.
Fokussiere Dich auf die schönen Menschen und Kommentare
Der Mensch neigt dazu negative Erfahrungen präsenter im Kopf zu haben, als positive. Arbeite hier aktiv dagegen! Sammele positive Kommentare und E-Mails – manch ein Community Team druckt diese Highlights sogar aus und hängt diese an die Wand, damit sie immer präsent sind.
Beschäftige Dich bewusst mit den positiven Menschen in Deiner Community, spricht mit ihnen, bedanke Dich für ihre Unterstützung oder beantworte einfach freundlich Ihre positive Wortmeldung. Das sorgt nebenbei nicht nur für eine bessere Bindung, sondern gleichzeitig auch dafür, dass genau diese Kommentare mehr Sichtbarkeit bekommen. Behalte außerdem immer im Hinterkopf – Nutzer*innen mit einer extremen Meinung und/oder jene, die durch negative Emotionen (oder Bots) angetrieben werden, schreiben überproportional viele Kommentare. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es viel mehr schöne Menschen da draußen gibt, als die Kommentarspalten erahnen lassen.
Ablenkung durch Humor & Co.
Humor ist wenn man trotzdem lacht und manchmal ist diese Einstellung im Community Management genau das, was den Unterschied macht. Ich habe selbst über Monate Kommentare auf „rechtsgeneigten“ Seiten gelesen und ausgewertet, sowie auf großen Seiten Beiträge zu dem Themenkomplexen „Geflüchtete“ „Impfen“ und in diversen Shitstorms moderiert und beantwortet. Am Ende des Tages fühlte ich mich oft unglaublich leer und hatte ein Stück weit den Glauben an die Menschheit verloren. Das einzige, was neben Gesprächen mit Kolleg*innen, Familie und Freund*innen noch half war ein Überdosis des Gegenteils. So las ich am Abend gerne mal klassische Literatur, guckte mir lustige oder romantische Filme bzw. Serien an. An ganz harten Tagen musste es auch mal das Gegenteil sein – Horror oder Drama. Ein weiterer Favorit ist Musik, eben die Lieder, die Dir ein gutes Gefühl geben und/oder Dich emotional „reaktivieren“. Auch hier gilt es Deinen persönlichen Ansatz zu finden – was hilft Dir Dich abzulenken? Wie eingangs erwähnt, ist Humor hier oft auch eine mögliche Variante. Humor verhilft zur Distanz und rückt die Perspektive wieder ein wenig mehr ins Lot. Wer selbst nicht die Zeit hat, kann hier auf diverse Facebook-Gruppen zurückgreifen. Da wären zum Beispiel Kundenservice, Hooligans gegen den Satzbau, Katzen gegen Glatzen (leider zur Zeit inaktiv) oder das Beste aus Social Media. Einer meiner persönlichen Favoriten, wenn es mal wieder ganz schlimm ist, ist das Lied „Thank you Hater“ von Clever Pie und Isabel Fay.
Dieses Video, oder der eine oder andere Beitrag von diesen Seiten sollte zumindest für ein Schmunzeln sorgen.
Wenn Sie das nicht mehr tun und Du generell merkst, dass Du emotional abstumpfst, solltest Du Dir Gedanken darüber machen, ob Dir Deine Arbeit nicht schon zu nahe geht und Du Dir mehr Unterstützung holen solltest!
Nutze das ABC(DE)-Modell
Das ABC-Modell kommt aus der kognitiven Verhaltenstherapie und wurde von dem Psychologen Albert Ellis entwickelt. Ellis erkannte, dass es zwischen einem Ereignis und dem daraus entstehenden Gefühl einen unbewussten Zwischenschritt gibt. Diese Abfolge nannte er, ABC Modell für:
Activating experiences – innere oder äußere Wahrnehmung / Erfahrung / Herausforderung / Konflikte
Beliefs – Annahmen und Interpretationen
Consequences – Verhalten und Gefühle
Zwischen einem Ereignis und einem Gefühl steht demnach noch eine Bewertung dessen, was da gerade passiert ist. Wenn wir uns dieses Zwischenschrittes bewusst sind, sind wir in der Lagen unsere Gefühle zu beeinflussen (je nach Grundstimmung mal mehr und mal weniger). Genau deswegen ist das ABC-Modell ist bis heute Basis vieler kognitiver Verhaltenstherapien.
Gerade zu Beginn ist es natürlich schwierig, direkt in den ABC-Prozess einzugreifen, deswegen entwickelte Ellis noch ein D und E
Dispute – Hinterfrage Deine ungünstigen Annahmen und Interpretationen
Effect – Erlebe die positiven Auswirkungen, wenn Du bewusst beeinflusst, wie Du mit der Erfahrung umgehen möchtest.
Den Hintergrund zu dem Modell könnt Ihr Euch zum Beispiel hier durchlesen, oder dieses Video ansehen.
Ich möchte an einem stark vereinfachten Beispiel zeigen, wie es Euch im Community Management helfen kann.
A: Kim moderiert die Kommentare unter einem Beitrag, dabei begegnet ihr eine Beleidigung gegen das Community Management dieser „Drecksseite“.
B: Kim ist ein sehr empathischer Mensch und nimmt die Beleidigung (zumindest teilweise) persönlich.
C: Kim fühlt sich nicht gut, wird traurig und fragt sich, was sie hätte anders machen können
D: Kim hinterfragt ihre Reaktion: Meint die Person überhaupt mich persönlich? Ist diese Person überhaupt in der Lage über mich und meine Fähigkeiten zu urteilen?Was ist passiert, damit die Person so unflätig wird, hatte ich darauf Einfluss?Die Antwort ist in allen drei Fällen NEIN! Kim macht sich klar, dass dies kein persönlicher Angriff ist und antwortet sachlich und lösungsorientiert mit einem Hinweis auf die Netiquette.
E: Version A: Der Nutzer entschuldigt sich für seinen Ton und bedankt sich für die Antwort. Version B: Der Nutzer poltert weiter und Kim reagiert mit den angekündigten Sanktionsmaßnahmen. In beiden Fällen hat Kim ein besseres Gefühl als vorher.
Das ABCDE Modell hilft Dir dabei Dir bewusst zu werden, was Dich wie negativ beeinflusst und wie Du „anders denken kannst“ um diese Gefühle zu beeinflussen. Dafür gibt es keine allgemeine Lösung. Um Deine Lösung zu finden, hilft es zu Beginn Deine persönlichen ABCDEs strukturiert aufzuschreiben. Deswegen habe ich für Euch eine auf Community Manager*innen angepasste Vorlage für die ABCDE-Methode entwickelt, die Du Dir hier runterladen kannst.
Keine Scheu vor psychotherapeutischer Hilfe!
Dir verschaffen weder Gespräche mit Kolleg*innen oder Freund*innen, noch mit anderen Community Manager*innen Erleichterung im Gedankenkarussell? Dann nimm dieses Zeichen bitte sehr ernst! Strecke lieber zu früh als zu spät die Fühler nach einer*m gute*n Psychotherapeut*in aus, eine Übersicht approbierter Therapeut*innen findest Du beim Deutschen Psychotherapeuten Verband. Es ist wirklich keine Schande sich professionelle Hilfe zu suchen! Ich bin persönlich sogar der Meinung, dass jeder Mensch von ein paar (mehr) Stunden bei einer/einem Psychotherapeut*in profitieren würde. Dort lernst Du nämlich nicht nur den Umgang mit schwierigen Situationen, sondern auch eine Menge über Dich selbst. Diese Selbst(er)kenntnis verschafft Dir Wort wörtlich mehr Selbstbewusstsein und stärkt Dich für Herausforderungen im Alltag.
Für den akuten Notfall – Telefonseelsorge
Es gibt Situationen, in denen niemand Zeit hat, obwohl Du gerade wirklich jemanden brauchst, mit den Nerven am Ende bist und nicht mehr weiter weißt. Selbst dann bist Du nicht allein! Es gibt die bundesweit gültige Nummer der Telefonseelsorge, sowie ein Angebot per Chat oder E-Mail Kontakt aufzunehmen: https://www.telefonseelsorge.de/
Langfristig kann die Telefonseelsorge natürlich keine*n Therapeut*n ersetzten, aber die Quintessenz ist – Du bist niemals allein!
(Offline) Freiräume schaffen und Grenzen ziehen
Gerade als Community Manager*in gibt es Situationen, in denen Du ganz bewusst abschalten sollten, und zwar komplett. Ganz offline! Suche Dir dafür am besten einen Ort, an dem Du kein Internet hast, oder nehme Dir ein klassisches „Dumbphone“ ohne Internetfähigkeit mit. Ganz einfach, damit Du nicht in Versuchung gerätst, eben mal kurz nachzusehen. Damit Du wirklich zur Ruhe kommen kannst, solltest Du mit den Kolleg*innen ausmachen, dass diese Dich nur im Notfall anrufen oder per SMS informieren, aber auch wirklich nur dann!
Darüber hinaus ist es durchaus legitim, in der Freizeit Grenzen zwischen Beruf und Privatleben zu ziehen und die Diskussion über das, was der Arbeitgeber getan hat, freundlich, aber bestimmt zu beenden. Umgekehrt bestimmst Du selbst, wie viel von Deinem Privatleben Du mit in den Beruf ziehst. Du musst nicht auf Facebook mit Kunden befreundet sein, oder auf XING Kontakte annehmen, die Dir nicht persönlich bekannt sind. Auf XING kannst Du eine freundliche Absage schreiben, warum Du keine fremden Kontakte annimmst und unter welchen Voraussetzungen das tust. Auf Facebook gibt es neben dieser Strategie noch die Möglichkeit, die Sichtbarkeit von Inhalten auf Deinem Profil einzuschränken. Dafür erstellen Sie eine Liste, die zum Beispiel den Namen „Beruflich“ trägt, und veröffentlichen Ihre Inhalte standardmäßig mit den Sichtbarkeitseinstellungen „Nur für Freunde“ und Nicht teilen mit Beruflich (siehe Abbildung)
Kontakte auf dieser Liste sehen dann nicht mehr als Personen, die Dein öffentliches Profil abonnieren. Generell kann ich Euch Community und Social Media Manager*innen nur empfehlen sehr bewusst mit Euren persönlichen Daten und Einblicken in Euer Privatleben umzugehen. Spätestens wenn man die ersten Gewaltphantasien aus dem E-Mail Postfach fischt, wird einem bewusst wie wichtig das ist.
Seit gut zu Dir!
Last but not Least habe ich noch einen ganz wichtigen Tipp. Je besser es Dir mental und körperlich geht, desto besser kommst Du auch mit dem Stress des dialogischen Community Managements klar! Deswegen ist es so ungemein wichtig, dass Du nicht nur auf der Arbeit, sondern generell gut für Dich sorgst. Tue Dinge, die Dir gut tun, umgebe Dich mit Menschen und Tieren, die Du magst, achte auf Deine Gesundheit, entwickele ein generelles Gespür für Dich, Deinen Körper und Deine Seele. Je stressiger und unschöner die Kommentare sind, mit denen Du Dich tag täglich rumschlägst, desto wichtiger ist Dein persönlicher Ausgleich! Ob das nun Sport, Reisen, Kochen, Stricken oder Bungee-Jumping ist, hängt von Deinen Vorlieben ab. Lege Dir am Besten eine Liste mit „angenehmen Tätigkeiten“ an und tue regelmäßig was davon. Inspiration für so eine Liste, inklusive Bewertungsmöglichkeiten, findet Ihr zum Beispiel hier. Es hilft hier wirklich feste(!) Zeiten einzuplanen – ob der regelmäßige Besuch im Fitness Studio am Mittwoch in der Mittagspause (sehr zu empfehlen), oder alle 2 Stunden einen Achtsamkeitsmoment, in dem Du kurz innehältst und genau nachfühlst „Wie geht es mir gerade“ – nimmt Dir bewusst Zeit für Dich!
Zur Selbstfürsorge gehört auch zu kommunizieren, wenn Du an einem Tag mental wirklich nicht in der Lage bist auch nur noch einen weiteren Hasskommentar zu lesen. Mir ist bewusst, dass es dafür auch die/den richtige*n Vorgesetzte*n braucht. Genau deswegen richtet sich der letzte Teil dieses Artikels an Führungskräfte von Community Manager*innen.
Fürsorge für Dein Team
Du bist Teamleiter*in und möchtest, dass es Deinem Team gut geht? Dann kannst Du folgende Dinge tun:
Eine Community Kultur etablieren
Wertschätzung für die Kolleg*innen, Offener Austausch, Fehlerkultur und Zusammenhalt sind die wichtigsten Voraussetzungen für eine gute Community Kultur in Deinem Unternehmen. Die Grundlage dafür ist eine solide Social Media und Community Management Strategie, die den Beitrag zu den Unternehmenszielen zeigt. ( Wie Ihr gute Social Media Messwerte und KPI definieren könnt, lest Ihr hier) Erstellt regelmäßig Reports oder Rundschreiben, in dem Ihr Eure Erfolge zeigt – nicht nur der Geschäftsleitung, sondern gebt allen Mitarbeiter*innen die Chance Einblick in Eure Arbeit zu bekommen. Ob als Statusmeldung im Intranet, per E-Mail oder sogar ganz klassisch als Kolumne in der Mitarbeiterzeitung hängt von den Möglichkeiten Eures Arbeitgebers ab. Besonders hilfreich ist es auch, wenn Ihr Eure Führungskräfte oder internen Zweifler mal einen Tag als „Praktikant*in“ einspannen könnt. Eine Übung, die ich in der Beratung immer dann „anordne“, wenn ich merke, dass die Vorstellung von Community Management völlig daneben liegt. Sowas wirkt Wunder! Die Wertschätzung nach außen ist der eine Teil, die richtige Atmosphäre innerhalb des Teams zu schaffen, ist eine andere Herausforderung. Sorge schon bei dem Einstellen der Mitarbeitenden für eine gute Passung. Das kannst Du erreichen, indem mindestens ein*e Mitarbeiter*in mit in den Bewerbungsprozess involviert ist. Sehr hilfreich ist auch immer ein freiwilliger Persönlichkeitstest, wie zum Beispiel ein Test nach der Jung-Typologie, oder neben dem klassischen Vorstellungsgespräch für die Favoriten ein Treffen zum Mittagessen o.ä. zu organisieren. Gerade weil der mentale Rück-und Zusammenhalt in dem Community Team so wichtig ist, ist es enorm wichtig, dass die Mitarbeitenden zusammen passen. Du als Führungskraft musst voll hinter Deinem Team stehen. Egal was schief läuft, achte auf wertschätzende Kommunikation und konstruktive Kritik. Achte darauf, dass Dein Team gut ausgebildet ist und Du feste Strukturen für Achtsamkeit etablierst.
Feste Strukturen für Achtsamkeit
Etabliere feste Meetings, in dem die Mitarbeitenden sich gezielt über Ihre Gefühle im Umgang mit den dunklen Seiten des Internets austauschen können. Das muss nicht immer innerhalb des Büros sein, sondern kann auch gerne mal im Grünen, in einem Bistro oder Café sein. Oftmals haben (zumindest einige) Mitarbeiter zunächst Schwierigkeiten damit sich zu öffnen, oder können Ihre Gefühle nicht verbalisieren. Hier kannst Du helfen, indem Du Selbst als Vorbild agierst und mit dem Gefühlsstern den Ausdruck von Gefühlen vereinfachst.
Dieser Kreis hilft Deinen Mitarbeiter*innen über die Dimensionen der Emotionen besser einzuschätzen, wie „schlimm“ es gerade ist. Natürlich darfst und sollst Du niemanden zum Austausch zwingen, die Erfahrung zeigt aber, dass so ein Angebot meistens sehr gut angenommen wird.
Ein weiteres, wichtiges Angebot ist Mentoring oder Supervision – je nach Belastungsgrad der Kommentare durch eine*n erfahrenen Community Manager*in (idealerweise mit einer Grundausbildung in Psychologie) oder Psychotherapeu*tin. Sorge dafür, dass Deine Community Manager*innen regelmäßig die Chance haben Einzelstunden in Anspruch zu nehmen – entweder auf Abruf oder noch besser als festen, (2)monatlichen Termin.
Zu einem guten Prozess gehört in diesem Falle auch, dass niemand 8 Stunden (oder mehr) am Tag in Kommentarspalten verweilen muss. Dafür braucht es
- alternative Verantwortlichkeiten, idealerweise Aufgaben, bei denen die Mitarbeiter*innen positive Bestätigung bekommen,
- feste Pausen und arbeitsfreie Zeit, auf dessen Einhaltung auch geachtet wird,
- und genau deswegen ausreichend Personal!
Um diese Strukturen etablieren zu können, braucht Ihr die entsprechenden Ressourcen. Entsprechend ist es enorm wichtig, dass Ihr eine gute Social Media und Community Management Strategie habt. Ihr müsst nachweisen, dass Ihr einen Beitrag zu den Unternehmenszielen leistet und argumentieren können, warum es eben nicht ausreicht, dass die/der Praktikant*in nebenbei ein bisschen auf Facebook antwortet. Aber genau das ist Eure Aufgabe als Führungskraft! Setzt Euch für Euer Team ein, wenn Ihr es alleine nicht schafft, tauscht Euch mit Kolleg*innen aus (zum Beispiel im BVCM), legt Eurer / Eurem Chef*in diesen Artikel hin, oder holt Euch Beratung an Board. Wir müssen für gute Arbeitsbedingungen im Community Management kämpfen, das wird leider niemand anderes für uns tun.
Fazit
Community Management wird in Zukunft noch viel wichtiger werden, als es heute schon ist – nicht nur um überhaupt noch in den sozialen Netzwerken gesehen zu werden, sondern weil wir endlich die Verantwortung für den Verfall der Diskussionskultur übernehmen und aktiv dagegen steuern müssen. Das schön ist, gute Community Manager*innen werden immer gesucht. Wenn Du also absolut keine Rückendeckung in Deiner Organisation hast, oder feststellst, dass die Werte nicht mehr zu Deinen passen, dann musst Du Dir keine Sorgen machen, Du bist am Markt gefragt. Das ist im übrigen auch ein Gedanke, der Dir bei Deiner persönlichen Selbstsicherheit hilft! In diesem Sinne, lasst uns das Internet gemeinsam besser machen!
Wow, danke für diesen ausführlichen Bericht!
Sehr gerne 🙂