Die Moderation von Hassrede, Desinformation und polarisierenden Diskussionen ist eine der herausforderndsten Aufgaben im Community- und Social Media Management. Unternehmen und Organisationen, die Community Manager*innen beschäftigen, stehen dabei nicht nur vor organisatorischen und inhaltlichen Herausforderungen, sondern haben auch eine klare arbeitsrechtliche Verantwortung. Neben den allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen spielen vor allem der Schutz vor psychischer Überlastung, faire Arbeitsverteilung und die Berücksichtigung von Homeoffice-Arbeitsplätzen eine zentrale Rolle. Welche Verpflichtungen daraus folgen und was sonst dafür sorgt, dass Community und Social Media Manager*innen in einem guten Umfeld arbeiten können, skizziere ich in diesem Beitrag. Ergänzt wird der Beitrag durch ein Muster für eine Gefährdungsbeurteilung, eine Reihe von Interviews aus vorbildlichen Unternehmen und Organisationen, sowie eine Schritt für Schritt Anleitung zu einem besseren Arbeitsumfeld.
Warum sich die Investition in ein gutes Arbeitsumfeld für Community und Social Media Manager*innen lohnt
Ich gebe zu, die Abschnitts-Überschrift fühlt sich falsch an, denn eigentlich sollte kein Arbeitgebender eine Erklärung dafür brauchen. Ein Blick in den Arbeitsmarkt, mein E-Mail Postfach und die Studie des BVCM zeigt leider das Gegenteil.
Abbildung 1: Die aktuell größten Herausforderungen der Teilnehmenden an der BVCM-Studie* Evertz, Katja/Evertz, Stefan
Das Ergebnis der BVCM-Studie zeigt klar die größten Herausforderungen liegen bei fehlenden Mitarbeiter*innen (50%), fehlenden Ressourcen (50%) und fehlender Zeit (40%). Das fehlende Verständnis für Social Media und/oder Communities, was mit 49% auf Platz drei liegt, ist meiner Meinung nach Ursache wie Symptom. Zumindest ist es das Bild, was ich immer wieder in Gesprächen geschildert bekomme. Genau deswegen ist es mir wichtig an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich zu sagen:
Community- und Social-Media-Manager*innen sind das Rückgrat jeder digitalen Kommunikation und die letzte Bastion gegen den Hass. Sie tragen eine immense Verantwortung und Bürde, was entsprechend unterstützt und gewertschätzt werden muss!
Gutes Community Management sorgt für ein gesundes Online-Klima, macht Diskussionen auf Augenhöhe (wieder) möglich und schützt somit das Unternehmensimage. Wer in ein stabiles und unterstützendes Arbeitsumfeld investiert, profitiert außerdem von:
Geringerer Fluktuation: Eine realistische Arbeitsbelastung, regelmäßige Weiterbildung und psychologische Unterstützung sorgen für langfristige Mitarbeiterbindung.
Höherer Effizienz: Menschen, die sich nicht dauerhaft überlastet fühlen, können schneller und gezielter auf kritische Inhalte reagieren.
Besserer Community-Pflege: Ein ausgeglichenes Team kann empathischer agieren und damit das Community-Erlebnis verbessern.
Weniger Ausfall durch Krankheit: Stress beeinträchtigt das Immunsystem, Prävention hilft
Leider weiß ich, dass diese Argumente nicht bei allen Arbeitgebenden ausreichen, deswegen komme ich nach einer kurzen Ausführung über die Herausforderung durch Hassrede gleich zu den arbeitsrechtlichen Verpflichtungen.
Warum die Moderation von Hassrede, polarisierenden Diskussionen und Desinformation problematisch ist
Die Moderation von Online-Kommentaren ist anspruchsvoll und psychisch belastend. Besonders problematisch wird es, wenn:
Zu wenig Arbeitszeit für die Menge an Kommentaren vorhanden ist:
Das Volumen übersteigt die verfügbare Arbeitszeit, wodurch eine qualitative Moderation nicht mehr gewährleistet ist.
Unmoderierte Hassrede kann negative Auswirkungen auf die Community und das Unternehmensimage, sowie sogar rechtliche Konsequenzen haben.
Das Gefühl niemals fertig zu werden, sorgt für Überforderung, fehlende Selbstwirksamkeit und sogar Schuldgefühle
Homeoffice-Arbeit die Belastung verstärkt:
Fehlt der direkte Austausch mit Kolleg*innen, sind Mitarbeitende stärker auf sich allein gestellt.
Die Trennung zwischen Beruf und Privatleben verschwimmt, was das Stresserleben erhöht.
Unternehmen müssen besondere Maßnahmen ergreifen, um Community-Manager im Homeoffice zu unterstützen.
Nur eine Person die Aufgabe übernimmt:
Die gesamte Last liegt auf einer einzelnen Person, was Stress und psychische Erschöpfung fördert.
Ohne die Möglichkeit des Austauschs mit Kollegen fehlt die emotionale Entlastung.
Die Resilienz sinkt mit der Zeit, was zu Burnout führen kann.
Rechtliche Grundlagen: Arbeitsschutz und Arbeitszeitregelungen
Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass ihre Community-Manager unter fairen und sicheren Bedingungen arbeiten können. Die Einhaltung von Arbeitsschutz ist dabei das absolute Minimum. Hier sind die wichtigsten arbeitsrechtlichen Aspekte, die dabei berücksichtigt werden müssen.
Recht auf Gefährdungsbeurteilung
Laut § 5 ArbSchG (Arbeitsschutzgesetz) müssen Arbeitgebende eine Gefährdungsbeurteilung durchführen, um physische und psychische Belastungen zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
Eine Gefährdungsbeurteilung ist die systematische Ermittlung und Bewertung potenzieller Gefahren am Arbeitsplatz. Ziel ist es, Risiken frühzeitig zu erkennen und durch geeignete Maßnahmen zu minimieren. Sie dient sowohl dem Schutz der Beschäftigten als auch der rechtlichen Absicherung der Arbeitgebenden. Die Leitlinie zur Gefährdungsbeurteilung hebt hervor, dass dies nicht nur physische, sondern auch psychische Belastungen umfassen muss, insbesondere bei Tätigkeiten mit hohem Stresslevel wie der Moderation von Hassrede.
Für Arbeitgebende bedeutet eine umfassende Gefährdungsbeurteilung:
Einhaltung gesetzlicher Pflichten, um Bußgelder und Haftungsrisiken zu vermeiden.
Optimierung der Arbeitsbedingungen, um die Produktivität und Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu steigern.
Langfristige Reduzierung von Krankheitsausfällen durch präventive Maßnahmen.
Schutz vor psychischer Belastung
Psychische Belastungen sind in modernen Arbeitswelten eine zunehmende Herausforderung. Die Gefährdungsbeurteilung muss laut § 5 ArbSchG explizit auch psychische Belastungen wie Stress, emotionale Erschöpfung oder Isolation durch Homeoffice-Arbeit umfassen. Relevante Aspekte für Community-Manager sind:
Hoher Arbeitsdruck und Zeitdruck durch ununterbrochene Online-Diskussionen.
Emotionale Belastung durch den Umgang mit Hassrede und Beleidigungen.
Fehlende Abgrenzung zwischen Beruf und Privatleben, insbesondere im Homeoffice.
Maßnahmen zur Reduzierung dieser Risiken können umfassen:
Regelmäßige Supervisionen und psychologische Unterstützung.
Klare Abgrenzung von Arbeits- und Pausenzeiten.
Geregelte Arbeitszeiten, sowie ausreichend Personal und Ressourcen
Technische Maßnahmen zur Reduktion direkter Konfrontation mit belastendem Content, z. B. Filtertools für toxische Inhalte.
Regelmäßige Schulungen und feste Zeiten für die Reflektion im Team.
Sowohl die physische, als auch die psychische Gefährdungsbeurteilung (PGB oder GB Psych) ist im §5 ArbSchG geregelt und somit gesetzlich verpflichtend. Eine mangelhafte oder fehlende Durchführung kann rechtliche Konsequenzen haben. Die Pflicht besteht im übrigen schon ab einem Mitarbeitenden.
Muster: Gefährdungsbeurteilung für Community Management
Ich sehe in der Praxis im Bereich der Gefährdungsbeurteilung einen großen Nachholbedarf. Entweder ist gar keine vorhanden, oder es wird versucht eine allgemeine Version für Bildschirmarbeitspltze zu nutzen, die aber potentielle Risiken aus der Online-Moderation nicht berücksichtigt. Aus diesem Grunde habe ich ein (nicht allgemein- oder rechtsgültiges) Muster für eine Gefährdungsbeurteilung für den Arbeitsbereich Community und Social Media Management erstellt. Vielen Dank an dieser Stelle an Susanne, Melanie, Andreas, Chris und Kata, die mir Einblick in ihre Gefährdungsbeurteilungen gegeben und mich bei der Recherche unterstützt haben.
Dieses Muster ist als Inspiration für Unternehmen und Organisationen zu verstehen, muss an Eure individuellen Gegebenheiten angepasst werden und erhebt ausdrücklich keinen Anspruch auf Vollständig- oder Rechtsgültigkeit. Bei der Erstellung einer auf Euer Unternehmen abgestimmten Gefährdungsbeurteilung helfen diese Quellen:
Leitlinie zur Gefahrenerhebung von der GDA, ein Zusammenschluss von Arbeitsschutzbehörden und Unfallversicherungsträgern
BGW – Schrittweise Erläuterung der Vorgehensweise zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung
IHK Rhein-Neckar: Hinweise und Arbeitshilfen für Gefährdungsbeurteilungen
Mein Appell – besteht hier auf Euer Recht auf die Gefährdungsbeurteilung und die Einleitung entsprechender Arbeitsschutzmaßnahmen. Wenn trotzdem keine Verbesserung eintritt, habt Ihr zumindest die Bestätigung, dass es höchste Zeit ist, sich ein besseres Umfeld zu suchen. Kein Job der Welt ist Eure Gesundheit wert!
Begrenzung der Arbeitszeit
Gemäß § 3 ArbZG darf die tägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten, in Ausnahmefällen maximal zehn Stunden mit einem entsprechenden Ausgleich. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass:
Community-Manager nicht dauerhaft Überstunden machen.
Arbeitszeiten realistisch an das Kommentarvolumen angepasst werden.
Nach besonders belastenden Schichten ausreichend Erholungszeiten gewährt werden.
Darüber hinaus müssen gemäß § 5 ArbZG mindestens 11 Stunden ununterbrochene Ruhezeit zwischen Arbeitsende und erneutem Arbeitsbeginn liegen. Ausnahmen gibt es hier gemäß Absatz 2 unter anderem für den Rundfunk, wobei hier maximal um eine Stunde verkürzt werden darf. Das auch nur, wenn diese Verkürzung der Ruhezeit innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von vier Wochen durch Verlängerung einer anderen Ruhezeit auf mindestens zwölf Stunden ausgeglichen wird.
Pflicht zur Pausen- und Erholungszeit
Gemäß § 4 ArbZG steht Arbeitnehmer*innen eine Pause von 30 Minuten zu, wenn die Arbeitszeit mehr als sechs, aber nicht mehr als neun Stunden beträgt. Bei einer Arbeitszeit von über neun Stunden erhöht sich das Pausenrecht auf 45 Minuten. Diese Pausenzeiten können in Abschnitte von mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Ein durchgehendes Arbeiten von mehr als sechs Stunden ist nicht gestattet. Die Pausen müssen innerhalb der Arbeitszeit liegen und können nicht genutzt werden, um den Arbeitstag früher zu beenden. Zudem müssen sie im Voraus festgelegt werden, wobei eine flexible Zeitspanne ausreicht. Arbeitgeber sollten ergänzend:
Häufige kurze Pausen für Moderatoren ermöglichen. Eine Studie, die ich hier verlinken werde sobald sie offiziell veröffentlicht wird, zeigt hier sehr deutlich, welche Verbesserung allein 10 Minuten Pause bringen können.
Strategien zur Erholung und psychischen Distanzierung fördern.
Gut Planen, wann Inhalte, die ein großes kontroverses oder negatives Echo haben, veröffentlicht werden.
Ein Plan B haben, wenn Themen unerwartet eskalieren und die ursprüngliche Personalplanung nicht funktioniert.
Die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Vorgaben ist nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern Euer verbrieftes Recht. Wie gesagt, wenn es hier schon zu „unterschiedlichen Meinungen“ bei der Einhaltung des Minimums gibt – gute Community und Social Media Manager*innen finden immer eine Alternative. Sprecht mich gerne an. Im nächsten Abschnitt möchte ich Euch Bespiele aus Unternehmen und Organisationen zeigen, die bereist gute Konzepte implementiert haben.
Best Practices aus der Praxis
Immer mehr Unternehmen und Organisationen verstehen nicht nur die Bedeutung von Community Management, sondern auch ihre Verantwortung und Fürsorgepflicht für die Mitarbeitenden. Hier werden nicht nur rechtliche Mindestanforderungen erfüllt, sondern darüber hinaus auf ein Arbeitsumfeld geachtet, in dem Community Management gut gelebt werden kann. Ich möchte Euch hier vier dieser Best Practice Beispiele vorstellen, die Ihr gerne als Vorbild zu Euren Vorgesetzten mitnehmen könnt. Allen vieren habe ich die Frage gestellt „Wie organisiert ihr eure Community Management Teams so, dass keine Überlastung durch Hassrede und Co entsteht?“
Schutzmaßnahmen im Community Management bei der FAZ
Ina Lockhart | Leiterin Social Media Frankfurter Allgemeine Zeitung (Foto: Wolfgang Eilmes)
Wir investieren viel Zeit und Sorgfalt in die Einarbeitung neuer Teammitglieder und in unsere ständige Fortbildung, die uns in unserem Selbstvertrauen und unserem Fokus bestärkt. Die Fortbildungs-Workshops dienen auch dazu, uns aus dem Alltag am Social Desk auszuklinken und mit Abstand auf unsere tägliche Arbeit zu schauen und uns dazu auszutauschen – zusätzlich zu unserem monatlichen Team-Meeting und dem täglichen Miteinander. Wir pflegen in unserem Alltag Resilienz und Pausendisziplin. Beide sind wichtig, damit wir Hassrede-Kommentare gut moderieren können und unsere Fähigkeit bewahren, konstruktive Kommentare wertzuschätzen und weiterhin an die gute Absicht der Kommentierenden zu glauben. Zum Thema Resilienz haben wir einen kleinen Leitfaden mit praktischen Tipps erstellt, der für alle jederzeit zugänglich ist. Bei der Einstellung neuer Teammitglieder achten wir darauf, dass wir im Team eine Vielfalt an Persönlichkeiten vertreten haben. Das hilft uns dabei, uns gegenseitig aufzufangen und zu bestärken im täglichen Community Management. Wichtig ist auch, dass wir alle regelmäßig vor Ort zusammenarbeiten. Das persönliche Miteinander verbessert die Motivation, aber auch die Qualität unserer Arbeit. Jede und jeder im Team weiß, dass sie oder er jederzeit um Hilfe bitten kann, wenn Hassrede-Kommentare sie oder ihn überfordern oder wenn persönliche Triggerthemen einen in der Moderation blockieren.
Schutzmaßnahmen im Community Management bei ALONDRA Social
Bei ALONDRA sorgen wir in vielfältiger Weise für den Schutz unserer Mitarbeiter:innen. Neben einem kontinuierlichen Austausch via Chat und Calls (da wird eine Remote Agentur sind), pflegen wir unter anderem regelmäßige Workshops bei Vivian, zu denen wir auch unsere Kund:innen einladen. Darüber hinaus stellen wir allen Kolleg:innen über eine Partnerschaft monatlich eine 60 Minütige Session mit Psycholog:innen zur Verfügung, die der Arbeitgeber zahlt. Diese Sessions dürfen von jedem frei verwendet werden und bleiben auch anonym. Dazu gesellt sich last but not least das Thema Teamsession, welche von Psycholog:innen geleitet wird.
Steven Urry | Managing Partner ALONDRA Social
Schutzmaßnahmen im Community Management beim Hessischen Rundfunk
Wenn wir Hassrede oder viele toxische Inhalte unter geplanten Beiträgen erwarten, planen wir vorab personell mehr Moderator*innen ein. Wenn das mal nicht möglich sein sollte, dann publizieren wir die Beiträge zeitlich dort, wo wir personell am stärksten besetzt sind – also beispielsweise nicht spät am Abend, wenn die Redaktion nachts nicht besetzt ist. In Fällen, in denen wir es nicht absehen konnten, holen wir ad hoc-Verstärkung aus einem Pool ins Team. Die Ultima Ratio ist, dass wir nachts die Kommentarspalte schließen und erst wieder am nächsten Morgen öffnen. Darüber hinaus bieten wir schon seit langem psychologische Supervision für Redaktionsteams oder Gruppen an. Jetzt haben wir noch ein zusätzliches neues Angebot im hr: Jede*r Content-Moderator*in kann im Bedarfsfall nach eigenem Ermessen Online eine Einzelsupervision buchen – eine extra Freigabe durch die Teamleitung oder Personalabteilung braucht es dafür nicht. Damit ermöglichen wir jedem Mitarbeitenden in den CM-Teams einen ganz niedrigschwelligen und einfachen Zugang zu dieser Form der Unterstützung. Darüber hinaus haben wir einen Teams-Channel für unsere Moderatorinnen, in dem wir uns gemeinsam austauschen und schnell kollegiale Unterstützung bekommen können. Dort sind auch Kolleg*innen aus der Rechtsabteilung, dem Social-Media-Management und der Unternehmenskommunikation, so dass wir sehr schnell eine ganzheitliche Betrachtung und ad-hoc-Reflexion hinbekommen.
Schutzmaßnahmen im Community Management bei Greenpeace
Bei Greenpeace Deutschland haben wir regelmäßig Supervision gemeinsam mit einer Diplom-Psychologin, die auf dem Gebiet Hass und Gewalt im Netz viel Erfahrung hat. Alle sechs bis acht Wochen treffen wir uns online und besprechen, was uns in der letzten Zeit belastendes begegnet ist. Wir bekommen Tipps und Übungen an die Hand, um uns zu entlasten. Zusätzlich setzen wir uns als Team wöchentlich zusammen und besprechen, was die letzte Woche wichtiges oder auch belastendes aufgetaucht ist. Dabei suchen wir gemeinsam nach Lösungen und erinnern uns gegenseitig an unser Gelerntes aus der Supervision. Außerdem bin ich als Senior jederzeit ansprechbar für meine Kolleginnen und übernehme in Notfällen die Arbeit. Zudem haben wir einzeln oder als Team die Möglichkeit uns in Notfällen oder besonders anstrengenden Zeiten einen zusätzlichen Termin bei unserer Psychologin zu buchen. Dann wird nochmal extra auf die aktuelle Situation geschaut und an Entlastungen gearbeitet.
Beate Steffens | Community Managerin Greenpeace
Vielen Dank an dieser Stelle an Ina, Tom, Steve und Beate für die Einblicke! Bei Euch ist der Status Quo noch nicht ideal? Dann habe ich für Euch zum Abschluss eine Empfehlung, wie ein Prozess aussehen könnte, um diesen zu verbessern.
Vier Schritte zu einer guten Arbeitsumgebung
Ein gutes Arbeitsumfeld für Community- und Social-Media-Manager*innen entsteht nicht zufällig – es muss bewusst gestaltet und kontinuierlich weiterentwickelt werden. Arbeitgebende sollten hier in einen strukturierten Prozess investieren, um gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden eine gesunde, sichere und motivierende Arbeitsumgebung zu schaffen. Der folgende Prozess ist ein Beispiel, wie das funktionieren kann:
1. Analyse & Bedarfsermittlung: Wo stehen wir?
Wie bei jeder vernünftigen Strategie steht erst einmal die Analyse des Status Quo an. Dabei helfen die folgenden Fragen:
Welche Herausforderungen erleben die Community-Manager*innen aktuell?
Wo gibt es psychische oder physische Belastungen?
Gibt es bereits Maßnahmen, die gut funktionieren?
Welche Maßnahmen fehlen? Was ist gut gemeint, aber schlecht gemacht?
Welche Prozesse gibt es insgesamt in dem Teams? Sind diese dokumentiert und allen bekannt?
Wie läuft das Thema Einarbeitung bei uns ab?
Welche Schulungen / Weiterbildungen bieten wir den Teammitgliedern für mehr Sicherheit und Resilienz?
Wie funktioniert es bei anderen Unternehmen und Organisationen?
Um diese Momentaufnahme zu erstellen, sind folgende Methoden gut geeignet:
Mitarbeiterbefragungen (anonym oder in offenen Meetings. Meine Empfehlung – zumindest zusätzlich anonym durchführen, denn so kommen auch Probleme zur Sprache, die nicht jede*r im Meeting anführen würde)
Workshops zur Bestandsaufnahme
Analyse der Arbeitsbedingungen, z. B. Arbeitszeiten, Belastungsspitzen, Homeoffice-Bedingungen
Gesundheits- und Sicherheitschecks am Arbeitsplatz durch einen Fachbetrieb
2. Gemeinsame Definition eines „guten Arbeitsumfelds“
Jeder Mensch und jedes Team hat individuelle Bedürfnisse. Deswegen ist es wichtig, gemeinsam zu definieren, was ein gutes Arbeitsumfeld für die jeweilige Situation bedeutet. Beispiele sind hier:
Klare Kommunikationswege & Eskalationsstufen für kritische Situationen
Klarer Rückhalt durch Vorgesetzte und das Unternehmen / die Organisation
Flexibilität in Arbeitszeiten zur Bewältigung von Belastungsspitzen
Sichere und geschützte Arbeitsumgebung (z. B. Maßnahmen gegen Doxing & Cybermobbing)
Angemessene personelle Ressourcen, um Arbeitsüberlastung zu vermeiden
Psychologische Unterstützungsangebote für den Umgang mit belastenden Inhalten
Stärkung des Zusammenhaltes im Team
Ziel ist hier eine gemeinsame Vision für das Arbeitsumfeld zu entwerfen, die allen Beteiligten Orientierung gibt. Meine Empfhelung: Haltet den Konsens schriftlich fest und bestimmt eine Person, die „den Hut auf hat“, sowie jemanden, der Maßnahmen und Budgets wirklich freigeben kann. Idealerweise in Personalunion, aber mir ist bewusst, dass das nicht immer möglich ist.
3. Entwicklung und Umsetzung konkreter Maßnahmen
Basierend auf den Erkenntnissen aus Schritt 1 und 2 könnt Ihr dann gezielte Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden. Dazu können zum Beispiel gehören:
a) Arbeitsorganisation & Strukturierung
Einführung eines Rotationssystems, um die Dauerbelastung durch Hassrede zu minimieren.
Definition klarer Arbeitszeiten & Pausenregelungen, um Überlastung zu vermeiden.
Einführung eines Notfall- und Schutzkonzepts, z. B. juristische Unterstützung bei Bedrohungen.
b) Technische Unterstützung & Automatisierung
Implementierung von Moderationstools, die belastende Inhalte automatisch filtern.
Stärkung der IT-Sicherheit, um persönliche Angriffe auf Mitarbeitende zu verhindern.
Optimierung der Arbeitsplatz-Ergonomie, insbesondere für Homeoffice-Arbeit.
c) Psychologische Unterstützung & Community Care
Bereitstellung von psychologischer Beratung & Supervision.
Förderung von Austauschformaten, z. B. Peer-Support-Gruppen oder Reflexionsgesprächen.
Einführung eines Buddy-Systems, um Mitarbeitende emotional zu entlasten.
Mehr Inspiration für mögliche Maßnahmen findet Ihr sowohl in der Gefährdungsbeurteilung oben, als auch in den Interviews zu den Best Practices im vorherigen Abschnitt. Außerdem möchte ich euch an dieser Stelle das Workbook von Netzhorizonte ans Herz legen, dass eine Menge an Wissen und Impulsen rund um die Arbeitsorganisation im Community Management enthält. In meinen Artikeln zum Thema Resilienz im Community Management, sowie Hassrede im Community Management, findet Ihr ebenfalls Ideen.
4. Evaluation & Weiterentwicklung
Was heute ein gutes Arbeitsumfeld ist, kann nächstes Jahr schon nicht mehr auf die Bedürfnisse des Teams passen. Deswegen ist es wichtig, regelmäßig zu überprüfen und die Maßnahmen gegebenenfalls anzupassen.
Maßnahmen zur Qualitätssicherung:
Regelmäßige Feedback-Runden mit Mitarbeitenden (monatlich oder quartalsweise)
Regelmäßige anonyme Umfragen (jährlich) um eine Vergleichbarkeit herzustellen, sowie Defizite und Stärken zu identifizieren
Analyse von typischen Kennzahlen wie Krankheitstage, Mitarbeiterzufriedenheit und Fluktuation
Anpassung der Maßnahmen basierend auf neuen Herausforderungen oder technologischen Entwicklungen
Ich möchte hier noch einmal betonen, wie wichtig es ist, dass Mitarbeitende aktiv in diesen Prozess eingebunden werden, sodass sie sich gehört fühlen und mitgestalten können. Eine Investition in die Gesundheit und das Wohlbefinden des Community Teams mag aufwendig erscheinen, aber zahlt sich auf jeden Fall aus – nicht nur weil es den Mitarbeitenden besser geht, sondern weil sich dies auf die Qualität der Moderation positiv auswirkt.
Fazit
Die Moderation von Hassrede ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die nicht nur klare arbeitsrechtliche Strukturen erfordert, sondern auch echte Fürsorge durch die Arbeitgebenden. Durch eine faire Arbeitsverteilung, geregelte Arbeitszeiten, psychologische Unterstützung, regelmäßige Weiterbildung und Homeoffice-Optimierungen kann langfristig eine gesunde und effektive Moderation gewährleistet werden. Ein Vorteil sowohl für die Arbeitgebenden, als auch die Community und Social Media Manager*innen
Quellen
* BVCM Studie 2023 https://www.bvcm.org/studie/ Evertz, Katja/Evertz, Stefan, 2023, Social Media und Community Management – BVCM-Studie 2023. Nordkirchen: Bundesverband Community Management e. V. – für Social Media und digitale Kommunikation
Online-Communities sind dynamische, oft auch hitzige Orte. Diskussionen, die anfänglich sachlich beginnen, können schnell eskalieren. Emotionen kochen hoch, Missverständnisse entstehen und schon stehen Community-Manager*innen vor der Herausforderung, Konflikte zu entschärfen und eine Atmosphäre zu bewahren, in der ein demokratischer Diskurs überhaupt noch möglich ist. Hier spielt Empathie eine zentrale Rolle – das bewusste Einfühlen in die Emotionen und Perspektiven der Beteiligten. Doch Empathie ist mehr als nur ein Gefühl – es ist eine Methode, die trainiert und gezielt eingesetzt werden kann, um Konflikte zu regulieren, Harmonie in der Community zu fördern und den Mitgliedern das Gefühl zu geben, gehört zu werden. Die Grundlagen dafür zeige ich Euch in diesem Artikel, dazu gibt es am Ende noch eine Liste mit weiterführender Literatur.
Was ist Empathie und wie wirkt sie in der Kommunikation?
Empathie bedeutet, sich in die Gefühle und Perspektiven anderer hineinzuversetzen – es ist die Fähigkeit, ihre Emotionen zu erkennen, nachzuvollziehen und angemessen darauf zu reagieren (Davis, M.H. (1994))[1]. Offline, in direkter Kommunikation, wird Empathie durch nonverbale Signale wie Mimik, Gestik und Tonfall verstärkt. Studien zeigen, dass wir etwa 70 % unserer Kommunikation nonverbal übermitteln (Mehrabian, 1971)[2]. Online fehlt diese wichtige Dimension, was das Risiko von Missverständnissen erhöht. Genau hier kann eine empathische Moderation helfen, weil sie das Gegenüber in den Mittelpunkt stellt.
Empathische Moderation für bessere Diskussionen
Empathie fördert eine respektvolle Diskussionskultur und stärkt langfristig das Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Community . Empathisch moderierte Communities haben oft weniger Konflikte, da sich die Mitglieder ernst genommen fühlen und Vertrauen in die Moderation aufbauen. Eine Untersuchung von McLaren et al. (2012) [3] zeigte außerdem, dass empathische Kommunikation die Zufriedenheit in Gruppeninteraktionen signifikant steigert.
Sprachliche Stilmittel: So klingt empathische Community Moderation
Die Fähigkeit empathisch zu sein bedeutet nicht immer zwingend, dass eine Person auch in der Lage ist Empathie sprachlich zu vermitteln, oder zu verstehen. Das gilt besonders in Online-Diskussionen. Wie eingangs erwähnt haben Worte, die ohne Gestik oder Mimik vermittelt werden, einfach ein höheres Potential für Missverständnisse. Dazu kommt, dass wir Menschen nie ganz neutral sind – wenn wir sowieso schon einen schlechten Tag haben, ist unsere Wahrnehmung potenziell negativer, als wenn wir gut gelaunt sind. Diesen Herausforderungen musst du dir als Community Manager*in stets bewusst sein. Das Schöne ist, dass du empathische Kommunikation bewusst eingesetzen kannst, um Konflikte zu entschärfen, oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Diese zehn sprachlichen Hilfsmittel, lassen dich sofort empathischer klingen:
In das Gegenüber hineinversetzen: So trivial es klingen mag, wenn du dich in dein Gegenüber hineinversetzt, bevor du eine Antwort schreibst, fällt diese in der Regel empathischer aus. Stelle dir deswegen die Fragen:
Wie geht es mir gerade und welchen Einfluss hat mein Befinden auf meine Wahrnehmung?
Wie fühlt sich die Person?
Was möchte die Person wirklich mit ihrem Beitrag ausdrücken?
Welche Intention steht dahinter (z.B. Wut ablassen, eine konkrete Lösung fordern)?
Was würde ich mir an der Stelle der Person jetzt wünschen?
Selbst wenn du das Problem nicht lösen kannst, hilft ein “gesehen und ernst genommen werden” aus dem Community Management. Und selbst wenn die Person weiter unzufrieden ist, hat die Community zumindest gesehen, dass du es versucht hast.
Ich-Botschaften statt Du-Botschaften: Studien zeigen, dass Ich-Botschaften Missverständnisse und Abwehrreaktionen reduzieren können. „Ich fühle mich verunsichert, weil…“ statt „Du hast mich verwirrt” Sie spiegeln das eigene Empfinden wider, ohne das Gegenüber anzugreifen. So ist die Chance höher, dass eine Diskussion ohne emotionale Eskalation geführt werden kann. Die umfangreichsten Studien zu der Wirksamkeit dieser Methode finden sich rund um das Prinzip der gewaltfreien Kommunikation von Rosenberg[4] – eine Methode, mit der sich grundsätzlich jede*r Community Manager*in beschäftigen sollte!
Gemeinsamkeiten betonen: Schwarz-weiß Diskussionen sind eine große Herausforderung in der Moderation. Weil Polarisation zu mehr Unstimmigkeiten führt und das beharren auf seinem Standpunkt Zuhören schwer macht. Helfen kann hier der bewusste Blick nach Gemeinsamkeiten, ein Trick aus der Verkaufspsychologie. Wenn ich mein Gegenüber zu einer gedanklichen Zustimmung bewegen kann, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass dieses weiter zuhört, oder im Falle von Community Management, weiter liest. Ein Einsteig wie „Ich lese, dass dir das Wohl von XY genauso wichtig ist wie mir“, „wir möchten beide in Frieden leben“, oder „ich stimme dir in diesem Aspekt zu“, eröffnet genau diese Möglichkeit. Diese Methode bezieht insbesondere auch die Mitlesenden ein, die so empfänglicher für eine andere Perspektive werden. Wichtig – konstruiert nicht auf Teufel komm raus Gemeinsamkeiten, dann wirkt diese Methode eher abschreckend.
Empathische Spiegelung: Diese Technik stammt aus der Psychotherapie und bedeutet, die Worte des Gegenübers zu reflektieren. Sätze wie „Du sagst also, dass du dich übergangen fühlst“ helfen, sicherzustellen, dass beide Seiten einander korrekt verstehen. Wenn du dabei auch noch Schlüsselwörter deines Gegenübers nutzt, wird sofort deutlich, dass du den Beitrag wirklich gelesen hast. Besonders gut wirkt die Spiegelung in Kombination mit dem nächsten Punkt.
Paraphrasieren und Rückfragen stellen: Fasse kurz zusammen, was du verstanden hast und frage dein Gegenüber abschließend “Habe ich das richtig verstanden?”. So wird sichergestellt, dass du die andere Seite richtig verstanden hast, vermeidest Missverständnisse und demonstriert aktives Zuhören[6]. Außerdem ist diese Methode eine gute Möglichkeit die Intention eines Kommentares eindeutig zu erfassen.
Offene Fragen stellen: Fragen wie „Was hat dich zu dieser Meinung gebracht?“ oder „Wie hast du die Situation erlebt?“ regen zu Reflexion und Dialog an und vermitteln Interesse am Gegenüber.
Gefühle benennen: Emotionen direkt anzusprechen kann den Konflikt entschärfen. Ein Satz wie „Es klingt so, als wärst du frustriert“ zeigt, dass man die Emotionen der anderen Person wahrnimmt und respektiert. Wichtig ist dabei im Konjunktiv zu formulieren, weil dies weniger als Zuschreibung interpretiert wird. Eine Studie von Schumann et al. (2014)[5] zeigt, dass online ausgedrückte Empathie besonders effektiv ist, wenn Emotionen explizit benannt werden, da dies hilft, Missverständnisse zu vermeiden und die Gesprächspartner auf einer emotionalen Ebene zu erreichen. Aber vorsicht – wenn du hier die Gefühle deines Gegenübers komplett falsch interpretiert hast, kann das zu Irritationen oder Trotzreaktionen führen. Wichtig ist entsprechend sich zu entschuldigen, wenn du falsch gelegen hast.
Wertschätzung ausdrücken: In hitzigen Diskussionen vergessen viele, das Gegenüber wertzuschätzen. Ein einfaches „Ich verstehe, dass dir das Thema wichtig ist“ schafft eine respektvolle Basis für den weiteren Dialog. Sätze wie „Lass uns gemeinsam eine Lösung finden“ oder „Ich nehme mir die Zeit, das zu verstehen“ zeigen, dass du bereit bist, den Konflikt gründlich zu klären.
Klare, einfache Sprache verwenden: Komplexe oder vage Formulierungen können oft zu Missverständnissen führen. Kurze, präzise Sätze helfen dabei, Missverständnisse zu vermeiden und die Diskussion auf den Punkt zu bringen. Versuche außerdem Anglizismen und Fremdwörter zu vermeiden und Adverben und Adjektive nur zu nutzen, wenn sie wirklich notwendig sind. Eine gute Hilfe ist hier das Hamburger Verständlichkeitsmodell, dass ich demnächst hier vorstellen möchte. Bis dahin findest du hier eine hilfreiche Zusammenfassung.
Positive Verstärkung: Pass auf, dass du dich nicht nur auf das Negative konzentrierst, sondern spreche positives Verhalten explizit an. Ein einfaches „Danke, dass du deine Perspektive teilst“ kann schon Wunder wirken und zeigt Wertschätzung. Dass der Fokus auf positive Verstärkung in einer Community positive Effekte hat, konnten zum Beispiel Marc Ziegele und Dominique Heinbach et. Al in der Studie zum KASI Modell nachweisen[7].
Empathische Kommunikation erfordert Übung, zahlt sich jedoch langfristig aus. Eine Studie von Heerey und Kring (2007)[8] zeigt, dass empathische Kommunikation in sozialen Interaktionen zu mehr Vertrauen und positiver Zusammenarbeit führt.
Empathie trainieren: Möglichkeiten für Community Manager*innen
Empathie ist nicht nur eine angeborene Eigenschaft, sondern kann aktiv trainiert werden. Insbesondere für Community Manager*innen ist es wichtig, diese Fähigkeit zu stärken, um in schwierigen Situationen schnell und angemessen reagieren zu können. Ein paar Möglichkeiten Empathie gezielt zu trainieren sind:
Aktives Zuhören üben: Achtsames Zuhören bedeutet, nicht nur auf den Inhalt der Nachrichten zu achten, sondern auch auf den emotionalen Subtext. Dies hilft, die Perspektive des Gegenübers besser zu verstehen und angemessen zu reagieren. Eine Studie der University of Toronto (2016)[9] zeigt, dass aktives Zuhören Missverständnisse um bis zu 50 % reduzieren kann.
Perspektivenwechsel trainieren: Sich in die Lage des anderen zu versetzen, ist ein wichtiger Bestandteil der Empathie. Versuche bewusst, dich in die Perspektive der betroffenen Community-Mitglieder hineinzuversetzen. Diese Technik kann durch einfache Übungen wie Rollenspiele geübt werden. Eine ganz einfache Möglichkeit ist auch Bücher zu lesen oder Serien zu schauen, wo die Hauptrolle von einem Menschen besetzt ist, der sich sehr vor dir unterscheidet.
Reflexion: Nach einer Moderation ist es sinnvoll, die eigene Reaktion zu reflektieren. Hast du empathisch genug reagiert? Was hättest du besser machen können? Diese Selbstreflexion schärft das Bewusstsein und hilft, in zukünftigen Konfliktsituationen noch einfühlsamer zu agieren.
Workshops besuchen: Zahlreiche Schulungen und Workshops bieten gezielte Trainings an, um empathische Kommunikation zu vertiefen. Auch in meinem Community Moderations Workshop wird mit praxisnahen Beispielen geübt, Empathie besser in die berufliche Moderation zu integrieren.
Menschen beobachten: Wann hast du das letzte Mal Wartezeit genutzt um gezielt die menschlichen Interaktionen in deinem Umfeld zu beobachten? Auch das ist eine bequeme und einfache Möglichkeit deine Antennen zu schärfen.
Herausforderungen von Empathie im Community Management
Bei all den positiven Effekten von Empathie in der Kommunikation möchte ich euch die Herausforderungen nicht vorenthalten. Empathie erfordert viel Zeit und emotionale Energie. Besonders bei hitzigen Diskussionen oder Konflikten, die lange andauern, kann es für die Community Manager*innen schwierig sein, geduldig und einfühlsam zu bleiben. Hier ist es wichtig, die richtige Balance zwischen Verständnis und Durchsetzungsvermögen zu finden. Empathie darf nicht mit Nachgiebigkeit verwechselt werden – in manchen Fällen musst du als Community Manager*in klare Grenzen setzen, um die Community vor Eskalation zu schützen.
Zudem ist die eigene emotionale Belastung ein Punkt, der nicht unterschätzt werden darf. Community Manager*innen müssen auf ihre eigene mentale Gesundheit achten und regelmäßig Pausen einlegen, um langfristig ausgeglichen agieren zu können. Einen ausführlichen Beitrag zum Thema Resilienz und Achtsamkeit im Community Management habe ich hier für dich zusammengetragen.
Fazit: Empathie als Grundpfeiler erfolgreicher Community-Moderation
Empathie ist mehr als nur eine nette Geste – sie ist das Rückgrat jeder erfolgreichen Konfliktregulation im Online-Bereich. Moderatoren, die einfühlsam kommunizieren, schaffen es, Konflikte zu entschärfen, Vertrauen aufzubauen und ihre Community zu einem sicheren, respektvollen Ort zu machen. Mit einem gezielten empathischen Ansatz wird die Online-Community nicht nur ein Ort für den Austausch von Ideen, sondern auch für echte menschliche Verbindungen.
[1]Davis, M. H. (1994). „Empathy: A Social Psychological Approach.“ Boulder, CO: Westview Press.
[2]Mehrabian, A. (1971). „Silent Messages: Implicit Communication of Emotions and Attitudes.“ Belmont,
CA: Wadsworth.
[3]McLaren, B. M., van der Zee, T., & Graesser, A. C. (2012): „Empathy in group interaction: Benefits and challenges.“ Group Dynamics: Theory, Research, and Practice, 16(2), 85-99.
[4]Rosenberg, Marshall B. (2016). „Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens.“ Junfermann Verlag, Paderborn.
[5]Schumann, K., Zaki, J., & Dweck, C. S. (2014). „Addressing the empathy deficit: Beliefs about the malleability of empathy predict effortful responses when empathy is challenging.“ Journal of Personality and Social Psychology, 107(3), 475–493.
[8]Heerey, E. A., & Kring, A. M. (2007): „Interpersonal consequences of social anxiety.“ Journal of Abnormal Psychology, 116(1), 125-134.
[9]University of Toronto (2016): „Active listening and its effects on communication efficiency.“
Weiterführende Literatur
Aus meiner Sicht ist Empathie einer der Schlüssel-Fertigkeiten für erfolgreiche Community Manager*innen. Aus diesem Grunde möchte ich Euch noch eine Liste an weiterführender Literatur hier mitgeben:
Bücher
Brené Brown – „Dare to Lead“ (2018) Brown, eine Expertin auf dem Gebiet von Verletzlichkeit und Empathie, betont in ihrem Buch die Wichtigkeit von empathischer Führung. Besonders für Community Manager*innen, die Teams oder Diskussionsgruppen moderieren, bietet dieses Buch hilfreiche Einsichten in authentische Kommunikation und den Aufbau von Vertrauen.
Chris Voss – „Never Split the Difference: Negotiating As If Your Life Depended On It“ (2016) Voss, ein ehemaliger FBI-Verhandler, erklärt, wie wichtig Empathie in Verhandlungssituationen ist. Viele der hier beschriebenen Techniken lassen sich gut auf Konfliktmoderation in Online-Communities übertragen, insbesondere der Ansatz der „taktischen Empathie.“
Zaki, J. (2020). „The War for Kindness: Building Empathy in a Fractured World.“ Zaki diskutiert, wie Empathie durch gezielte Übungen und soziale Interaktionen gestärkt werden kann, auch in digitalen Kontexten. Für Community Manager*innen, die aktiv ihre empathischen Fähigkeiten ausbauen möchten, bietet das Buch praxisnahe Tipps und wissenschaftlich fundierte Einsichten.
Rosenberg, Marshall B. (2016). „Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens.“ Junfermann Verlag, Paderborn. In diesem Buch beschreibt Rosenberg ausführlich die Methode der Gewaltfreien Kommunikation, bei der die Verwendung von Ich-Botschaften eine zentrale Rolle spielt, um Missverständnisse zu vermeiden und eine empathische Kommunikation zu fördern.
Wissenschaftliche Studien und Artikel
Decety, J., & Jackson, P. L. (2004). „The Functional Architecture of Human Empathy.“ Behavioral and Cognitive Neuroscience Reviews, 3(2), 71–100. Diese Studie untersucht die neurobiologischen Grundlagen der Empathie und erklärt, wie Menschen Emotionen anderer verstehen und darauf reagieren. Besonders wertvoll für Community Manager*innen, die die psychologischen Mechanismen hinter Empathie besser verstehen möchten.
Schroeder, J., & Epley, N. (2016). „Mistaking Minds and Machines: How Speech Affects Dehumanization and Empathy.“ Journal of Experimental Psychology: General, 145(11), 1552-1565. Die Studie zeigt, dass die Art und Weise, wie wir kommunizieren (z. B. Sprache und Tonfall), einen großen Einfluss auf das Empathievermögen hat. Sie ist relevant für Community Manager*innen, die sich mit den Auswirkungen von Sprache auf Konfliktlösungen befassen.
Batson, C. D. (2009). „These Things Called Empathy: Eight Related but Distinct Phenomena.“ In J. Decety & W. Ickes (Eds.), The Social Neuroscience of Empathy (pp. 3–15). Batson unterscheidet in dieser Arbeit verschiedene Formen der Empathie und zeigt auf, welche in sozialen Interaktionen besonders wichtig sind. Dies kann helfen, gezielter Empathie in der Konfliktmoderation einzusetzen.
Waytz, A., & Gray, K. (2018). „Does Online Technology Make Us More or Less Empathic? A Critical Review.“ Perspectives on Psychological Science, 13(2), 135-142. Diese aktuelle Studie untersucht, inwiefern digitale Kommunikationsformen wie Social Media unser Empathievermögen beeinflussen. Sie bietet Einblicke in die Herausforderungen, denen Community Manager*innen in der digitalen Kommunikation gegenüberstehen.
Fox, J., & Moreland, J. J. (2015). „The Impact of Mobile Devices on Relationship Quality: A Meta-Analysis.“ Computers in Human Behavior, 58, 98-108. Diese Studie zeigt, wie digitale Kommunikation Empathie und Beziehungspflege beeinflusst. Für Community Manager*innen bietet diese Analyse hilfreiche Hinweise darauf, wie sich Empathie auch in einer mobilen Umgebung fördern lässt.
Warum Community Management meiner Meinung nach einer der bedeutsamsten Berufe im digitalen Bereich ist? Weil wir uns – bewusst oder unbewusst – der Verteidigung der Demokratie verschrieben haben und dafür sorgen, dass der Hass im Netz zumindest auf unseren Präsenzen keine Chance hat!
Dafür braucht es aber Rückhalt aus dem Unternehmen, Schulungen und Trainings für die Teams und einen Fokus auf die mentale Gesundheit der Mitarbeitenden.Das war die Quintessenz unserer Diskussion zum Thema “Communities ohne Hass! – Wie Community Management & empowernde Moderation Hass im Netz verdrängt”, die ich mit Marc Ziegele und Björn Kunter auf der re:publica führen durfte. Im Detail gab es noch die folgenden Diskussionspunkte:
1. Community Management startet mit dem Tun!
Es kann nicht sein, dass es 2024 noch unmoderierte Kommentarspalten gibt. Wer einen Raum im Netz anbietet, trägt die Verantwortung für dessen Inhalte, ganz unabhängig von den eigenen Ressourcen. Mindestmaß ist die Moderation von rechtlich relevanten Kommentaren. Besser noch ist eine CommunityModeration, die gemäßigte Diskussionsbeiträge mehr Sichtbarkeit gibt und so einen demokratischen Diskurs möglich macht.
Wer einen Kommunikationsraum anbietet, trägt die Verantwortung dafür!
2. Empowernde Moderation:
Eine Methode dafür ist die wissenschaftlich erprobte Methode “Empowernde Moderation”, die Marc auf dem Panel vorstellte. Das sogenannte KASI-Modell hilft hier gezielt dabei, problematische Beiträge effizient zu deeskalieren und fördert eine gute Gemeinschaft.
Eine ausführliche Darstellung der KASI-Methode findet ihr hier. Außerdem hat die Amadeu Antonio Stiftung auf Basis des KASI-Modells ein kostenloses Tool für Community Manager*innen entwickelt, mit dem ihr die Stile üben könnt. An dieser Stelle eine große Empfehlung von meiner Seite für beide Quellen. Und das nicht nur, weil das KASI-Modell den Ansatz, den ich jetzt seit fast 10 Jahren in meinen Community-Moderationstrainings vermittle, wissenschaftlich untermauert hat. 😊
Die KASI-Moderationsstile nach Prof. Dr. Marc Ziegele und Dominique Heinbach M. A.
3. Training und Vorbereitung:
Auf dem Panel waren wir uns einig – die wichtigste Grundlage für eine souveräne Moderation sind Vorbereitung, regelmäßige Schulungen und Trainings der Community Manager*innen. Angefangen bei teaminternen Vorbereitungen der Moderationsarbeit auf Basis von:
Mit Kommunikation und Fachabteilungen abgestimmten Sprechzetteln und FAQ zu allen Themen, die regelmäßig auftauchen
Festgelegten Richtlinien, welche Kommentare beantwortet, ignoriert, ausgeblendet, gelöscht und/oder gemeldet werden
Übungen, die auf Basis von Fallbeispielen unterschiedliche Antwort-Stile durchspielen
Krisensimulationen in Echtzeit
Krisenplänen und klaren Verantwortlichkeiten für den Ernstfall
Regelmäßigen Abstimmungsrunden, in denen Fallbeispiele der letzten Woche(n) durchgesprochen werden.
Dazu geben externe Schulungen, Simulationen und Supervision Sicherheit und verbessern die Qualität der Moderation.
4. Psychische Gesundheit:
Der Umgang mit Hassrede kann emotional belastend sein. Es ist eben nicht nur “das bisschen Kommentare auf Insta löschen”. Nicht nur Erfahrungswerte, sondern auch diverse Studien belegen, dass die Moderation von Hasskommentaren zu emotionaler Erschöpfung führen kann (z.B. Riedl et al., 2020). Darüber hinaus berichtete Marc von einer weiteren Studie, die zeigt, dass schon 5 Minuten Pause nach 20-minütiger Moderationstätigkeit das Wohlbefinden der Moderatorinnen messbar steigert.
Eine zweite wirksame Gegenmaßnahme ist Abwechslung. “Also nicht nur hässliche Kommentare moderieren, sondern gezielt nach bestärkenswerten Kommentaren Ausschau halten. Der Fokus auf das Positive gibt Community Manager*innen wieder Kraft.”
Ergo – Pausen und Abwechslung sind wichtige Maßnahmen, um sowohl die psychische Gesundheit als auch die Leistungsfähigkeit der Moderatorinnen zu erhalten. Das bedeutet, sowohl im Team als auch für die Individuen müssen Resilienzstrukturen geschaffen werden. Es muss bewusst Platz und Zeit für den Austausch geschaffen werden, sowohl organisationsintern als auch mit Branchenkolleginnen. Unternehmen müssen endlich die Verantwortung übernehmen, um die psychische Gesundheit ihrer Community Manager*innen proaktiv zu unterstützen. Eine ausführliche, psychologisch gestützte Abhandlung zum Thema Resilienz im Community Management findet ihr hier.
Foto: Isabelle Rath
5. Safe(r) Spaces schaffen:
Online-Diskussionsräume sollten sichere Räume für alle Nutzerinnen sein. Dies erfordert strukturelle und soziale Maßnahmen sowie das Einbeziehen der Betroffenenperspektive. Dabei ist die Einschätzung der Betroffenen maßgeblich – wenn ein Mitglied der Community sagt, dass es eine Äußerung als verletzend empfindet, dann hat das Community Management sich damit auseinanderzusetzen.
Sub-Spaces und Selbsthilfegruppen können helfen, eine unterstützende Umgebung zu schaffen. Soziale Präsenz durch Community Manager*innen und klare Kommunikationswege können das Vertrauen stärken.
6. Technologische Unterstützung:
Mit der Diskussion über KI hätten wir ein ganzes Panel füllen können, wir wollten den Fokus aber bewusst auf die Themen davor legen. Darüber hinaus waren wir uns auf dem Panel relativ einig – KI kann das Community Management ganz wunderbar unterstützen, indem sie Kommentare vorsortiert, eindeutigen Hass wegmoderiert und Antwortoptionen vorschlägt. Dabei ist jedoch ein kritischer Umgang mit KI notwendig, einschließlich genauer Kenntnis der Trainingsdaten und Algorithmen sowie regelmäßiger manueller Überprüfung. Außerdem dürfen wir gerade beim Community Management eines nicht vergessen – echter Dialog und Beziehungsaufbau sind mit die größten Chancen, die diese Disziplin auszeichnen. Diese Aspekte ganz an die Maschine auszulagern, würde das Ganze ad absurdum führen.
Fazit
Unsere letzte Folie fasste noch einmal die Quintessenz der Diskussion zusammen: GIBT DEM HASS KEINE CHANCE! Community Management macht den Unterschied! Widmet euch dem Positiven / Bestärkenswerten Training & Vorbereitung sorgen für mehr Sicherheit der Community Manager*innen Selbstfürsorge hat oberste Priorität Schafft sichere Diskussionsräume für mehr Teilhabe und Meinungsvielfalt Seid Euch bewusst darüber, wie wichtig Ihr seid!
Danke an alle, die dabei waren und an der Diskussion teilgenommen haben! Ich gebe die Hoffnung auf ein besseres Netz nicht auf – dafür sind gut ausgebildete Community Manager*innen mit dem entsprechenden Rückhalt ein elementarer Schlüssel. Da insbesondere auch das Defizit an Strukturen in den Fragen des Publikums, als auch in den Gesprächen danach thematisiert wurde, habe ich dafür noch eine Checkliste für Community Management im Umgang mit Hassrede erstellt.
Wie schaffen Sie es nun Ihre Zielgruppe so einzugrenzen, dass Sie eine gute Grundlage für Ihre Community Strategie haben?
Ramit Sethi, Autor und Marketingexperte hat eine sehr einfache Möglichkeit entwickelt, mit der Sie Ihre Nische bestimmen und immer weiter eingrenzen können. Diese Übung stelle ich Ihnen in diesem Artikel vor und lade Sie herzlich ein, die Schritte parallel einmal durchzuführen.
1. Machen Sie eine Liste der wichtigsten Merkmale Ihrer Zielgruppe oder idealerweise Persona.
Machen Sie eine Liste der wichtigsten Merkmale Ihrer Zielgruppe. Das können demographische Merkmale wie “weiblich“, soziografische Merkmale wie „in Elternzeit“, verhaltensbezogene Merkmale wie „ist gerade Mutter geworden“ oder psychographische Merkmale wie „erzieht Bindungsorientiert“ sein.
2. Sortieren Sie die Liste der Merkmale von den wichtigsten zu dem unerheblichsten.
3. Setzen Sie jetzt die beiden wichtigsten Merkmale in die folgende Formel ein:
[Merkmal 1] + [Merkmal 2], [die Lösung / den Mehrwert, den Sie in Ihrer Community anbieten] brauchen.
Dabei rauskommen könnte zum Beispiel: Mutter., die bindungsorientiert erziehen möchte und deswegen unsere Community für den Austausch braucht.
4. Um die Nische enger zu gestalten, nehmen Sie einfach ein weiteres Merkmal hinzu. Beispiel: Mutter, die ihr erstes Kind bekommen hat und bindungsorientiert erziehen möchte und deswegen unsere Community für den Austausch braucht.
Ihre Herausforderung an dieser Stelle ist jetzt, Ihre Nische so eng zu definieren, dass Sie für die Mitglieder einen gemeinsamen Mehrwert schaffen können, aber gleichzeitig ausreichend Menschen in Ihrer Nische unterwegs sind. Was hier ausreichend bedeutet, hängt wiederum von dem Ziel und der angestrebten Größe Ihrer Community ab. Ich arbeite hier mit dem Faktor 1000 als Basis. Wenn Sie in Ihrer Community mindestens 20 aktive Mitglieder haben möchten, sollten Sie mindestens 20000 Menschen in Ihrer Nische haben.
Wenn Sie an dieser Stelle eine Zauberformel für eine aktive Community erwarten muss ich Sie enttäuschen. Die gibt es schlichtweg nicht. Dafür gibt es aber vier wichtige Eckpunkte, die die perfekte Basis für Aktivität in Ihrer Community bilden. Die vier Eckpunkte lauten:
Klarer Fokus
Sicheres Umfeld
Regelmäßige Erlebnisse
Gutes Nutzererlebnis
Klarer Fokus
Der häufigste Grund warum Communitys scheitern ist, dass potentielle Mitglieder nicht ausreichend Mehrwert darin sehen, sich in dieser zu engagieren. Diesen Mehrwert müssen Sie klar in Interviews mit der Anspruchsgruppe herausarbeiten und in Ihrer Community Strategie definieren. Fokussieren Sie sich auf eine möglichst enge Zielgruppe, starten Sie mit einer kleinen Gruppe von Gründungsmitgliedern und schauen Sie, ob es funktioniert. Wenn Sie es nicht schaffen 10 Menschen zu aktivieren, klappt es auch nicht mit 100 oder gar 1.000.
Sicheres Umfeld
Ein sicheres Umfeld ist die Grundlage dafür, dass sich Menschen in einer Community einbringen. Das bedeutet, Sie müssen im Community Management einen klaren Fokus darauf legen, dass die Tonalität in ihrer Community gut ist. Dafür können Sie folgende Schritte einleiten.
Regeln aufstellen: Erstellen Sie virtuelle Hausregeln in Form einer Community Guideline oder einer Netiquette. Definieren Sie darin genau, welches Verhalten gewünscht ist und welches nicht.
Regeln konsequent durchsetzen: Genauso wichtig wie die Erstellung eines Regelwerkes für Ihre Community, ist die Durchsetzung dieser Regeln. Seien Sie insbesondere bei Regelverstößen konsequent. Je strenger Sie von Tag 1 an moderieren, desto weniger Chance haben Störenfriede.
Positives Verhalten fördern: Verstärken Sie positives Verhalten durch gezielte Aufmerksamkeit. Sei es ein Danke, oder die Anerkennung über ein „gefällt mir“, Hauptsache Sie geben Ihren Mitgliedern eine positive Rückmeldung.
Mit gutem Beispiel voran gehen: Seien Sie sich Ihrer Vorbildwirkung im Community Management stets bewusst. Sie setzen mit Ihrem Verhalten und Ihrer Wortwahl in der Community den Maßstab – im positiven, wie im negativen Sinne.
Die Community mit einbeziehen: Geben Sie Ihren Mitgliedern in kleinen Dingen Einfluss in Ihrer Community. Ob die Formulierung von einzelnen Passagen in der Netiquette, oder die Abstimmung das nächste Thema des Online Stammtisches. Jede Situation, in der ein Mitglied das Gefühl hat, meine Meinung ist wichtig“ stärkt das Zugehörigkeitsgefühl.
Regelmäßige Erlebnisse
Jede positive Interaktion mit der Community steigert die Wahrscheinlichkeit für nachfolgende Interaktion. Sie als Community Managerin oder Manager sind dafür verantwortlich, dass es möglichst viele Möglichkeiten gibt positive Erfahrungen zu machen.
Schaffen Sie Gesprächsanlässe, indem Sie regelmäßig Themen in die Community geben
Sorgen Sie dafür, dass kein Beitrag unbemerkt und keine Frage unbeantwortet bleibt.
Machen Sie Mitglieder auf Fragen zu Ihrer Expertise aufmerksam, damit diese sich dort einbringen können.
Vernetzen Sie Mitglieder untereinander, die gut zusammenpassen
Pflegen Sie Rituale, wie Geburtstagsgrüße, Jubiläen mit der Community oder bestimmte Thementage. Ein Beispiel ist hier der Towel Day, der in DeveloperCommunitys sehr beliebt ist.
Bieten Sie regelmäßig Events an Egal ob Online oder Offline, Hauptsache die Mitglieder haben die Chance sich „zu sehen“ und auszutauschen. Regelmäßigkeit schlägt dabei den Aufwand.
Wer regelmäßig positive Erlebnisse mit der Community macht, entwickelt ein größeres Gemeinschaftsgefühl (Sense of Community) – die Basis für eine echte Bindung an die Community und deren Gastgeber.
Gutes Nutzungserlebnis
Der meist unterschätzte Punkt zum Schluss – die liebe Technik. Ich kann gar nicht zählen, wie oft ich schon Communitys gesehen habe, die vor Funktionen nur so strotzten und damit die Mitglieder komplett verwirrt haben. Auch hier gilt, je einfacher, desto besser.
Achten Sie darauf, dass Ihre Mitglieder die Community Software gut verstehen.
Bieten Sie die Funktionen an, die Ihre Mitglieder brauchen und nicht mehr.
Wählen Sie die technische Plattform aus, die zu Ihrer Community passt und nicht die, die gerade „hip“ ist.
Neben der passenden Technik steht und fällt das Nutzungserlebnis mit einem guten Onboarding Prozess. Machen Sie es Ihren Mitgliedern leicht, direkt die ersten Schritte auf der Plattform zu gehen, wie zum Beispiel
das eigene Profil auszufüllen,
passende Gruppen oder Personen zu finden,
sowie den ersten Beitrag zu verfassen.
Für den letzten Punkt eignet sich zum Beispiel ein bestimmter Bereich im Forum, oder eine persönliche, öffentliche Begrüßung durch das Community Management, mit der Einladung sich doch vorzustellen. Damit das Mitglieder überhaupt an diesen Punkt kommt, sollten Sie außerdem in eine gute Anleitung für die Nutzung der Plattform (schriftlich und als Video), einen gut verfügbaren Support, sowie eine sehr gut durchdachte Struktur der Community selbst, investieren.
Fühlt sich das neue Mitglied direkt wohl und gut aufgehoben bei Ihnen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass dieses als aktives Mitglied wieder kommt.
Eine eigene Online-Community zu schaffen, ist nicht für jedes Unternehmen geeignet, kann jedoch in bestimmten Kontexten äußerst wertvoll sein. Wenn eine On-Domain Community für Euer Unternehmen sinnvoll ist, stellt sich schnell die Frage, wie die Plattform dafür aussehen soll. In diesem Artikel möchte ich Euch die unterschiedlichen Optionen vorstellen und Vor- sowie Nachteile skizzieren.
Bei der technischen Umsetzung Eurer eigenen Online Community stehen Euch grundsätzlich vier verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:
1. Eigenentwicklung
2. Nutzung einer Open-Source Lösung
3. Erweiterungen für die Webseite
4. Nutzung einer SAAS Community-Lösung
Jede dieser Optionen hat ihre eigenen Vor- und Nachteile, die Ihr je nach Euren spezifischen Anforderungen und Ressourcen berücksichtigen solltet. Lasst uns diese Möglichkeiten im Detail betrachten:
Die Eigenentwicklung Eurer Community-Plattform ist die individuellste und maßgeschneiderteste Lösung. Hierbei wird die gesamte Software von Grund auf In-house entwickelt, um den spezifischen Anforderungen und Zielen Eurer Community gerecht zu werden.
Vorteile:
Maßgeschneiderte Lösung: Ihr habt die volle Kontrolle über die Funktionalitäten und das Design Eurer Community und könnt sie an die Bedürfnisse Eurer Mitglieder anpassen.
Unabhängigkeit: Ihr seid nicht von Dritten abhängig und habt die volle Kontrolle über Eure Daten und Sicherheit.
Skalierbarkeit: Ihr könnt die Plattform jederzeit erweitern und anpassen, um mit dem Wachstum Eurer Community Schritt zu halten.
Nachteile:
Hohe Kosten: Die Entwicklung und Wartung einer maßgeschneiderten Community-Plattform erfordert erhebliche finanzielle Ressourcen.
Zeitintensiv: Die Entwicklung kann viel Zeit in Anspruch nehmen, bevor Eure Community online gehen kann.
Technisches Know-how: Ihr benötigt ein Team von Entwicklern oder die Einstellung von Entwicklern mit umfangreichen Kenntnissen in der Softwareentwicklung.
Open-Source-Community-Plattformen wie Discourse, phpBB oder WordPress mit Community-Plugins bieten eine kostengünstige Möglichkeit, Eure eigene Community aufzubauen. Diese Plattformen sind frei verfügbar und können an Eure Bedürfnisse angepasst werden.
Vorteile:
Kostengünstig: Open-Source-Software ist in der Regel kostenlos, was die Gesamtkosten senkt.
Anpassbarkeit: Ihr könnt Erweiterungen und Plugins verwenden, um die Funktionalitäten Eurer Community anzupassen.
Gemeinschaft: Es gibt oft eine aktive Gemeinschaft von Entwicklern und Benutzern, die Unterstützung und Ressourcen bieten.
Nachteile:
Technische Kenntnisse erforderlich: Ihr benötigt einige technische Fähigkeiten, um die Plattform einzurichten und anzupassen.
Eigenverantwortung: Ihr seid selbst für Wartung, Aktualisierung und Sicherheit der Plattform verantwortlich.
Begrenzte Funktionalität: Einige Open-Source-Plattformen können weniger Funktionen bieten als spezielle kommerzielle Lösungen.
Eine weitere Möglichkeit, eine Community hinzuzufügen, besteht darin, vorhandene Webseiten oder Online-Shops mit Community-Funktionen zu erweitern. Dies kann durch die Integration von Foren, Kommentarbereichen oder sozialen Funktionen geschehen.
Vorteile:
Einfache Integration: Ihr könnt vorhandene Ressourcen nutzen und Eure Community in eine bestehende Website integrieren.
Geringe Kosten: Im Vergleich zur Eigenentwicklung oder kommerziellen Lösungen sind die Kosten oft niedriger.
Nachteile:
Begrenzte Funktionalität: Die erweiterten Community-Funktionen können weniger leistungsfähig sein als spezialisierte Community-Plattformen.
Skalierbarkeit: Die Erweiterungsmöglichkeiten sind begrenzt, wenn Eure Community wächst und speziellere Anforderungen entstehen.
Software as a Service (SAAS) Community-Lösungen sind spezialisierte Plattformen, die gegen monatliche oder jährliche Gebühren genutzt werden können. Diese Lösungen bieten vorgefertigte Community-Funktionen und sind oft benutzerfreundlich.
Vorteile:
Schneller Start: Ihr könnt Eure Community schnell und unkompliziert starten, ohne aufwändige Entwicklungsarbeiten.
Geringer technischer Aufwand: Die Plattformanbieter kümmern sich um Wartung, Aktualisierung und Sicherheit.
Unterstützung und Schulung: Viele SAAS-Anbieter bieten Schulungen und Support für Community-Manager.
Nachteile:
Kosten: Die monatlichen oder jährlichen Gebühren können sich im Laufe der Zeit summieren.
Begrenzte Anpassbarkeit: SAAS-Plattformen bieten möglicherweise weniger Anpassungsmöglichkeiten im Vergleich zu Eigenentwicklung oder Open-Source-Lösungen.
Abhängigkeit vom Anbieter: Ihr seid auf den Plattformanbieter angewiesen und könnt weniger Kontrolle über Eure Community haben.
Die Wahl der richtigen technischen Lösung für den Aufbau Eurer Online Community hängt von Euren Ressourcen, Zielen und Fähigkeiten ab. Jede der oben genannten Optionen bietet Vor- und Nachteile, die sorgfältig abgewogen werden sollten. Es ist wichtig, Eure Bedürfnisse und Euer Budget zu berücksichtigen, um die am besten geeignete Lösung für Eure Community zu finden.
Wenn zwei Menschen den Begriff Community benutzen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie nicht das Gleiche meinen. Das hat viel mit der Geschichte des Begriffs und der Entwicklung des Berufsbildes Community Manager*in und dem aktuellen Zeitgeist zu tun. Für ein einheitliches Begriffsverständnis nehme ich Sie mit in eine kleine Reise der Begrifflichkeit und die Herausforderungen rund um die Abgrenzung zu Social Media.
Definition Community
Der Begriff Community, zu Deutsch Gemeinschaft, stammt von dem lateinischen Commūnitās und wurde erstmals um 1350 erwähnt. Commūnitās bedeutet dabei nicht einfach Gemeinschaft, sondern impliziert ein Gefühl von der Verpflichtung und dem Willen sich im Sinne dieser einzusetzen[1]. Auf diesem Grundverständnis basiert auch eine der ersten formalen Definition von Community als „Gruppe von Menschen mit gemeinsamen Werten“. Das gemeinsame Wertegepflecht gilt dabei als Voraussetzung dafür, dass eine Gruppe über Familienbande hinaus „einen Bund“ eingeht.
Genau diesen Aspekt verdeutlicht die heutzutage gängigste Definition, die auf Basis der Definition des Soziologen Ferdinand Tönnies aus 1887[2], von seinem Kollegen Max Weber, sowie dem Psychologen Adler entwickelt wurde:
„Eine Community ist eine Gruppe geprägt von interpersonellen Beziehungen, in der alle Mitglieder die gleichwertige Zugehörigkeit aller anerkennen, die persönliche und gemeinschaftliche Rechte impliziert.“
Bezeichnend an all diesen Definitionen ist, dass die Zugehörigkeit der Mitglieder einer Community nicht primär durch die Aktivität in der Community bestimmt wird. Der kleinste gemeinsame Nenner ist das Gefühl Teil der Community zu sein und sich deswegen an die Regeln dieser Gemeinschaft zu halten.
Die Definition des Begriffes war über die Jahre einem stetigen Wandel unterworfen[3]. Allen Definitionen gemein war aber, dass der Begriff neben dem Zugehörigkeitsgefühl durch mindestens ein weiteres der folgenden Merkmale geprägt war: Identität, Ort oder einer Organisation im Sinne eines sozialen Gebildes.
Was ist denn nun eine Online Community?
Ähnlich komplex wie die Definition des Ursprungsbegriffes ist auch die Definition von Community in Kontext der Online-Welt. Zum einen sind sich Community Expert:innen uneins darüber sind, was eine „echte“ Community ist. Dazu kommt der inflationäre Einsatz des Begriffes und letztendlich auch die Tatsache, dass die Einordnung durch die Mitglieder eine entscheidende Rolle spielt. Diesem Spannungsfeld wird die folgende dreistufige Definition, die auf einem Vorschlag von Richard Millington[4] basiert, am ehesten gerecht.
Stufe 1: Gemeinsamer Bezugspunkt
Es ist eine Community, wenn die Menschen in dieser durch ein gemeinsames Interesse, ein gemeinsames Ziel, eine Einstellung, ein Bedürfnis, eine Aktivität oder ein identitätsstiftendes Merkmal ein Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gruppierung entwickeln.
Die Beispiele für diese Art von Communitys sind vielfältig und reichen von Star Wars Fans, über Kayla’s Army, also die Fans der Fitnesstrainerin Kayla Itsines, bis hin zu der sehr unspezifischen Gruppe der Eltern. Bezeichnend an dieser Art von Communitys ist, dass sie keinen spezifischen Ort brauchen um zu existieren.
Ausschlaggebend ist hier ein gemeinsamer Bezugspunkt, der stark genug ist um ein Gefühl von Zugehörigkeit auszulösen. Diesen gemeinsamen Bezugspunkt für Ihre Community zu identifizieren ist eine der ersten Aufgaben, die Sie im Rahmen Ihrer Community Strategie lösen müssen.
Stufe 2: Gemeinsame Plattform
Eine Community der Stufe 2 ist zusätzlich zu dem gemeinsamen Bezugspunkt durch eine gemeinsame Plattform gekennzeichnet. Dabei ist es unerheblich, ob diese Plattform eine eigene Unternehmensplattform, ein Forum, eine Facebook Gruppe, die Kommentarspalte unter einem Blog- oder Instagram Beitrag, oder sogar ein Offline Event ist.
Führen wir das Beispiel der Stufe 1 weiter aus, gehören zu dieser Definition der Community Menschen, die an einer Star Wars Convention teilnehmen, Fans, die Instagram Beiträge von Kayla Itsines kommentieren und Eltern, die in der Netmoms Community Beiträge recherchieren, Fragen stellen oder kommentieren. Genauso fallen unter diese Definition aber auch Menschen, die auf Twitter mit dem Kundenservice interagieren oder Kommentare auf Spiegel Online hinterlassen.
Genau genommen lassen sich in dieser zweiten Stufe noch drei unterschiedliche Arten der Interaktion unterscheiden
Passiv: Der reine Konsum von Inhalten, wie z.B. das Lesen von Beiträgen
Reaktiv: Reaktion auf Inhalte mit den Möglichkeiten der Plattform wie z.B. Liken oder im weiteren Sinne auch das Kommentieren bestehender Inhalte
Aktiv: Das Erstellen von eigenen Inhalten, wie z.B. das Veröffentlichen von Beiträgen Fotos oder Fragen
Die Herausforderung für Sie als Community Manager:in ist hier zu identifizieren, was Ihre Anspruchsgruppe dazu motiviert sich genau auf Ihrer Plattform zu bewegen und wie Sie diese dazu bringen bei Ihnen aktiv zu werden.
Stufe Drei: Beziehungen untereinander
Communitys der Stufe Drei sind zusätzlich durch Beziehungen der Mitglieder untereinander geprägt. Eben diese Beziehungen machen auch den Unterschied zu dem Großteil der klassischen Social Media Engagements, in dem die Fans maximal eine „Beziehung“ mit dem Absender des jeweiligen Angebotes eingehen.
Im Hinblick auf Beziehungen muss außerdem unterschieden werden zwischen rein technischen Beziehungen, Zweckbeziehung und Beziehungen, die ein echtes Zugehörigkeitsgefühl mit sich bringt. Ein schönes Beispiel ist hier LinkedIn. Dort gibt es die Möglichkeit: – ungezielt „Kontakte zu sammeln“, also technische Beziehungen eingehen. – gezielt Kontakte hinzuzufügen, die Gemeinsamkeiten und damit einen potentiellen Zweck haben und – Kontakte hinzuzufügen, mit denen man eine persönliche Beziehung – ob beruflich oder privat – pflegt.
Je nach Qualität der Beziehungen untereinander wird eine Person mehr oder weniger Gemeinschaftsgefühl empfinden. Eine gute Differenzierungsmöglichkeit dafür, ob es qua Definition eine „echte“ Community oder nur ein Netzwerk ist (dazu mehr im letzten Abschnitt).
Eine Community, die die drei Kriterien:
„ Bezugspunkt + Plattform + persönliche Beziehungen untereinander“ erfüllt, eröffnet Ihnen als Community Manager:in die größten Möglichkeiten und ist der Maßstab für dieses Buch. Die vollständige Definition lautet wie folgt:
Eine Community ist eine Gruppe von Menschen mit einem gemeinsamen Bezugspunkt, die sich auf einer definierten Plattform austauscht und durch gemeinsame Werte, Beziehungen untereinander, sowie einem Gemeinschaftsgefühl, geprägt sind.
Beispiele für diese Ausbaustufe der Community sind Menschen, die sich im Star Wars Forum aktiv austauschen und vernetzen, Kayla Fans, die eine eigene Gruppe auf Facebook zur Vernetzung starten und sich regelmäßig zum gemeinsamen Sport treffen, oder Mütter, die sich über eine Diskussion bei Netmoms gefunden, angefreundet haben und sich jetzt regelmäßig private Nachrichten schreiben.
Diese Beispiele zeigen gleichzeitig, dass Sie innerhalb einer Community Mitglieder finden, die auf ganz unterschiedlichen Stufen dieser Definition stehen. Das ist völlig normal und sogar wichtig, denn auf dieser Erkenntnis können Sie strategisch aufbauen um Ihre Community Mitglieder zu aktivieren.
Community, Publikum oder Netzwerk?
Der Vollständigkeit halber möchte ich Ihnen die zweite Möglichkeit der Differenzierung von Communitys und anderen Phänomenen im Netz erläutern, die zwischen Publikum, Netzwerk und Community. Zum besseren Verständnis, wie diese Unterscheidung im Verhältnis zu unser Definition steht, habe ich Ihnen dieses in Abbildung 1.1 visualisiert.
Abbildung 1.1: Drei Stufen der Community Definition | Quelle: Eigene Darstellung
Publikum (Audience): Unter einem Publikum verstehen Community Expert:innen wie David Spinks[5] die Menschen mit einem gemeinsamen Bezugspunkt, die jedoch untereinander keine Beziehung aufbauen. Die Kommunikation geht in eine Richtung. Ein gutes Beispiel für ein Publikum sind die Fans einer Social Media Präsenz. Im Hinblick auf unsere dreistufige Definition aus Abschnitt befinden wir uns hier auf Stufe 1 oder 2.
Netzwerk Mit einem Netzwerk wir eine Gruppe von Menschen bezeichnet, die sich zwar potentiell untereinander austauscht, aber überwiegend lockere Beziehungen und kein Gemeinschaftsgefühl entwickelt. Ein gutes Beispiel sind Business Netzwerke wie LinkedIn. Kontaktanfragen- und annahmen konstruieren zwar eine technische Beziehung der Mitglieder untereinander, die aber überwiegend keine emotionalen Qualitäten hat. In Anlehnung an unsere Definition befinden wir uns hier auf Stufe 2 bis zu den Minimalanforderungen der Stufe 3.
Community Die Definition von Community entspricht hier der Definition der Stufe 3 aus dem vorherigen Abschnitt (XXX). Eine Gruppe von Menschen, die untereinander Beziehungen und ein Gefühl einer geteilten Identität aufbaut.
Abschließende Beurteilung
Egal wie sorgsam die Definition des Begriffs Community aufgebaut ist, sie ist nicht immer ganz trennscharf. Das ist für Ihren Alltag als Community Manager:in jedoch nicht weiter tragisch. Die Hauptsache ist, dass Sie verstehen, wovon Ihr Gegenüber spricht, wenn der Begriff Community fällt. Für Sie selbst ist es wichtig zu verstehen, welcher Hebel in dem Kriterium der „Vernetzung der Mitglieder untereinander“ steckt, und welchen Unterschied es macht, wenn Sie in Ihrer Community ein Gemeingefühl erschaffen.
[1] Quelle: Ramminger, Johann, Neulateinische Wortliste: Ein Wörterbuch des Lateinischen von Petrarca bis 1700
[2] Ferdinand Tönnies, Gemeinschaft und Gesellschaft 1887 https://www.deutschestextarchiv.de/book/view/toennies_gemeinschaft_1887?p=9
[3] Einen spannenden Artikel über die Geschichte Begriffs finden Sie hier https://blog.p2pfoundation.net/a-very-brief-history-of-the-meaning-of-community/2015/01/22
Eines der Grundprinzipien der Internetkultur wird in der Ein-Prozent-Regel oder auch 90-9-1-Prinzip zusammengefasst. Dieses Prinzip wurde im Jahr 2006 von Jacob Nielsen aufgestellt und sagt Folgendes aus:
Lediglich 1 % der Personen in einer Community produziert Inhalte (Creators).
Weitere 9 %, die Contributors, kommentieren, bearbeiten und teilen diese Inhalte.
Die restlichen 90 %, die sogenannten »Lurker«, schauen sich die Inhalte nur an.
Die erste größere, zahlengestütze Neuauflage der 90-9-1 Regel wurde in 2011 von dem Community Experten Paul Schneider vorgestellt[1].
Abbildung 1.1: Veränderte Verhältnisse der Aktivität
Im Gegensatz zu Nielsen rechnete Schneider die Karteileichen raus, also die Mitglieder, die sich nicht mehr auf der Plattform einloggten. Unter dieser Prämisse entstand die 70-20-10 Regel, also 70% Mitglieder, die nur konsumieren, 20% der Mitglieder, die reagieren und 10% an Mitglieder, die selbst aktiv Inhalte erstellen. Da schon in 2011 ein starker Trend in Richtung mehr aktiver Partizipation absehbar war, sagten unterschiedliche Akteure, wie zum Beispiel die Umfragen des Community Roundtables, eine Verschiebung der Verhältnisse bis zu 20-30-50 voraus. Spannend ist, dass diese Voraussage zwar für einzelne Netzwerke stimmen mag, das gros der Communitys aber bis heute zwischen Nielsen und Schneider zu verorten ist. Das gilt insbesondere dann, wenn daten- und nicht umfragegestützte Werte als Beurteilungsgrundlage genutzt werden.
Entwicklung des Aktivitätsniveaus in Communitys
Die Studie des Community Softwareanbieters Higher Logic aus 2020[2] zeigt, dass die Aktivität einer Community stark von der Größe abhängig ist. Während sich kleine Communitys näher an der 70-20-10 Regel verorten ließen, tendierten die großen Gemeinschaften, mit mehr als 50.000 Mitglieder mehr Richtung Nielsen. Im Detail konnte die Studie konnte folgende Werte in Abhängigkeit von der Größe des Netzwerkes nachweisen:
Anzahl Mitglieder
< 5000
5.000 -50.000
>50.000
Creatoren
23%
10%
5%
Kontributoren
10%
10%
5%
Lurker
67%
80%
90%
Anzahl der Mitglieder in Abhängigkeit zu der Größe der Community
Fazit
Die 90-9-1 und 70-20-10 Regeln sind zwar fast zwei Jahrzehnte alt, die Prinzip dahinter eignet sich trotz Studien und Auswertungen, die Werte von 55-25-20[3] bis 95-4-1[4] nachwiesen, noch immer gut als grober Richtwert[5]
Sie müssen also immer davon ausgehen, dass lediglich ein Teil Ihrer Fans, Follower und Mitglieder überhaupt aktiv auf Inhalte in einer Community reagieren wird. Behalten Sie dies bei Ihren Zielen und Erwartungen immer im Hinterkopf. Darüber hinaus ist dieses Phänomen gar nicht so schlimm, wie es zunächst scheint. Aktive Mitglieder brauchen die Bühne und das Publikum, reaktive Mitglieder gute Inhalte, auf die sie reagieren können und mitlesende Mitglieder Inhalte, für die sie gerne in die Community kommen. Hier zählt wie so oft Qualität vor Quantität.
[3] Community Roundtable State of Community Umfrage
[4] Garfield, Stan Handbook of Community Management: A Guide to Leading Communities of Practice, Kapitel 11
[5] Eine sehr spannende Auswertung von mehr als 200 Communitys finden Sie hier https://community.khoros.com/t5/Khoros-Communities-Blog/The-90-9-1-Rule-in-Reality/ba-p/5463
Ein kleine Auswahl von weiteren Studien:
„A study of an online fashion community found that 0.3% of users were creators who contributed original content, 3.5% of users were curators who shared existing content, and 96.2% of users were passive observers. „Journal of Business Research, 2021 – „Creating, curating, or lurking? The roles of consumers in online fashion communities“ (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0148296320303446)
„A study of a popular social news and discussion website found that 0.08% of users created more than 50% of the posts, 1.29% of users created 20-50% of the posts, and 98.63% of users created fewer than 20% of the posts. „International Journal of Web Based Communities, 2019 – „Who are the ‚active users‘ on Reddit? A descriptive analysis of popular subreddits“ (https://www.inderscienceonline.com/doi/abs/10.1504/IJWBC.2019.098877)
„A study of a social network for academic researchers found that 1.8% of users were highly active contributors who created 70% of the content, 5.5% of users were moderately active contributors who created 20% of the content, and 92.7% of users were passive observers who made no contributions.“ PLoS ONE, 2019 – „Active contribution mediates the association between social isolation and subjective well-being: A study of Chinese academic researchers on social networking sites“ (https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0218786)
Wie sieht eigentlich eine Karriere für Community Managerinnen und Manager aus? Welche Fähigkeiten braucht eine Bewerberin oder ein Bewerber, um geeignet für eine bestimmte Stufe der Community Karriereleiter zu sein? Diese Fragen begegnen mir ständig in der Praxis und bisher gab es außer einem Ansatz des Berufsverbandes Community Management (BVCM e.V.) aus 2012 im deutschsprachigem Raum kaum etwas Öffentliches, was hier eine handfeste Orientierung geben konnte. In diesem Beitrag möchte ich einen aktuelle Karrierepfad für Community Managerinnen und Manager vorstellen, der diesen Umstand ändert.
Community Career Map als Orientierung für die Community Management Karriere
Der Community Experte und Autor David Spinks hat die Community Career Map (CCM) gemeinsam mit und auf Basis von Werken einer Reihe von namhaften Kolleg:innen entwickelt. Dabei sind unter anderem Holly Firestone (Salesforce), Mary Thengvalls, Andy Hao (Bevy).
Ziel der Community Career Map ist es, einen Karrierepfad für das Community Management zu skizzieren, der gezielte Weiterentwicklungsmöglichkeiten aufzeigt und strukturierte Weiterbildung ermöglicht. Laut Spinks, der Mercer Studie und dem 2020 Retention Report, die beste Grundlage für zufriedene Mitarbeiter.
Herausgekommen ist eine gute Vorlage für einen Karrierepfad im Community Management, der sowohl für Personalabteilungen, als auch Bewerber:innen interessant ist. Ich durfte diesen, inklusive der Anleitung für die Nutzung, für Community Manager:innen in Deutschland übersetzen. Dabei habe ich die Vorlage ein wenig an Deutsche Gegebenheiten angepasst, die große übersetzte Tabelle ist an dieser Stelle frei verfügbar. Wem das Original lieber ist, findet hier die englische Originalversion.
Vorschau auf die Community Career Map mit den Karrierepfaden für Community Manager:innen
Der folgende Teil dieses Artikels ist eine von mir ergänzte Übersetzung des Blogartikels von David Spinks, die die Struktur der CCM erläutert und Anwendungshinweise für die Praxis gibt. Sie finden die deutsche Version der Tabelle nützlich? Dann freue ich mich, wenn Sie diese mit Euren Kolleginnen und Kollegen aus dem Community Management teilt. Wenn Ihr Ideen für Verbesserungen habt, freue ich mich über Eure Rückmeldung!
Warum ein Karrierepfad für das Community Management?
Es gibt viele Gründe, warum Unternehmen einen Karrierepfad für das Community Management verwenden sollten:
Sie geben den Mitgliedern des Community Teams Klarheit über die Fähigkeiten und Kompetenzen, auf die sie sich konzentrieren sollten, um beruflich und innerhalb des Teams zu wachsen
Der Karrierepfad schafft Klarheit über die Kriterien, die bei einer Beförderung berücksichtigt werden müssen
Sie schaffen damit Rahmenbedingungen für eine strukturierte Prüfung und Förderung von Talenten
Sie können gezielt Programme zur beruflichen Weiterentwicklung gestalten
Sie können besser einschätzen, wo die Mitarbeiter:innen in Ihrem Team Lücken haben
Sie Stellenbeschreibungen und Interviewprozesse besser gestalten
Alles in allem ist ein Karrierepfad für das Community Management einfach ein sehr nützliches Instrument, um festzulegen, wie die verschiedenen Erfahrungsstufen innerhalb Ihres Community Teams aussehen sollten.
Community Laufbahnen, Titel und Ebenen
Die Community Career Map ist so konzipiert, dass die Mitarbeiter:innen eine von zwei Laufbahnen einschlagen können:
Management: Kern der Aufgabe ist die Leitung eines Community Teams. Die Expert:innen verbringen weniger Zeit mit Routinetätigkeiten.
Fachexpert:in (FE): Der Karriereweg für Mitarbeiter:innen, die keine Führungsposition anstreben, sondern ihre Rolle als operative Expert:in ausbauen möchten.
Es ist wichtig, Ihren Teammitgliedern beide Möglichkeiten zu bieten, da einige Mitarbeiter:innen nicht in eine Führungsposition aufsteigen möchten. So vermeiden Sie, dass diese Expert:innen sich für einen Jobwechsel entscheiden, wenn sie bei Ihnen nicht die Möglichkeit haben, ihre Karriere ohne Führungsverantwortung voranzubringen. Es gibt viele Optionen für Community Expert:innen, einen Beitrag auf höherer Ebene zu leisten, ohne dass es das Management von Menschen beinhalten muss.
Die Bezeichnungen für die unterschiedlichen Karrierestufen in der Community Carrer Map lauten:
Junior Community Manager:in
Community Manager:in
Senior Community Manager:in (FE oder Manager:in)
Community Director (FE oder Manager:in)
Senior Community Director (FE oder Manager:in)
Vice President Community (VP) (FE oder Manager:in)
Chief Community Officer (CCO)
Natürlich können Sie in Ihren Teams andere Titel verwenden, die besser zu Ihrem Unternehmen passen. Achten Sie aber darauf, keine Stufe ganz zu streichen, da dies eine Lücke in dem Entwicklungspfad Ihres Community Teams hinterlassen würde.
Die CCM wurde so konzipiert, dass er für jede Community Rolle oder Spezialisierung wie z. B. Community Engagement Manager:in, Community Content Manager:in, Community Event Manager:in, Community Operations Manager:in usw. verwendet werden kann. Wenn Sie jemanden einstellen oder befördern, sollen der individuelle Umfang und die Zuständigkeiten für die jeweilige Rolle in einer separaten Stellenbeschreibung erläutert werden.
Hinweis: Stellenprofile des Bundesverband Community Management Der Bundesverband Community Management hat ein ausführliches Stellenprofil für Community Manager:innen im Angebot, das Ihnen bei der individuellen Beschreibung der Stelle behilflich sein kann. Sie finden dieses hier Stellenprofil für Community Manager:innen
Fähigkeiten und Erfahrungen für die Community
Für jede Ebene werden in der Community Career Map verschiedene Kompetenzen, Fähigkeiten und Erfahrungen aufgeführt, die von Community Expert:innen auf dieser Ebene erwartet werden, wie z.B.:
Profile und Zuständigkeiten: Eine Übersicht und eine Liste der wichtigsten Erwartungen für jede Stufe.
Führung und Supervision: Die Fähigkeit, andere zu führen und das Maß an Aufsicht, das der Mitarbeiter benötigt, um erfolgreich zu sein.
Wechselwirkungen: Mit welchen Teams und Kolleg:innen sollen die Mitarbeiter:innen außerhalb des Community Teams interagieren und in die Abstimmung gehen (z. B. Produktion, Support, Technik, Marketing usw.)?
Kommunikation: Die Fähigkeit zur effektiven Kommunikation und zu klaren Präsentation von Informationen.
Kreativität und strategische Innovation: Die Fähigkeit, Daten, Forschung und Intuition zu nutzen, um Zukunftspläne zu entwickeln und kreative Lösungen für strategische Herausforderungen zu finden.
Technische und kaufmännische Fähigkeiten: Erfahrung mit Community Tools, Software und Systemen für die Community Verwaltung und die Verbindung der Community mit anderen Geschäftssystemen.
Zwischenmenschliche Fähigkeiten: Die Fähigkeit, sich mit anderen innerhalb der Organisation abzustimmen und sie positiv zu beeinflussen, Mentor:in zu sein sowie das Unternehmen und die Community als Führungskraft nach außen zu vertreten.
Ausbildung und Erfahrung: Geschätzte Jahre des Erfahrungserwerbs und erforderliche Ausbildung.
Wie man die Community Career Map für Mitarbeiter:innengespräche und die Karriereplanung nutzt
Jedes Unternehmen hat seine eigene Herangehensweise bei der Beurteilung von Talenten und bei Entscheidungen ob Mitarbeiter:innen befördert werden, oder eben nicht. Für die Evaluation bei dem Unternehmen Bevy/CMX berichtet David das folgende Vorgehen:
Wir führen zweimal im Jahr einen „Individual Talent Review“ (ITR) durch. Bei einem ITR nehmen die Mitarbeiter:innen eine Selbstbeurteilung vor. Darin sprechen sie über ihre Leistungen, die Entwicklung, die Wachstumsbereiche und die Zukunftspläne. Jede Führungskraft bespricht dann den ITR mit den Mitarbeiter:innen, gibt Empfehlungen und meldet der Geschäftsleitung die Ergebnisse. Dies geschieht in Form von Beförderungsempfehlungen, Plänen zur Leistungsverbesserung oder anderen Änderungsvorschlägen. Eine Sache, die mich bei ITRs immer frustriert hat, ist, dass sie für die Mitarbeiter:innen möglicherweise zu vage sind. Wenn Mitarbeiter:innen darauf hoffen, befördert zu werden, welche Leistungen und Entwicklungen sollten sie dann ansprechen? Und woher sollen sie bei der Zukunftsplanung wissen, was genau hilft, die nächste Stufe der Karriereleiter zu erreichen und eine Beförderung zu bekommen? Genau an dieser Stelle kommt die Community Career Map ins Spiel. Ich teile sie an alle Mitarbeiter:innen meines Teams aus und verwende sie bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter:innen. Damit hat jeder im Team eine klare Vorstellung davon, wo er heute steht und wo er hin muss, um aufzusteigen. Wenn die Teammitglieder dann ihre ITRs ausfüllen, können sie ihre Fortschritte direkt mit den im CCM festgelegten Kompetenzen abgleichen. Das macht meine Arbeit als Vorgesetzter sehr viel einfacher. Ich kann nun reflektieren, wie die Mitarbeiter:innen in Bezug auf die CCM abgeschnitten hat. Außerdem dient sie als Leitfaden, wenn ich Feedback gebe, wo noch Verbesserungen vorgenommen werden können. Sie macht es mir auch leichter, meinem Chef mitzuteilen, warum ich denke, dass ein:e Mitarbeiter:in eine Beförderung verdient. Darüber hinaus definiert sie Rahmenbedingungen, innerhalb derer ich mich für meine Mitarbeiter:innen einsetzen kann. Nun… sie ist nicht perfekt. Sie müssen nicht mit allem in der CCM einverstanden sein. Möglicherweise gibt es Dinge, die ihre Mitarbeiter:innen erreicht hat, die dort nicht aufgeführt sind (vielleicht können Sie sie in Zukunft hinzufügen). Oder ein:e Mitarbeiter:in passt nicht genau in eine einzige Spalte. Es kann z.B. sein, dass er in Bezug auf technische und geschäftliche Fähigkeiten auf der Stufe Senior Community Manager:in steht, aber in Bezug auf Führung und Betreuung auf der Stufe Community Manager:in. Großartig! Das verschafft Ihnen Klarheit darüber, wo sich die Person noch verbessern muss, um die Stufe Senior Community Manager:in zu erreichen.
Letztendlich gibt die Community Career Map allen Mitarbeiter:innen, Manager:innen und der Geschäftsleitung, Klarheit über die Erwartungen und einen Rahmen für Kommunikation und Feedback.
David Spinks erlaubt die Kopie seiner Vorlage ausdrücklich, bittet aber auch im Sinne des Community Gedankens um Folgendes
Nachdem Sie die Vorlage kopiert haben, können Sie so viele Änderungen vornehmen, wie Sie möchten. Ich würde gerne sehen, was Sie sich ausgedacht haben, und ich bin mir sicher, dass andere das auch wollen. Lassen Sie uns also einige Kommentare zukommen, die Ihre eigenen Vorlagen und die Änderungen, die Sie vorgenommen haben, beschreiben! Ich würde mich auch über Ihr Feedback freuen, wie wir die Community Career Map noch besser machen können.
Dem kann ich mich an dieser Stelle nur anschließen. Schauen Sie sich die Tabelle hier an und arbeiten Sie die Bedürfnisse Ihrer Teams ein. Ich freue mich auf Gedanken, Ideen, Anmerkungen und Kritik. Auf das wir auch im deutschsprachigen Raum mehr strukturierte Programme für die Karriere von Community Manager:innen entwickeln und das Berufsbild so etablieren und stärken!
Community Manager*innen sind die letzte Bastion im Kampf gegen den Hass im Internet! Der Großteil der Community Manager*innen, die ich kenne, sehen genau diese Verantwortung als Ihre Berufung. Sie stellen sich tagtäglich Hasskommentaren, Gewaltphantasien und sogar Drohungen. Sie sorgen dafür, dass die vernünftigen Stimmen da draußen überhaupt noch eine Chance haben. Eigentlich sollten wir Community Manager*innen für diesen Dienst an der Gesellschaft feiern. Die Realität sieht leider noch immer anders aus. Da muss der ungeschulte Redaktionsmitarbeitende nebenbei die Kommentare unter dem Artikel zur Flüchtlingspoltitik moderieren, da sitzen Werkstudierende mit Bauchschmerzen vor den Kommentarspalten in denen sich Wutbürger*innen austoben oder Community Manager*innen lassen sich den dritten Tag in Folge 8-10 Stunden am Stück beschimpfen, während sie eine Kommunikationskrise begleiten. Selbst dem toughestem CommunityProfi gehen solche Situationen an die Nieren, warum also ändert sich seit Jahren nichts an dieser Situation? Warum ist die Wertschätzung für die Arbeit nach wie vor eher ein „ach, das bisschen Facebook kannste doch nebenbei machen“? Die traurigen wie triviale Antworten sind:
dass noch immer ein bedeutsamer Anteil der Redaktionen, Unternehmen, Organisation, Behörden und Co., die Bedeutung von und vor allem die Verantwortung zu Community Management nicht verstanden haben.
dass Community Management nicht direkt Einnahmen verursacht, da Beziehungsaufbau und bedeutsame Dialoge nunmal keine Umsatzziele sind (und das ist auch gut so). Entsprechend braucht es eine gute Strategie und geeignete Messwerte, um selbst dem letzten Zweifler zu beweisen, welchen Wert CM hat.
Gegen diese Gründe können wir Social Media und Community Manager*innen nur Stück für Stück arbeiten, worauf jede*r Communityschaffende, der tagtäglich dieser Situation ausgesetzt ist, sofort achten muss ist Selbstfürsorge. Mit Betonung auf sofort und muss! Es mag paradox klingen, aber die psychische Last, die mit dieser Situation einhergeht, kann (post)traumatische Stresssymptome auslösen, die mit denen eines realen Verkehrsunfalls, oder des Todes eines Angehörigen vergleichbar sind. Von depressiver Verstimmung, über Depressionen, bis hin zu Selbstmord(gedanken), ist mit den Folgen wirklich nicht zu spaßen. Das passiert meistens nicht von heute auf morgen, sondern ist ein schleichender Prozess. Genau deswegen ist es so unglaublich wichtig, dass Community Manager*innen achtsam sind und auf sich aufpassen. Eine Reihe von Tipps, was Ihr als Community Manager*innen und Vorgesetzte dafür tun könnt, habe ich Euch hier zusammengestellt. Ihr habt noch andere Methoden und Ideen? Dann freue ich mich über Ergänzungen in den Kommentaren.
Achtsamkeit für Community Manager*innen
Warum Seelenhygiene für Community Manager*innen enorm wichtig ist
Wer den ganzen Tag angefeindet wird, die hässliche Fratze der Menschheit mit jedem Kommentar lesen muss oder im Zweifel sogar Videos und/oder Fotos sichten muss, die kein Mensch je sehen sollte, braucht Hilfe. Mindestens Hilfe zur Selbsthilfe und in manchen Fällen die Unterstützung durch einen Therapeuten.
Worte können sein wie winzige Arsendosen. Sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.
Victor Klemperer
Selbstsicherheit – der Grundstein von Selbstfürsorge
Selbstsicherheit, also eine Überzeugung, dass das was man tut gut und richtig ist, ist der Grundstein für Selbstfürsorge. Warum? Weil Selbstzweifel Euch verunsichern und damit die Tür für negative Gedanken noch weiter öffnen. Wer negativ über sich oder seinen Arbeitgeber denkt, dem fällt es schwerer gut zu sich selbst zu sein. Um „Euer Selbst sicher“ zu sein, ist es also unglaublich wichtig, dass Ihr einen Sinn in Eurer Arbeit seht und hinter Eurem Arbeitgeber stehen könnt. Seid hier ehrlich zu Euch selbst und zieht weiter, wenn Ihr diese Punkte nicht mehr erfüllt. Ein weiterer Punkt der Eure Selbstsicherheit unterstützen kann, ist kontinuierliches Lernen und eine gute Ausbildung im Community Management. Ob der Besuch einer Konferenz, das Lesen eines Fachbuches oder der Austausch mit Branchenkolleg*innen zu Fachfragen – sorge dafür, dass Du stets das Gefühl hast in Deinem Fach auf der Höhe der Zeit zu sein.
Selbstsicherheit bedeutet im übrigen nicht ein „Ego aus Stahl“ zu haben. Es geht darum so Selbstsicher zu sein, dass Euch der „Pöbel im Internet“ nicht aus der Fassung bringen kann, zumindest nicht mehr als unbedingt notwendig.
Schweigen ist schmerzhaft, Schreiben ist Silber, Reden ist Gold
Ein befreundeter Psychologe sagte einst, dass negative Gefühle und Gedanken im Inneren kreisen und sich gegenseitig aufschaukeln, bis sie „rausgelassen“ werden. Genau das musst Du als Community Manager*in tun, um nicht irgendwann krank von dem zu werden, was Du da Tag täglich lesen musst.
Sprich mit Deiner / Deinem Partner*in, Deiner Familie oder Freund*innen über Deine Gefühle und über das was Tag täglich auf Dich einprasselt, was Dich bewegt und warum. Wenn Du in Deinem Umfeld niemanden hast, mit dem Du reden kannst, oder Du einfach das Gefühl hast, dass Dich niemand wirklich versteht, suche Dir Branchenkolleg*innen zum Austausch. Wir im Bundesverband Community Management (BVCM e.V.)bieten neben einem geschütztem Intranet für Mitglieder, beispielsweise auch regionale Stammtische an, auf denen Du auch als Nicht-Mitglied dazu stoßen kannst. Der Austausch auf diesen Treffen ist stets eine Bereicherung, denn hier Treffen sich nicht nur Menschen, die wissen was Du gerade durchmachst, sondern auch Kolleg*innen, die nicht nur zuhören können, sondern sicher auch den einen oder anderen guten Rat für Dich haben. Du bist zu schüchtern, weil Du keinen kennst? Wende Dich einfach an die/den Organisator*In des jeweiligen Stammtisches, dann helfen wir Dir! Die aktuellen Termine für Stammtische findest Du auf unserer Facebook Seite.
Fokussiere Dich auf die schönen Menschen und Kommentare
Der Mensch neigt dazu negative Erfahrungen präsenter im Kopf zu haben, als positive. Arbeite hier aktiv dagegen! Sammele positive Kommentare und E-Mails – manch ein Community Team druckt diese Highlights sogar aus und hängt diese an die Wand, damit sie immer präsent sind.
Beschäftige Dich bewusst mit den positiven Menschen in Deiner Community, spricht mit ihnen, bedanke Dich für ihre Unterstützung oder beantworte einfach freundlich Ihre positive Wortmeldung. Das sorgt nebenbei nicht nur für eine bessere Bindung, sondern gleichzeitig auch dafür, dass genau diese Kommentare mehr Sichtbarkeit bekommen. Behalte außerdem immer im Hinterkopf – Nutzer*innen mit einer extremen Meinung und/oder jene, die durch negative Emotionen (oder Bots) angetrieben werden, schreiben überproportional viele Kommentare. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es viel mehr schöne Menschen da draußen gibt, als die Kommentarspalten erahnen lassen.
Ablenkung durch Humor & Co.
Humor ist wenn man trotzdem lacht und manchmal ist diese Einstellung im Community Management genau das, was den Unterschied macht. Ich habe selbst über Monate Kommentare auf „rechtsgeneigten“ Seiten gelesen und ausgewertet, sowie auf großen Seiten Beiträge zu dem Themenkomplexen „Geflüchtete“ „Impfen“ und in diversen Shitstorms moderiert und beantwortet. Am Ende des Tages fühlte ich mich oft unglaublich leer und hatte ein Stück weit den Glauben an die Menschheit verloren. Das einzige, was neben Gesprächen mit Kolleg*innen, Familie und Freund*innen noch half war ein Überdosis des Gegenteils. So las ich am Abend gerne mal klassische Literatur, guckte mir lustige oder romantische Filme bzw. Serien an. An ganz harten Tagen musste es auch mal das Gegenteil sein – Horror oder Drama. Ein weiterer Favorit ist Musik, eben die Lieder, die Dir ein gutes Gefühl geben und/oder Dich emotional „reaktivieren“. Auch hier gilt es Deinen persönlichen Ansatz zu finden – was hilft Dir Dich abzulenken? Wie eingangs erwähnt, ist Humor hier oft auch eine mögliche Variante. Humor verhilft zur Distanz und rückt die Perspektive wieder ein wenig mehr ins Lot. Wer selbst nicht die Zeit hat, kann hier auf diverse Facebook-Gruppen zurückgreifen. Da wären zum Beispiel Kundenservice, Hooligans gegen den Satzbau, Katzen gegen Glatzen (leider zur Zeit inaktiv) oder das Beste aus Social Media. Einer meiner persönlichen Favoriten, wenn es mal wieder ganz schlimm ist, ist das Lied „Thank you Hater“ von Clever Pie und Isabel Fay.
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Dieses Video, oder der eine oder andere Beitrag von diesen Seiten sollte zumindest für ein Schmunzeln sorgen. Wenn Sie das nicht mehr tun und Du generell merkst, dass Du emotional abstumpfst, solltest Du Dir Gedanken darüber machen, ob Dir Deine Arbeit nicht schon zu nahe geht und Du Dir mehr Unterstützung holen solltest!
Nutze das ABC(DE)-Modell
Das ABC-Modell kommt aus der kognitiven Verhaltenstherapie und wurde von dem Psychologen Albert Ellis entwickelt. Ellis erkannte, dass es zwischen einem Ereignis und dem daraus entstehenden Gefühl einen unbewussten Zwischenschritt gibt. Diese Abfolge nannte er, ABC Modell für:
Activating experiences – innere oder äußere Wahrnehmung / Erfahrung / Herausforderung / Konflikte Beliefs – Annahmen und Interpretationen Consequences – Verhalten und Gefühle
Zwischen einem Ereignis und einem Gefühl steht demnach noch eine Bewertung dessen, was da gerade passiert ist. Wenn wir uns dieses Zwischenschrittes bewusst sind, sind wir in der Lagen unsere Gefühle zu beeinflussen (je nach Grundstimmung mal mehr und mal weniger). Genau deswegen ist das ABC-Modell ist bis heute Basis vieler kognitiver Verhaltenstherapien.
Gerade zu Beginn ist es natürlich schwierig, direkt in den ABC-Prozess einzugreifen, deswegen entwickelte Ellis noch ein D und E
Dispute – Hinterfrage Deine ungünstigen Annahmen und Interpretationen Effect – Erlebe die positiven Auswirkungen, wenn Du bewusst beeinflusst, wie Du mit der Erfahrung umgehen möchtest.
Den Hintergrund zu dem Modell könnt Ihr Euch zum Beispiel hier durchlesen, oder dieses Video ansehen.
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Ich möchte an einem stark vereinfachten Beispiel zeigen, wie es Euch im Community Management helfen kann.
A: Kim moderiert die Kommentare unter einem Beitrag, dabei begegnet ihr eine Beleidigung gegen das Community Management dieser „Drecksseite“. B: Kim ist ein sehr empathischer Mensch und nimmt die Beleidigung (zumindest teilweise) persönlich. C: Kim fühlt sich nicht gut, wird traurig und fragt sich, was sie hätte anders machen können D: Kim hinterfragt ihre Reaktion: Meint die Person überhaupt mich persönlich? Ist diese Person überhaupt in der Lage über mich und meine Fähigkeiten zu urteilen?Was ist passiert, damit die Person so unflätig wird, hatte ich darauf Einfluss?Die Antwort ist in allen drei Fällen NEIN! Kim macht sich klar, dass dies kein persönlicher Angriff ist und antwortet sachlich und lösungsorientiert mit einem Hinweis auf die Netiquette. E: Version A: Der Nutzer entschuldigt sich für seinen Ton und bedankt sich für die Antwort. Version B: Der Nutzer poltert weiter und Kim reagiert mit den angekündigten Sanktionsmaßnahmen. In beiden Fällen hat Kim ein besseres Gefühl als vorher.
Das ABCDE Modell hilft Dir dabei Dir bewusst zu werden, was Dich wie negativ beeinflusst und wie Du „anders denken kannst“ um diese Gefühle zu beeinflussen. Dafür gibt es keine allgemeine Lösung. Um Deine Lösung zu finden, hilft es zu Beginn Deine persönlichen ABCDEs strukturiert aufzuschreiben. Deswegen habe ich für Euch eine auf Community Manager*innen angepasste Vorlage für die ABCDE-Methode entwickelt, die Du Dir hier runterladen kannst.
Keine Scheu vor psychotherapeutischer Hilfe!
Dir verschaffen weder Gespräche mit Kolleg*innen oder Freund*innen, noch mit anderen Community Manager*innen Erleichterung im Gedankenkarussell? Dann nimm dieses Zeichen bitte sehr ernst! Strecke lieber zu früh als zu spät die Fühler nach einer*m gute*n Psychotherapeut*in aus, eine Übersicht approbierter Therapeut*innen findest Du beim Deutschen Psychotherapeuten Verband. Es ist wirklich keine Schande sich professionelle Hilfe zu suchen! Ich bin persönlich sogar der Meinung, dass jeder Mensch von ein paar (mehr) Stunden bei einer/einem Psychotherapeut*in profitieren würde. Dort lernst Du nämlich nicht nur den Umgang mit schwierigen Situationen, sondern auch eine Menge über Dich selbst. Diese Selbst(er)kenntnis verschafft Dir Wort wörtlich mehr Selbstbewusstsein und stärkt Dich für Herausforderungen im Alltag.
Für den akuten Notfall – Telefonseelsorge
Es gibt Situationen, in denen niemand Zeit hat, obwohl Du gerade wirklich jemanden brauchst, mit den Nerven am Ende bist und nicht mehr weiter weißt. Selbst dann bist Du nicht allein! Es gibt die bundesweit gültige Nummer der Telefonseelsorge, sowie ein Angebot per Chat oder E-Mail Kontakt aufzunehmen:https://www.telefonseelsorge.de/
Langfristig kann die Telefonseelsorge natürlich keine*n Therapeut*n ersetzten, aber die Quintessenz ist – Du bist niemals allein!
(Offline) Freiräume schaffen und Grenzen ziehen
Gerade als Community Manager*in gibt es Situationen, in denen Du ganz bewusst abschalten sollten, und zwar komplett. Ganz offline! Suche Dir dafür am besten einen Ort, an dem Du kein Internet hast, oder nehme Dir ein klassisches „Dumbphone“ ohne Internetfähigkeit mit. Ganz einfach, damit Du nicht in Versuchung gerätst, eben mal kurz nachzusehen. Damit Du wirklich zur Ruhe kommen kannst, solltest Du mit den Kolleg*innen ausmachen, dass diese Dich nur im Notfall anrufen oder per SMS informieren, aber auch wirklich nur dann!
Darüber hinaus ist es durchaus legitim, in der Freizeit Grenzen zwischen Beruf und Privatleben zu ziehen und die Diskussion über das, was der Arbeitgeber getan hat, freundlich, aber bestimmt zu beenden. Umgekehrt bestimmst Du selbst, wie viel von Deinem Privatleben Du mit in den Beruf ziehst. Du musst nicht auf Facebook mit Kunden befreundet sein, oder auf XING Kontakte annehmen, die Dir nicht persönlich bekannt sind. Auf XING kannst Du eine freundliche Absage schreiben, warum Du keine fremden Kontakte annimmst und unter welchen Voraussetzungen das tust. Auf Facebook gibt es neben dieser Strategie noch die Möglichkeit, die Sichtbarkeit von Inhalten auf Deinem Profil einzuschränken. Dafür erstellen Sie eine Liste, die zum Beispiel den Namen „Beruflich“ trägt, und veröffentlichen Ihre Inhalte standardmäßig mit den Sichtbarkeitseinstellungen „Nur für Freunde“ und Nicht teilen mit Beruflich (siehe Abbildung)
Kontakte auf dieser Liste sehen dann nicht mehr als Personen, die Dein öffentliches Profil abonnieren. Generell kann ich Euch Community und Social Media Manager*innen nur empfehlen sehr bewusst mit Euren persönlichen Daten und Einblicken in Euer Privatleben umzugehen. Spätestens wenn man die ersten Gewaltphantasien aus dem E-Mail Postfach fischt, wird einem bewusst wie wichtig das ist.
Seit gut zu Dir!
Last but not Least habe ich noch einen ganz wichtigen Tipp. Je besser es Dir mental und körperlich geht, desto besser kommst Du auch mit dem Stress des dialogischen Community Managements klar! Deswegen ist es so ungemein wichtig, dass Du nicht nur auf der Arbeit, sondern generell gut für Dich sorgst. Tue Dinge, die Dir gut tun, umgebe Dich mit Menschen und Tieren, die Du magst, achte auf Deine Gesundheit, entwickele ein generelles Gespür für Dich, Deinen Körper und Deine Seele. Je stressiger und unschöner die Kommentare sind, mit denen Du Dich tag täglich rumschlägst, desto wichtiger ist Dein persönlicher Ausgleich! Ob das nun Sport, Reisen, Kochen, Stricken oder Bungee-Jumping ist, hängt von Deinen Vorlieben ab. Lege Dir am Besten eine Liste mit „angenehmen Tätigkeiten“ an und tue regelmäßig was davon. Inspiration für so eine Liste, inklusive Bewertungsmöglichkeiten, findet Ihr zum Beispiel hier. Es hilft hier wirklich feste(!) Zeiten einzuplanen – ob der regelmäßige Besuch im Fitness Studio am Mittwoch in der Mittagspause (sehr zu empfehlen), oder alle 2 Stunden einen Achtsamkeitsmoment, in dem Du kurz innehältst und genau nachfühlst „Wie geht es mir gerade“ – nimmt Dir bewusst Zeit für Dich! Zur Selbstfürsorge gehört auch zu kommunizieren, wenn Du an einem Tag mental wirklich nicht in der Lage bist auch nur noch einen weiteren Hasskommentar zu lesen. Mir ist bewusst, dass es dafür auch die/den richtige*n Vorgesetzte*n braucht. Genau deswegen richtet sich der letzte Teil dieses Artikels an Führungskräfte von Community Manager*innen.
Fürsorge für Dein Team
Du bist Teamleiter*in und möchtest, dass es Deinem Team gut geht? Dann kannst Du folgende Dinge tun:
Eine Community Kultur etablieren
Wertschätzung für die Kolleg*innen, Offener Austausch, Fehlerkultur und Zusammenhalt sind die wichtigsten Voraussetzungen für eine gute Community Kultur in Deinem Unternehmen. Die Grundlage dafür ist eine solide Social Media und Community Management Strategie, die den Beitrag zu den Unternehmenszielen zeigt. ( Wie Ihr gute Social Media Messwerte und KPI definieren könnt, lest Ihr hier) Erstellt regelmäßig Reports oder Rundschreiben, in dem Ihr Eure Erfolge zeigt – nicht nur der Geschäftsleitung, sondern gebt allen Mitarbeiter*innen die Chance Einblick in Eure Arbeit zu bekommen. Ob als Statusmeldung im Intranet, per E-Mail oder sogar ganz klassisch als Kolumne in der Mitarbeiterzeitung hängt von den Möglichkeiten Eures Arbeitgebers ab. Besonders hilfreich ist es auch, wenn Ihr Eure Führungskräfte oder internen Zweifler mal einen Tag als „Praktikant*in“ einspannen könnt. Eine Übung, die ich in der Beratung immer dann „anordne“, wenn ich merke, dass die Vorstellung von Community Management völlig daneben liegt. Sowas wirkt Wunder! Die Wertschätzung nach außen ist der eine Teil, die richtige Atmosphäre innerhalb des Teams zu schaffen, ist eine andere Herausforderung. Sorge schon bei dem Einstellen der Mitarbeitenden für eine gute Passung. Das kannst Du erreichen, indem mindestens ein*e Mitarbeiter*in mit in den Bewerbungsprozess involviert ist. Sehr hilfreich ist auch immer ein freiwilliger Persönlichkeitstest, wie zum Beispiel ein Test nach der Jung-Typologie, oder neben dem klassischen Vorstellungsgespräch für die Favoriten ein Treffen zum Mittagessen o.ä. zu organisieren. Gerade weil der mentale Rück-und Zusammenhalt in dem Community Team so wichtig ist, ist es enorm wichtig, dass die Mitarbeitenden zusammen passen. Du als Führungskraft musst voll hinter Deinem Team stehen. Egal was schief läuft, achte auf wertschätzende Kommunikation und konstruktive Kritik. Achte darauf, dass Dein Team gut ausgebildet ist und Du feste Strukturen für Achtsamkeit etablierst.
Feste Strukturen für Achtsamkeit
Etabliere feste Meetings, in dem die Mitarbeitenden sich gezielt über Ihre Gefühle im Umgang mit den dunklen Seiten des Internets austauschen können. Das muss nicht immer innerhalb des Büros sein, sondern kann auch gerne mal im Grünen, in einem Bistro oder Café sein. Oftmals haben (zumindest einige) Mitarbeiter zunächst Schwierigkeiten damit sich zu öffnen, oder können Ihre Gefühle nicht verbalisieren. Hier kannst Du helfen, indem Du Selbst als Vorbild agierst und mit dem Gefühlsstern den Ausdruck von Gefühlen vereinfachst.
Dieser Kreis hilft Deinen Mitarbeiter*innen über die Dimensionen der Emotionen besser einzuschätzen, wie „schlimm“ es gerade ist. Natürlich darfst und sollst Du niemanden zum Austausch zwingen, die Erfahrung zeigt aber, dass so ein Angebot meistens sehr gut angenommen wird.
Zu einem guten Prozess gehört in diesem Falle auch, dass niemand 8 Stunden (oder mehr) am Tag in Kommentarspalten verweilen muss. Dafür braucht es
alternative Verantwortlichkeiten, idealerweise Aufgaben, bei denen die Mitarbeiter*innen positive Bestätigung bekommen,
feste Pausen und arbeitsfreie Zeit, auf dessen Einhaltung auch geachtet wird,
und genau deswegen ausreichend Personal!
Um diese Strukturen etablieren zu können, braucht Ihr die entsprechenden Ressourcen. Entsprechend ist es enorm wichtig, dass Ihr eine gute Social Media und Community Management Strategie habt. Ihr müsst nachweisen, dass Ihr einen Beitrag zu den Unternehmenszielen leistet und argumentieren können, warum es eben nicht ausreicht, dass die/der Praktikant*in nebenbei ein bisschen auf Facebook antwortet. Aber genau das ist Eure Aufgabe als Führungskraft! Setzt Euch für Euer Team ein, wenn Ihr es alleine nicht schafft, tauscht Euch mit Kolleg*innen aus (zum Beispiel im BVCM), legt Eurer / Eurem Chef*in diesen Artikel hin, oder holt Euch Beratung an Board. Wir müssen für gute Arbeitsbedingungen im Community Management kämpfen, das wird leider niemand anderes für uns tun.
Fazit
Community Management wird in Zukunft noch viel wichtiger werden, als es heute schon ist – nicht nur um überhaupt noch in den sozialen Netzwerken gesehen zu werden, sondern weil wir endlich die Verantwortung für den Verfall der Diskussionskultur übernehmen und aktiv dagegen steuern müssen. Das schön ist, gute Community Manager*innen werden immer gesucht. Wenn Du also absolut keine Rückendeckung in Deiner Organisation hast, oder feststellst, dass die Werte nicht mehr zu Deinen passen, dann musst Du Dir keine Sorgen machen, Du bist am Markt gefragt. Das ist im übrigen auch ein Gedanke, der Dir bei Deiner persönlichen Selbstsicherheit hilft! In diesem Sinne, lasst uns das Internet gemeinsam besser machen!
Vivian Pein ist erfahrene Social Media- und Community-Managerin und integriert Social Media in Firmenkulturen. Sie berät und referiert rund um die Themen Social Media- und Community-Management. In ihrer Freizeit organisiert Sie unter anderem die größte „Unkonferenz“ für Social Media- und Community-Manager, das CommunityCamp, und ist im Vorstand des Bundesverbandes Community Management e.V. für digitale Kommunikation und Social Media (BVCM).
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