Gute Arbeitsbedingungen im Community Management | Arbeitsrechtliche Pflichten und Best Practices

Gute Arbeitsbedingungen im Community Management | Arbeitsrechtliche Pflichten und Best Practices

Die Moderation von Hassrede, Desinformation und polarisierenden Diskussionen ist eine der herausforderndsten Aufgaben im Community- und Social Media Management. Unternehmen und Organisationen, die Community Manager*innen beschäftigen, stehen nicht nur vor organisatorischen und inhaltlichen Herausforderungen, sondern haben auch eine klare arbeitsrechtliche Verantwortung. Neben den allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen spielen vor allem der Schutz vor psychischer Überlastung, faire Arbeitsverteilung und die Berücksichtigung von Homeoffice-Arbeitsplätzen eine zentrale Rolle. Welche Verpflichtungen daraus folgen und welche Schritte außerdem dafür sorgen, dass Community und Social Media Manager*innen in einem guten Umfeld arbeiten können, skizziere ich in diesem Beitrag. Dazu gibt es ein Muster für eine Gefährdungsbeurteilung und ich habe eine Reihe von Vorgesetzten aus Community und Social Media Teams gefragt, wie sie sicherstellen, dass es ihren Schützlingen gut geht. Die Best Practice Antworten findet Ihr am Ende des Artikels.

Warum sich die Investition in ein gutes Arbeitsumfeld für Community und Social Media Manager*innen lohnt

Ich gebe zu, die Abschnitts-Überschrift fühlt sich falsch an, denn eigentlich sollte kein Arbeitgebender eine Erklärung dafür brauchen. Ein Blick in den Arbeitsmarkt, mein E-Mail Postfach und die Studie des BVCM zeigt leider das Gegenteil.

Abbildung der Studie des BVCM zu der Frage die Größten Herausforderungen.
Abbildung 1: Die aktuell größten Herausforderungen der Teilnehmenden an der BVCM-Studie* Evertz, Katja/Evertz, Stefan

Das Ergebnis der BVCM-Studie zeigt klar die größten Herausforderungen liegen bei fehlenden Mitarbeiter*innen (50%), fehlenden Ressourcen (50%) und fehlender Zeit (40%). Das fehlende Verständnis für Social Media und/oder Communities, was mit 49% auf Platz drei liegt, ist meiner Meinung nach Ursache wie Symptom. Zumindest ist es das Bild, was ich immer wieder in Gesprächen geschildert bekomme. Genau deswegen ist es mir wichtig an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich zu sagen:

Community- und Social-Media-Manager*innen sind das Rückgrat jeder digitalen Kommunikation und die letzte Bastion gegen den Hass. Sie tragen eine immense Verantwortung und Bürde, was entsprechend unterstützt und gewertschätzt werden muss!

Gutes Community Management sorgt für ein gesundes Online-Klima, macht Diskussionen auf Augenhöhe (wieder) möglich und schützt somit das Unternehmensimage. Wer in ein stabiles und unterstützendes Arbeitsumfeld investiert, profitiert außerdem von:

  • Geringerer Fluktuation: Eine realistische Arbeitsbelastung, regelmäßige Weiterbildung und psychologische Unterstützung sorgen für langfristige Mitarbeiterbindung.
  • Höherer Effizienz: Menschen, die sich nicht dauerhaft überlastet fühlen, können schneller und gezielter auf kritische Inhalte reagieren.
  • Besserer Community-Pflege: Ein ausgeglichenes Team kann empathischer agieren und damit das Community-Erlebnis verbessern.
  • Weniger Ausfall durch Krankheit: Stress beeinträchtigt das Immunsystem, Prävention hilft

Leider weiß ich, dass diese Argumente nicht bei allen Arbeitgebenden ausreichen, deswegen komme ich nach einer kurzen Ausführung über die Herausforderung durch Hassrede gleich zu den arbeitsrechtlichen Verpflichtungen.

Warum die Moderation von Hassrede, polarisierenden Diskussionen und Desinformation problematisch ist

Die Moderation von Online-Kommentaren ist anspruchsvoll und psychisch belastend. Besonders problematisch wird es, wenn:

  1. Zu wenig Arbeitszeit für die Menge an Kommentaren vorhanden ist:
    • Das Volumen übersteigt die verfügbare Arbeitszeit, wodurch eine qualitative Moderation nicht mehr gewährleistet ist.
    • Unmoderierte Hassrede kann negative Auswirkungen auf die Community und das Unternehmensimage, sowie sogar rechtliche Konsequenzen haben.
    • Das Gefühl niemals fertig zu werden, sorgt für Überforderung, fehlende Selbstwirksamkeit und sogar Schuldgefühle
  2. Homeoffice-Arbeit die Belastung verstärkt:
    • Fehlt der direkte Austausch mit Kolleg*innen, sind Mitarbeitende stärker auf sich allein gestellt.
    • Die Trennung zwischen Beruf und Privatleben verschwimmt, was das Stresserleben erhöht.
    • Unternehmen müssen besondere Maßnahmen ergreifen, um Community-Manager im Homeoffice zu unterstützen.
  3. Nur eine Person die Aufgabe übernimmt:
    • Die gesamte Last liegt auf einer einzelnen Person, was Stress und psychische Erschöpfung fördert.
    • Ohne die Möglichkeit des Austauschs mit Kollegen fehlt die emotionale Entlastung.
    • Die Resilienz sinkt mit der Zeit, was zu Burnout führen kann.

Rechtliche Grundlagen: Arbeitsschutz und Arbeitszeitregelungen

Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass ihre Community-Manager unter fairen und sicheren Bedingungen arbeiten können. Die Einhaltung von Arbeitsschutz ist dabei das absolute Minimum. Hier sind die wichtigsten arbeitsrechtlichen Aspekte, die dabei berücksichtigt werden müssen.

Recht auf Gefährdungsbeurteilung

Laut § 5 ArbSchG (Arbeitsschutzgesetz) müssen Arbeitgebende eine Gefährdungsbeurteilung durchführen, um physische und psychische Belastungen zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zu ergreifen.

Eine Gefährdungsbeurteilung ist die systematische Ermittlung und Bewertung potenzieller Gefahren am Arbeitsplatz. Ziel ist es, Risiken frühzeitig zu erkennen und durch geeignete Maßnahmen zu minimieren. Sie dient sowohl dem Schutz der Beschäftigten als auch der rechtlichen Absicherung der Arbeitgebenden. Die Leitlinie zur Gefährdungsbeurteilung hebt hervor, dass dies nicht nur physische, sondern auch psychische Belastungen umfassen muss, insbesondere bei Tätigkeiten mit hohem Stresslevel wie der Moderation von Hassrede.

Für Arbeitgebende bedeutet eine umfassende Gefährdungsbeurteilung:

  • Einhaltung gesetzlicher Pflichten, um Bußgelder und Haftungsrisiken zu vermeiden.
  • Optimierung der Arbeitsbedingungen, um die Produktivität und Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu steigern.
  • Langfristige Reduzierung von Krankheitsausfällen durch präventive Maßnahmen.

Schutz vor psychischer Belastung

Psychische Belastungen sind in modernen Arbeitswelten eine zunehmende Herausforderung. Die Gefährdungsbeurteilung muss laut § 5 ArbSchG explizit auch psychische Belastungen wie Stress, emotionale Erschöpfung oder Isolation durch Homeoffice-Arbeit umfassen. Relevante Aspekte für Community-Manager sind:

  • Hoher Arbeitsdruck und Zeitdruck durch ununterbrochene Online-Diskussionen.
  • Emotionale Belastung durch den Umgang mit Hassrede und Beleidigungen.
  • Fehlende Abgrenzung zwischen Beruf und Privatleben, insbesondere im Homeoffice.

Maßnahmen zur Reduzierung dieser Risiken können umfassen:

  • Regelmäßige Supervisionen und psychologische Unterstützung.
  • Klare Abgrenzung von Arbeits- und Pausenzeiten.
  • Geregelte Arbeitszeiten, sowie ausreichend Personal und Ressourcen
  • Technische Maßnahmen zur Reduktion direkter Konfrontation mit belastendem Content, z. B. Filtertools für toxische Inhalte.
  • Regelmäßige Schulungen und feste Zeiten für die Reflektion im Team.

Sowohl die physische, als auch die psychische Gefährdungsbeurteilung (PGB oder GB Psych) ist im §5 ArbSchG geregelt und somit gesetzlich verpflichtend. Eine mangelhafte oder fehlende Durchführung kann rechtliche Konsequenzen haben. Die Pflicht besteht im übrigen schon ab einem Mitarbeitenden.

Muster: Gefährdungsbeurteilung für Community Management

Ich sehe in der Praxis im Bereich der Gefährdungsbeurteilung einen großen Nachholbedarf. Entweder ist gar keine vorhanden, oder es wird versucht eine allgemeine Version für Bildschirmarbeitspltze zu nutzen, die aber potentielle Risiken aus der Online-Moderation nicht berücksichtigt. Aus diesem Grunde habe ich ein (nicht allgemein- oder rechtsgültiges) Muster für eine Gefährdungsbeurteilung für den Arbeitsbereich Community und Social Media Management erstellt. Vielen Dank an dieser Stelle an Susanne, Melanie, Andreas, Chris und Kata, die mir Einblick in ihre Gefährdungsbeurteilungen gegeben und mich bei der Recherche unterstützt haben.

Bild mit der Aufschrift "Muster für Gefährdungsbeurteilung für Community und Social Media Management"

Dieses Muster ist als Inspiration für Unternehmen und Organisationen zu verstehen, muss an Eure individuellen Gegebenheiten angepasst werden und erhebt ausdrücklich keinen Anspruch auf Vollständig- oder Rechtsgültigkeit. Bei der Erstellung einer auf Euer Unternehmen abgestimmten Gefährdungsbeurteilung helfen diese Quellen:

Mein Appell – besteht hier auf Euer Recht auf die Gefährdungsbeurteilung und die Einleitung entsprechender Arbeitsschutzmaßnahmen. Wenn trotzdem keine Verbesserung eintritt, habt Ihr zumindest die Bestätigung, dass es höchste Zeit ist, sich ein besseres Umfeld zu suchen. Kein Job der Welt ist Eure Gesundheit wert!

Begrenzung der Arbeitszeit

Gemäß § 3 ArbZG darf die tägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten, in Ausnahmefällen maximal zehn Stunden mit einem entsprechenden Ausgleich. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass:

  • Community-Manager nicht dauerhaft Überstunden machen.
  • Arbeitszeiten realistisch an das Kommentarvolumen angepasst werden.
  • Nach besonders belastenden Schichten ausreichend Erholungszeiten gewährt werden.

Darüber hinaus müssen gemäß § 5 ArbZG mindestens 11 Stunden ununterbrochene Ruhezeit zwischen Arbeitsende und erneutem Arbeitsbeginn liegen. Ausnahmen gibt es hier gemäß Absatz 2 unter anderem für den Rundfunk, wobei hier maximal um eine Stunde verkürzt werden darf. Das auch nur, wenn diese Verkürzung der Ruhezeit innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von vier Wochen durch Verlängerung einer anderen Ruhezeit auf mindestens zwölf Stunden ausgeglichen wird.

Pflicht zur Pausen- und Erholungszeit

Gemäß § 4 ArbZG steht Arbeitnehmer*innen eine Pause von 30 Minuten zu, wenn die Arbeitszeit mehr als sechs, aber nicht mehr als neun Stunden beträgt. Bei einer Arbeitszeit von über neun Stunden erhöht sich das Pausenrecht auf 45 Minuten. Diese Pausenzeiten können in Abschnitte von mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Ein durchgehendes Arbeiten von mehr als sechs Stunden ist nicht gestattet. Die Pausen müssen innerhalb der Arbeitszeit liegen und können nicht genutzt werden, um den Arbeitstag früher zu beenden. Zudem müssen sie im Voraus festgelegt werden, wobei eine flexible Zeitspanne ausreicht.
Arbeitgeber sollten ergänzend:

  • Häufige kurze Pausen für Moderatoren ermöglichen. Eine Studie, die ich hier verlinken werde sobald sie offiziell veröffentlicht wird, zeigt hier sehr deutlich, welche Verbesserung allein 10 Minuten Pause bringen können.
  • Strategien zur Erholung und psychischen Distanzierung fördern.
  • Gut Planen, wann Inhalte, die ein großes kontroverses oder negatives Echo haben, veröffentlicht werden.
  • Ein Plan B haben, wenn Themen unerwartet eskalieren und die ursprüngliche Personalplanung nicht funktioniert.

Die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Vorgaben ist nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern Euer verbrieftes Recht. Wie gesagt, wenn es hier schon zu „unterschiedlichen Meinungen“ bei der Einhaltung des Minimums gibt – gute Community und Social Media Manager*innen finden immer eine Alternative. Sprecht mich gerne an.

Vier Schritte zu einer guten Arbeitsumgebung

Ein gutes Arbeitsumfeld für Community- und Social-Media-Manager*innen entsteht nicht zufällig – es muss bewusst gestaltet und kontinuierlich weiterentwickelt werden. Arbeitgebende sollten hier in einen strukturierten Prozess investieren, um gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden eine gesunde, sichere und motivierende Arbeitsumgebung zu schaffen. Der folgende Prozess ist ein Beispiel, wie das funktionieren kann:

1. Analyse & Bedarfsermittlung: Wo stehen wir?

Wie bei jeder vernünftigen Strategie steht erst einmal die Analyse des Status Quo an. Dabei helfen die folgenden Fragen:

  • Welche Herausforderungen erleben die Community-Manager*innen aktuell?
  • Wo gibt es psychische oder physische Belastungen?
  • Gibt es bereits Maßnahmen, die gut funktionieren?
  • Welche Maßnahmen fehlen? Was ist gut gemeint, aber schlecht gemacht?
  • Wie funktioniert es bei anderen Unternehmen und Organisationen (dazu mehr im nächsten Abschnitt)?

Um diese Momentaufnahme zu erstellen eigenen sich die folgenden Methoden:

  • Mitarbeiterbefragungen (anonym oder in offenen Meetings. Meine Empfehlung – zumindest zusätzlich anonym durchführen, denn so kommen auch Probleme zur Sprache, die nicht jede*r im Meeting anführen würde)
  • Workshops zur Bestandsaufnahme
  • Analyse der Arbeitsbedingungen, z. B. Arbeitszeiten, Belastungsspitzen, Homeoffice-Bedingungen
  • Gesundheits- und Sicherheitschecks am Arbeitsplatz durch einen Fachbetrieb

2. Gemeinsame Definition eines „guten Arbeitsumfelds“

Jeder Mensch und jedes Team hat individuelle Bedürfnisse. Deswegen ist es wichtig, gemeinsam zu definieren, was ein gutes Arbeitsumfeld für die jeweilige Situation bedeutet. Dies kann beinhalten:

  • Klare Kommunikationswege & Eskalationsstufen für kritische Situationen
  • Klarer Rückhalt durch Vorgesetzte und das Unternehmen / die Organisation
  • Flexibilität in Arbeitszeiten zur Bewältigung von Belastungsspitzen
  • Sichere und geschützte Arbeitsumgebung (z. B. Maßnahmen gegen Doxing & Cybermobbing)
  • Angemessene personelle Ressourcen, um Arbeitsüberlastung zu vermeiden
  • Psychologische Unterstützungsangebote für den Umgang mit belastenden Inhalten
  • Stärkung des Zusammenhaltes im Team

Das Ergebnis dieses Schritts sollte eine gemeinsame Vision für das Arbeitsumfeld sein, die allen Beteiligten Orientierung gibt. Meine Empfhelung: Haltet den Konsens schriftlich fest und bestimmt eine Person, die „den Hut auf hat“, sowie jemanden, der Maßnahmen und Budgets wirklich freigeben kann. Idealerweise in Personalunion, aber mir ist bewusst, dass das nicht immer möglich ist.

3. Entwicklung und Umsetzung konkreter Maßnahmen

Basierend auf den Erkenntnissen aus Schritt 1 und 2 könnt Ihr dann gezielte Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden. Dazu können zum Beispiel gehören:

a) Arbeitsorganisation & Strukturierung

  • Einführung eines Rotationssystems, um die Dauerbelastung durch Hassrede zu minimieren.
  • Definition klarer Arbeitszeiten & Pausenregelungen, um Überlastung zu vermeiden.
  • Einführung eines Notfall- und Schutzkonzepts, z. B. juristische Unterstützung bei Bedrohungen.

b) Technische Unterstützung & Automatisierung

  • Implementierung von Moderationstools, die belastende Inhalte automatisch filtern.
  • Stärkung der IT-Sicherheit, um persönliche Angriffe auf Mitarbeitende zu verhindern.
  • Optimierung der Arbeitsplatz-Ergonomie, insbesondere für Homeoffice-Arbeit.

c) Psychologische Unterstützung & Community Care

  • Bereitstellung von psychologischer Beratung & Supervision.
  • Förderung von Austauschformaten, z. B. Peer-Support-Gruppen oder Reflexionsgesprächen.
  • Einführung eines Buddy-Systems, um Mitarbeitende emotional zu entlasten.

Mehr Inspiration für mögliche Maßnahmen findet Ihr sowohl in der Gefährdungsbeurteilung oben, als auch in den Interviews zu den Best Practices im nächsten Abschnitt. Außerdem möchte ich euch an dieser Stelle das Workbook von Lovestorm ans Herz legen, dass eine Menge an Wissen und Impulsen rund um die Arbeitsorganisation im Community Management enthält.

4. Evaluation & Weiterentwicklung

Was heute ein gutes Arbeitsumfeld ist, kann nächstes Jahr schon nicht mehr auf die Bedürfnisse des Teams passen. Deswegen ist es wichtig, regelmäßig zu überprüfen und die Maßnahmen gegebenenfalls anzupassen.

Maßnahmen zur Qualitätssicherung:

  • Regelmäßige Feedback-Runden mit Mitarbeitenden (monatlich oder quartalsweise)
  • Regelmäßige anonyme Umfragen (jährlich) um eine Vergleichbarkeit herzustellen, sowie Defizite und Stärken zu identifizieren
  • Analyse von typischen Kennzahlen wie Krankheitstage, Mitarbeiterzufriedenheit und Fluktuation
  • Anpassung der Maßnahmen basierend auf neuen Herausforderungen oder technologischen Entwicklungen

Ich möchte hier noch einmal betonen, wie wichtig es ist, dass Mitarbeitende aktiv in diesen Prozess eingebunden werden, sodass sie sich gehört fühlen und mitgestalten können. Abschließend möchte ich Euch noch gute Bespiele aus Unternehmen und Organisationen zeigen, die bereist gute Konzepte implementiert haben.

Best Practices aus der Praxis

Immer mehr Unternehmen und Organisationen verstehen nicht nur die Bedeutung von Community Management, sondern auch ihre Verantwortung und Fürsorgepflicht für die Mitarbeitenden. Hier werden nicht nur rechtliche Mindestanforderungen erfüllt, sondern darüber hinaus auf ein Arbeitsumfeld geachtet, in dem Community Management gut gelebt werden kann. Zum Abschluss dieses Artikels möchte ich Euch vier dieser Best Practice Beispiele vorstellen, die Ihr gerne als Vorbild zu Euren Vorgesetzten mitnehmen könnt. Allen vieren habe ich die Frage gestellt „Wie organisiert ihr eure Community Management Teams so, dass keine Überlastung durch Hassrede und Co entsteht?“

Schutzmaßnahmen im Community Management bei der FAZ

Ina Lockhart | Leiterin Social Media
Frankfurter Allgemeine Zeitung
(Foto: Wolfgang Eilmes)

Wir investieren viel Zeit und Sorgfalt in die Einarbeitung neuer Teammitglieder und in unsere ständige Fortbildung, die uns in unserem Selbstvertrauen und unserem Fokus bestärkt. Die Fortbildungs-Workshops dienen auch dazu, uns aus dem Alltag am Social Desk auszuklinken und mit Abstand auf unsere tägliche Arbeit zu schauen und uns dazu auszutauschen – zusätzlich zu unserem monatlichen Team-Meeting und dem täglichen Miteinander. Wir pflegen in unserem Alltag Resilienz und Pausendisziplin. Beide sind wichtig, damit wir Hassrede-Kommentare gut moderieren können und unsere Fähigkeit bewahren, konstruktive Kommentare wertzuschätzen und weiterhin an die gute Absicht der Kommentierenden zu glauben. Zum Thema Resilienz haben wir einen kleinen Leitfaden mit praktischen Tipps erstellt, der für alle jederzeit zugänglich ist. Bei der Einstellung neuer Teammitglieder achten wir darauf, dass wir im Team eine Vielfalt an Persönlichkeiten vertreten haben. Das hilft uns dabei, uns gegenseitig aufzufangen und zu bestärken im täglichen Community Management. Wichtig ist auch, dass wir alle regelmäßig vor Ort zusammenarbeiten. Das persönliche Miteinander verbessert die Motivation, aber auch die Qualität unserer Arbeit. Jede und jeder im Team weiß, dass sie oder er jederzeit um Hilfe bitten kann, wenn Hassrede-Kommentare sie oder ihn überfordern oder wenn persönliche Triggerthemen einen in der Moderation blockieren.


Schutzmaßnahmen im Community Management bei ALONDRA Social

Bei ALONDRA sorgen wir in vielfältiger Weise für den Schutz unserer Mitarbeiter:innen. Neben einem kontinuierlichen Austausch via Chat und Calls (da wird eine Remote Agentur sind), pflegen wir unter anderem regelmäßige Workshops bei Vivian, zu denen wir auch unsere Kund:innen einladen. Darüber hinaus stellen wir allen Kolleg:innen über eine Partnerschaft monatlich eine 60 Minütige Session mit Psycholog:innen zur Verfügung, die der Arbeitgeber zahlt. Diese Sessions dürfen von jedem frei verwendet werden und bleiben auch anonym. Dazu gesellt sich last but not least das Thema Teamsession, welche von Psycholog:innen geleitet wird.

Steven Urry | Managing Partner
ALONDRA Social

Schutzmaßnahmen im Community Management beim Hessischen Rundfunk

Tom Klein | Koordinator Community Management Hessischer Rundfunk
(Foto: © Ben Knabe/hr)

Wenn wir Hassrede oder viele toxische Inhalte unter geplanten Beiträgen erwarten, planen wir vorab personell mehr Moderator*innen ein. Wenn das mal nicht möglich sein sollte, dann publizieren wir die Beiträge zeitlich dort, wo wir personell am stärksten besetzt sind – also beispielsweise nicht spät am Abend, wenn die Redaktion nachts nicht besetzt ist. In Fällen, in denen wir es nicht absehen konnten, holen wir ad hoc-Verstärkung aus einem Pool ins Team. Die Ultima Ratio ist, dass wir nachts die Kommentarspalte schließen und erst wieder am nächsten Morgen öffnen. Darüber hinaus bieten wir schon seit langem psychologische Supervision für Redaktionsteams oder Gruppen an. Jetzt haben wir noch ein zusätzliches neues Angebot im hr: Jede*r Content-Moderator*in kann im Bedarfsfall nach eigenem Ermessen Online eine Einzelsupervision buchen – eine extra Freigabe durch die Teamleitung oder Personalabteilung braucht es dafür nicht. Damit ermöglichen wir jedem Mitarbeitenden in den CM-Teams einen ganz niedrigschwelligen und einfachen Zugang zu dieser Form der Unterstützung. Darüber hinaus haben wir einen Teams-Channel für unsere Moderatorinnen, in dem wir uns gemeinsam austauschen und schnell kollegiale Unterstützung bekommen können. Dort sind auch Kolleg*innen aus der Rechtsabteilung, dem Social-Media-Management und der Unternehmenskommunikation, so dass wir sehr schnell eine ganzheitliche Betrachtung und ad-hoc-Reflexion hinbekommen.


Schutzmaßnahmen im Community Management bei Greenpeace

Bei Greenpeace Deutschland haben wir regelmäßig Supervision gemeinsam mit einer Diplom-Psychologin, die auf dem Gebiet Hass und Gewalt im Netz viel Erfahrung hat. Alle sechs bis acht Wochen treffen wir uns online und besprechen, was uns in der letzten Zeit belastendes begegnet ist. Wir bekommen Tipps und Übungen an die Hand, um uns zu entlasten. Zusätzlich setzen wir uns als Team wöchentlich zusammen und besprechen, was die letzte Woche wichtiges oder auch belastendes aufgetaucht ist. Dabei suchen wir gemeinsam nach Lösungen und erinnern uns gegenseitig an unser Gelerntes aus der Supervision. Außerdem bin ich als Senior jederzeit ansprechbar für meine Kolleginnen und übernehme in Notfällen die Arbeit. Zudem haben wir einzeln oder als Team die Möglichkeit uns in Notfällen oder besonders anstrengenden Zeiten einen zusätzlichen Termin bei unserer Psychologin zu buchen. Dann wird nochmal extra auf die aktuelle Situation geschaut und an Entlastungen gearbeitet.

Beate Steffens | Community Managerin
Greenpeace

Fazit

Die Moderation von Hassrede ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die nicht nur klare arbeitsrechtliche Strukturen erfordert, sondern auch echte Fürsorge durch die Arbeitgebenden. Durch eine faire Arbeitsverteilung, geregelte Arbeitszeiten, psychologische Unterstützung, regelmäßige Weiterbildung und Homeoffice-Optimierungen kann langfristig eine gesunde und effektive Moderation gewährleistet werden. Ein Vorteil sowohl für die Arbeitgebenden, als auch die Community und Social Media Manager*innen

Quellen

* BVCM Studie 2023 https://www.bvcm.org/studie/ Evertz, Katja/Evertz, Stefan, 2023, Social Media und Community Management – BVCM-Studie 2023. Nordkirchen: Bundesverband Community Management e. V. – für Social Media und digitale Kommunikation

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Empathie als Schlüssel erfolgreicher Community Moderation

Empathie als Schlüssel erfolgreicher Community Moderation

Online-Communities sind dynamische, oft auch hitzige Orte. Diskussionen, die anfänglich sachlich beginnen, können schnell eskalieren. Emotionen kochen hoch, Missverständnisse entstehen und schon stehen Community-Manager*innen vor der Herausforderung, Konflikte zu entschärfen und eine Atmosphäre zu bewahren, in der ein demokratischer Diskurs überhaupt noch möglich ist. Hier spielt Empathie eine zentrale Rolle – das bewusste Einfühlen in die Emotionen und Perspektiven der Beteiligten.
Doch Empathie ist mehr als nur ein Gefühl – es ist eine Methode, die trainiert und gezielt eingesetzt werden kann, um Konflikte zu regulieren, Harmonie in der Community zu fördern und den Mitgliedern das Gefühl zu geben, gehört zu werden. Die Grundlagen dafür zeige ich Euch in diesem Artikel, dazu gibt es am Ende noch eine Liste mit weiterführender Literatur.

Was ist Empathie und wie wirkt sie in der Kommunikation?

Empathie bedeutet, sich in die Gefühle und Perspektiven anderer hineinzuversetzen – es ist die Fähigkeit, ihre Emotionen zu erkennen, nachzuvollziehen und angemessen darauf zu reagieren (Davis, M.H. (1994))[1]. Offline, in direkter Kommunikation, wird Empathie durch nonverbale Signale wie Mimik, Gestik und Tonfall verstärkt. Studien zeigen, dass wir etwa 70 % unserer Kommunikation nonverbal übermitteln (Mehrabian, 1971)[2]. Online fehlt diese wichtige Dimension, was das Risiko von Missverständnissen erhöht. Genau hier kann eine empathische Moderation helfen, weil sie das Gegenüber in den Mittelpunkt stellt.

Empathische Moderation für bessere Diskussionen

Empathie fördert eine respektvolle Diskussionskultur und stärkt langfristig das Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Community . Empathisch moderierte Communities haben oft weniger Konflikte, da sich die Mitglieder ernst genommen fühlen und Vertrauen in die Moderation aufbauen. Eine Untersuchung von McLaren et al. (2012) [3] zeigte außerdem, dass empathische Kommunikation die Zufriedenheit in Gruppeninteraktionen signifikant steigert.

Sprachliche Stilmittel: So klingt empathische Community Moderation

Die  Fähigkeit empathisch zu sein bedeutet nicht immer zwingend, dass eine Person auch in der Lage ist Empathie sprachlich zu vermitteln, oder zu verstehen. Das gilt besonders in Online-Diskussionen. Wie eingangs erwähnt haben Worte, die ohne Gestik oder Mimik vermittelt werden, einfach ein höheres Potential für Missverständnisse. Dazu kommt, dass wir Menschen nie ganz neutral sind – wenn wir sowieso schon einen schlechten Tag haben, ist unsere Wahrnehmung potenziell negativer, als wenn wir gut gelaunt sind.
Diesen Herausforderungen musst du dir als Community Manager*in stets bewusst sein.
Das Schöne ist, dass du empathische Kommunikation bewusst eingesetzen kannst, um Konflikte zu entschärfen, oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Diese zehn sprachlichen Hilfsmittel, lassen dich sofort empathischer klingen:

  1. In das Gegenüber hineinversetzen: So trivial es klingen mag, wenn du dich in dein Gegenüber hineinversetzt, bevor du eine Antwort schreibst, fällt diese in der Regel empathischer aus. Stelle dir deswegen die Fragen:
    • Wie geht es mir gerade und welchen Einfluss hat mein Befinden auf meine Wahrnehmung?
    • Wie fühlt sich die Person?
    • Was möchte die Person wirklich mit ihrem Beitrag ausdrücken?
    • Welche Intention steht dahinter (z.B. Wut ablassen, eine konkrete Lösung fordern)?
    • Was würde ich mir an der Stelle der Person jetzt wünschen?

Selbst wenn du das Problem nicht lösen kannst, hilft ein “gesehen und ernst genommen werden” aus dem Community Management. Und selbst wenn die Person weiter unzufrieden ist, hat die Community zumindest gesehen, dass du es versucht hast.

  1. Ich-Botschaften statt Du-Botschaften: Studien zeigen, dass Ich-Botschaften Missverständnisse und Abwehrreaktionen reduzieren können.
    „Ich fühle mich verunsichert, weil…“ statt „Du hast mich verwirrt”
    Sie spiegeln das eigene Empfinden wider, ohne das Gegenüber anzugreifen.
    So ist die Chance höher, dass eine Diskussion ohne emotionale Eskalation geführt werden kann.
    Die umfangreichsten Studien zu der Wirksamkeit dieser Methode finden sich rund um das Prinzip der gewaltfreien Kommunikation von Rosenberg[4] – eine Methode, mit der sich grundsätzlich jede*r Community Manager*in beschäftigen sollte!  
  2. Gemeinsamkeiten betonen: Schwarz-weiß Diskussionen sind eine große Herausforderung in der Moderation. Weil Polarisation zu mehr Unstimmigkeiten führt und das beharren auf seinem Standpunkt Zuhören schwer macht. Helfen kann hier der bewusste Blick nach Gemeinsamkeiten, ein Trick aus der Verkaufspsychologie. Wenn ich mein Gegenüber zu einer gedanklichen Zustimmung bewegen kann, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass dieses weiter zuhört, oder im Falle von Community Management, weiter liest. Ein Einsteig wie „Ich lese, dass dir das Wohl von XY genauso wichtig ist wie mir“, „wir möchten beide in Frieden leben“, oder „ich stimme dir in diesem Aspekt zu“, eröffnet genau diese Möglichkeit. Diese Methode bezieht insbesondere auch die Mitlesenden ein, die so empfänglicher für eine andere Perspektive werden. Wichtig – konstruiert nicht auf Teufel komm raus Gemeinsamkeiten, dann wirkt diese Methode eher abschreckend.
  3. Empathische Spiegelung: Diese Technik stammt aus der Psychotherapie und bedeutet, die Worte des Gegenübers zu reflektieren. Sätze wie „Du sagst also, dass du dich übergangen fühlst“ helfen, sicherzustellen, dass beide Seiten einander korrekt verstehen. Wenn du dabei auch noch Schlüsselwörter deines Gegenübers nutzt, wird sofort deutlich, dass du den Beitrag wirklich gelesen hast. Besonders gut wirkt die Spiegelung in Kombination mit dem nächsten Punkt.
  4. Paraphrasieren und Rückfragen stellen: Fasse kurz zusammen, was du verstanden hast und frage dein Gegenüber abschließend “Habe ich das richtig verstanden?”. So wird sichergestellt, dass du die andere Seite richtig verstanden hast, vermeidest Missverständnisse und demonstriert aktives Zuhören[6]. Außerdem ist diese Methode eine gute Möglichkeit die Intention eines Kommentares eindeutig zu erfassen.
  5. Offene Fragen stellen: Fragen wie „Was hat dich zu dieser Meinung gebracht?“ oder „Wie hast du die Situation erlebt?“ regen zu Reflexion und Dialog an und vermitteln Interesse am Gegenüber.
  6. Gefühle benennen: Emotionen direkt anzusprechen kann den Konflikt entschärfen. Ein Satz wie „Es klingt so, als wärst du frustriert“ zeigt, dass man die Emotionen der anderen Person wahrnimmt und respektiert. Wichtig ist dabei im Konjunktiv zu formulieren, weil dies weniger als Zuschreibung interpretiert wird.  Eine Studie von Schumann et al. (2014)[5] zeigt, dass online ausgedrückte Empathie besonders effektiv ist, wenn Emotionen explizit benannt werden, da dies hilft, Missverständnisse zu vermeiden und die Gesprächspartner auf einer emotionalen Ebene zu erreichen.
    Aber vorsicht – wenn du hier die Gefühle deines Gegenübers komplett falsch interpretiert hast, kann das zu Irritationen oder Trotzreaktionen führen. Wichtig ist entsprechend sich zu entschuldigen, wenn du falsch gelegen hast.
  7. Wertschätzung ausdrücken: In hitzigen Diskussionen vergessen viele, das Gegenüber wertzuschätzen. Ein einfaches „Ich verstehe, dass dir das Thema wichtig ist“ schafft eine respektvolle Basis für den weiteren Dialog. Sätze wie „Lass uns gemeinsam eine Lösung finden“ oder „Ich nehme mir die Zeit, das zu verstehen“ zeigen, dass du bereit bist, den Konflikt gründlich zu klären.
  8. Klare, einfache Sprache verwenden: Komplexe oder vage Formulierungen können oft zu Missverständnissen führen. Kurze, präzise Sätze helfen dabei, Missverständnisse zu vermeiden und die Diskussion auf den Punkt zu bringen. Versuche außerdem Anglizismen und Fremdwörter zu vermeiden und Adverben und Adjektive nur zu nutzen, wenn sie wirklich notwendig sind. Eine gute Hilfe ist hier das Hamburger Verständlichkeitsmodell, dass ich demnächst hier vorstellen möchte. Bis dahin findest du hier eine hilfreiche Zusammenfassung. 
  9. Positive Verstärkung: Pass auf, dass du dich nicht nur auf das Negative konzentrierst, sondern spreche positives Verhalten explizit an. Ein einfaches „Danke, dass du deine Perspektive teilst“ kann schon Wunder wirken und zeigt Wertschätzung. Dass der Fokus auf positive Verstärkung in einer Community positive Effekte hat, konnten zum Beispiel Marc Ziegele und Dominique Heinbach et. Al in der Studie zum KASI Modell nachweisen[7].

Empathische Kommunikation erfordert Übung, zahlt sich jedoch langfristig aus. Eine Studie von Heerey und Kring (2007)[8] zeigt, dass empathische Kommunikation in sozialen Interaktionen zu mehr Vertrauen und positiver Zusammenarbeit führt.

Info-Grafik, die die Überschriften des vorhergehenden Textes noch einmal wiederholt

Empathie trainieren: Möglichkeiten für Community Manager*innen

Empathie ist nicht nur eine angeborene Eigenschaft, sondern kann aktiv trainiert werden. Insbesondere für Community Manager*innen ist es wichtig, diese Fähigkeit zu stärken, um in schwierigen Situationen schnell und angemessen reagieren zu können. Ein paar Möglichkeiten Empathie gezielt zu trainieren sind:

  1. Aktives Zuhören üben: Achtsames Zuhören bedeutet, nicht nur auf den Inhalt der Nachrichten zu achten, sondern auch auf den emotionalen Subtext. Dies hilft, die Perspektive des Gegenübers besser zu verstehen und angemessen zu reagieren. Eine Studie der University of Toronto (2016)[9] zeigt, dass aktives Zuhören Missverständnisse um bis zu 50 % reduzieren kann.
  2. Perspektivenwechsel trainieren: Sich in die Lage des anderen zu versetzen, ist ein wichtiger Bestandteil der Empathie. Versuche bewusst, dich in die Perspektive der betroffenen Community-Mitglieder hineinzuversetzen. Diese Technik kann durch einfache Übungen wie Rollenspiele geübt werden. Eine ganz einfache Möglichkeit ist auch Bücher zu lesen oder Serien zu schauen, wo die Hauptrolle von einem Menschen besetzt ist, der sich sehr vor dir unterscheidet.
  3. Reflexion: Nach einer Moderation ist es sinnvoll, die eigene Reaktion zu reflektieren. Hast du empathisch genug reagiert? Was hättest du besser machen können? Diese Selbstreflexion schärft das Bewusstsein und hilft, in zukünftigen Konfliktsituationen noch einfühlsamer zu agieren.
  4. Workshops besuchen: Zahlreiche Schulungen und Workshops bieten gezielte Trainings an, um empathische Kommunikation zu vertiefen. Auch in meinem Community Moderations Workshop wird mit praxisnahen Beispielen geübt, Empathie besser in die berufliche Moderation zu integrieren.
  5. Menschen beobachten: Wann hast du das letzte Mal Wartezeit genutzt um gezielt die menschlichen Interaktionen in deinem Umfeld zu beobachten? Auch das ist eine bequeme und einfache Möglichkeit deine Antennen zu schärfen.

Herausforderungen von Empathie im Community Management

Bei all den positiven Effekten von Empathie in der Kommunikation möchte ich euch die Herausforderungen nicht vorenthalten. Empathie erfordert viel Zeit und emotionale Energie. Besonders bei hitzigen Diskussionen oder Konflikten, die lange andauern, kann es für die Community Manager*innen schwierig sein, geduldig und einfühlsam zu bleiben. Hier ist es wichtig, die richtige Balance zwischen Verständnis und Durchsetzungsvermögen zu finden. Empathie darf nicht mit Nachgiebigkeit verwechselt werden – in manchen Fällen musst du als Community Manager*in klare Grenzen setzen, um die Community vor Eskalation zu schützen.

Zudem ist die eigene emotionale Belastung ein Punkt, der nicht unterschätzt werden darf. Community Manager*innen müssen auf ihre eigene mentale Gesundheit achten und regelmäßig Pausen einlegen, um langfristig ausgeglichen agieren zu können. Einen ausführlichen Beitrag zum Thema Resilienz und Achtsamkeit im Community Management habe ich hier für dich zusammengetragen.

Fazit: Empathie als Grundpfeiler erfolgreicher Community-Moderation

Empathie ist mehr als nur eine nette Geste – sie ist das Rückgrat jeder erfolgreichen Konfliktregulation im Online-Bereich. Moderatoren, die einfühlsam kommunizieren, schaffen es, Konflikte zu entschärfen, Vertrauen aufzubauen und ihre Community zu einem sicheren, respektvollen Ort zu machen. Mit einem gezielten empathischen Ansatz wird die Online-Community nicht nur ein Ort für den Austausch von Ideen, sondern auch für echte menschliche Verbindungen.


[1] Davis, M. H. (1994). „Empathy: A Social Psychological Approach.“ Boulder, CO: Westview Press.

[2] Mehrabian, A. (1971). „Silent Messages: Implicit Communication of Emotions and Attitudes.“ Belmont,  

   CA: Wadsworth.

[3] McLaren, B. M., van der Zee, T., & Graesser, A. C. (2012): „Empathy in group interaction: Benefits and challenges.“ Group Dynamics: Theory, Research, and Practice, 16(2), 85-99.

[4] Rosenberg, Marshall B. (2016). „Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens.“ Junfermann Verlag, Paderborn.

[5] Schumann, K., Zaki, J., & Dweck, C. S. (2014). „Addressing the empathy deficit: Beliefs about the malleability of empathy predict effortful responses when empathy is challenging.“ Journal of Personality and Social Psychology, 107(3), 475–493.

[7] https://www.medienanstalt-nrw.de/fileadmin/user_upload/NeueWebsite_0120/Zum_Nachlesen/WhitePaper_HalloLiebeCommunity_DIGITAL_210518.pdf

[8] Heerey, E. A., & Kring, A. M. (2007): „Interpersonal consequences of social anxiety.“ Journal of Abnormal Psychology, 116(1), 125-134.

[9] University of Toronto (2016): „Active listening and its effects on communication efficiency.“

Weiterführende Literatur

Aus meiner Sicht ist Empathie einer der Schlüssel-Fertigkeiten für erfolgreiche Community Manager*innen. Aus diesem Grunde möchte ich Euch noch eine Liste an weiterführender Literatur hier mitgeben:

Bücher

  1. Brené Brown – „Dare to Lead“ (2018)
    Brown, eine Expertin auf dem Gebiet von Verletzlichkeit und Empathie, betont in ihrem Buch die Wichtigkeit von empathischer Führung. Besonders für Community Manager*innen, die Teams oder Diskussionsgruppen moderieren, bietet dieses Buch hilfreiche Einsichten in authentische Kommunikation und den Aufbau von Vertrauen.
  2. Chris Voss – „Never Split the Difference: Negotiating As If Your Life Depended On It“ (2016)
    Voss, ein ehemaliger FBI-Verhandler, erklärt, wie wichtig Empathie in Verhandlungssituationen ist. Viele der hier beschriebenen Techniken lassen sich gut auf Konfliktmoderation in Online-Communities übertragen, insbesondere der Ansatz der „taktischen Empathie.“
  3. Zaki, J. (2020). „The War for Kindness: Building Empathy in a Fractured World.“
    Zaki diskutiert, wie Empathie durch gezielte Übungen und soziale Interaktionen gestärkt werden kann, auch in digitalen Kontexten. Für Community Manager*innen, die aktiv ihre empathischen Fähigkeiten ausbauen möchten, bietet das Buch praxisnahe Tipps und wissenschaftlich fundierte Einsichten.
  4. Rosenberg, Marshall B. (2016). „Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens.“ Junfermann Verlag, Paderborn.
    In diesem Buch beschreibt Rosenberg ausführlich die Methode der Gewaltfreien Kommunikation, bei der die Verwendung von Ich-Botschaften eine zentrale Rolle spielt, um Missverständnisse zu vermeiden und eine empathische Kommunikation zu fördern.

Wissenschaftliche Studien und Artikel

  1. Decety, J., & Jackson, P. L. (2004). „The Functional Architecture of Human Empathy.“ Behavioral and Cognitive Neuroscience Reviews, 3(2), 71–100.
    Diese Studie untersucht die neurobiologischen Grundlagen der Empathie und erklärt, wie Menschen Emotionen anderer verstehen und darauf reagieren. Besonders wertvoll für Community Manager*innen, die die psychologischen Mechanismen hinter Empathie besser verstehen möchten.
  2. Schroeder, J., & Epley, N. (2016). „Mistaking Minds and Machines: How Speech Affects Dehumanization and Empathy.“ Journal of Experimental Psychology: General, 145(11), 1552-1565.
    Die Studie zeigt, dass die Art und Weise, wie wir kommunizieren (z. B. Sprache und Tonfall), einen großen Einfluss auf das Empathievermögen hat. Sie ist relevant für Community Manager*innen, die sich mit den Auswirkungen von Sprache auf Konfliktlösungen befassen.
  3. Batson, C. D. (2009). „These Things Called Empathy: Eight Related but Distinct Phenomena.“ In J. Decety & W. Ickes (Eds.), The Social Neuroscience of Empathy (pp. 3–15).
    Batson unterscheidet in dieser Arbeit verschiedene Formen der Empathie und zeigt auf, welche in sozialen Interaktionen besonders wichtig sind. Dies kann helfen, gezielter Empathie in der Konfliktmoderation einzusetzen.
  4. Waytz, A., & Gray, K. (2018). „Does Online Technology Make Us More or Less Empathic? A Critical Review.“ Perspectives on Psychological Science, 13(2), 135-142.
    Diese aktuelle Studie untersucht, inwiefern digitale Kommunikationsformen wie Social Media unser Empathievermögen beeinflussen. Sie bietet Einblicke in die Herausforderungen, denen Community Manager*innen in der digitalen Kommunikation gegenüberstehen.
  5. Fox, J., & Moreland, J. J. (2015). „The Impact of Mobile Devices on Relationship Quality: A Meta-Analysis.“ Computers in Human Behavior, 58, 98-108.
    Diese Studie zeigt, wie digitale Kommunikation Empathie und Beziehungspflege beeinflusst. Für Community Manager*innen bietet diese Analyse hilfreiche Hinweise darauf, wie sich Empathie auch in einer mobilen Umgebung fördern lässt.

Selbsttest: Ist der Beruf Social Media Manager*in was für mich?

Selbsttest: Ist der Beruf Social Media Manager*in was für mich?

Sie möchten hauptberuflich als Social Media Manager*in agieren? Dann beantworten Sie sich selbst, wie sehr Sie den folgenden Aussagen zustimmen. Dabei geben Sie sich

  •   null Punkte, wenn Sie einer Aussage gar nicht zustimmen,
  •   einen Punkt, wenn Sie unentschieden sind,
  •   zwei Punkte, wenn Sie generell zustimmen,
  •   drei Punkte, wenn Sie voll und ganz zustimmen.

Addieren Sie Ihre gesammelten Punkte, am Ende des Fragebogens fnden Sie dann die Auswertung.

Frage
1.Ich habe großes Interesse an Social Media und den Auswirkungen, die diese auf Unternehmen und die Gesellschaft haben. 
2.Wenn ich auf ein Ziel hinarbeite, gebe ich nicht so schnell auf. 
3.Ich arbeite gerne am Mac oder PC. 
4.Ich interessiere mich für die sozialen Medien und halte mich gerne in diesen auf. 
5.Ich gehe bewusst mit meinen Daten im Internet um. 
6.Ich probiere gerne neue Netzwerke und deren Möglichkeiten aus. 
7.Herausforderungen machen mir Spaß. 
8.Prozesse und Abläufe in Unternehmen interessieren mich. 
9.Ich kann gut selbstständig arbeiten. 
10.Ich behalte gut den Überblick. 
11.Ich bin flexibel. 
12.Ich mag Veränderungen. 
13.Ich kann die Konsequenzen von Veränderungen abschätzen. 
14.Ich habe Spaß daran, mit den unterschiedlichsten Personen zu kommunizieren. 
15.Ich arbeite gerne mit Menschen zusammen. 
16.Ich weiß, wie ich mir einen guten Ausgleich für den Beruf schaffen kann. 
17.Ich habe Spaß an Technik und Technologie. 
18.Ich vertrete meine Meinung, bin aber auch offen für Argumente. 
19.Ich kann gut auf andere Menschen eingehen. 
20.Ich kann meine Ideen gut visualisieren und beschreiben. 
21.Ich kann Fachwissen verständlich vermitteln. 
22.Rückschläge sind für mich kein Grund, aufzugeben, sondern Ansporn, es noch mehr zu versuchen. 
23.Ich traue mir zu, eine Strategie zu entwickeln und daran gemessen zu werden. 
24.Social Media sind mehr als Facebook. 
25.Ich traue mir zu, Präsentationen zu halten. 
26.Ich lerne gerne Neues dazu. 
27.Ich bin bereit dazu, mich in meiner Freizeit weiterzubilden und Branchenveranstaltungen zu besuchen. 
28.Ich kann mich gut selbst organisieren. 
29.Ich bin hin und wieder bereit dazu, Überstunden zu machen und zu außergewöhnlichen Zeiten zu arbeiten, wenn der Beruf es erfordert. 
30.Auch in Stresssituationen kann ich gut überlegte Entscheidungen treffen. 
31.Kritik sehe ich nicht negativ, sondern als Anstoß. 
32.Ich kann mich von Beleidigungen emotional distanzieren. 
33.Ich interessiere mich für Marketing und Kommunikation. 
34.Ich finde es spannend, wie Social Media Abläufe in Unternehmen unterstützen können. 
35.Wissensmanagement ist für mich kein Fremdwort. 
36.Eine gute Rechtschreibung und Ausdrucksweise gehören zu meinen Fähigkeiten. 
37.Ich löse gerne Probleme. 
38.Ich kann um die Ecke denken. 
39.Ich bin gerne kreativ. 
40.Ich brauche keine engen Handlungsvorgaben, um gute Ergebnisse zu erzielen. 
41.Ich bin in der Lage, Ziele auf Messwerte herunterzubrechen. 
42.Ich bin gegenüber meinem Arbeitgeber loyal. 
43.Ich kann Prioritäten setzen und mich an diese halten. 
44.Ich kann Gespräche moderieren. 
45.Ich kann große Aufgaben in kleinere Teile aufbrechen und nach Plan abarbeiten. 
46.Ich habe Spaß an der Bearbeitung von Videos und Grafiken 
47.Ich habe Spaß am Netzwerken. 
48.Ich bin ein offener Mensch. 
49.Gute Manieren sind für mich selbstverständlich. 
50.Wenn ich mich auf ein Projekt einlasse, bin ich mit Herzblut dabei. 
51.Ich kann gut in Teams arbeiten. 
52.Ich habe meine Emotionen unter Kontrolle. 
53.Ich habe keine Angst davor, meine Meinung vor dem Vorstand zu verteidigen. 
54.Ich kann mich in die Bedürfnisse anderer Personen hineinversetzen. 
55.Ich habe keine Angst vor Zahlen und Statistiken 

Auswertung

0 bis 30 Punkte: So wie es aussieht, passt der Beruf Social Media Manager*in nicht zu Ihnen oder es wird zumindest sehr anstrengend für Sie werden, wenn Sie diese Position anstreben.

30 bis 100 Punkte: Können Sie sich vorstellen, dass Sie Fragen, die Sie mit null oder einem Punkt beantwortet haben, in Zukunft höher bewerten? Dann könnte es sich durchaus für Sie lohnen, sich intensiver mit dem Berufsbild auseinanderzusetzen.

Mehr als 100 Punkte: Sie bringen offensichtlich gute Voraussetzungen für die Position Social Media Manager*in mit.

Community Engagement und die 90-9-1 Regel

Community Engagement und die 90-9-1 Regel

Eines der Grundprinzipien der Internetkultur wird in der Ein-Prozent-Regel oder auch 90-9-1-Prinzip zusammengefasst. Dieses Prinzip wurde im Jahr 2006 von Jacob Nielsen aufgestellt und sagt Folgendes aus:

  • Lediglich 1 % der Personen in einer Community produziert Inhalte (Creators).
  • Weitere 9 %, die Contributors, kommentieren, bearbeiten und teilen diese Inhalte.
  • Die restlichen 90 %, die sogenannten »Lurker«, schauen sich die Inhalte nur an.

Die erste größere, zahlengestütze Neuauflage der 90-9-1 Regel wurde in 2011 von dem Community Experten Paul Schneider vorgestellt[1].

Abbildung 1.1: Veränderte Verhältnisse der Aktivität

Im Gegensatz zu Nielsen rechnete Schneider die Karteileichen raus, also die Mitglieder, die sich nicht mehr auf der Plattform einloggten. Unter dieser Prämisse entstand die 70-20-10 Regel, also 70% Mitglieder, die nur konsumieren, 20% der Mitglieder, die reagieren und 10% an Mitglieder, die selbst aktiv Inhalte erstellen. Da schon in 2011 ein starker Trend in Richtung mehr aktiver Partizipation absehbar war, sagten unterschiedliche Akteure, wie zum Beispiel die Umfragen des Community Roundtables, eine Verschiebung der Verhältnisse bis zu 20-30-50 voraus. Spannend ist, dass diese Voraussage zwar für einzelne Netzwerke stimmen mag, das gros der Communitys aber bis heute zwischen Nielsen und Schneider zu verorten ist. Das gilt insbesondere dann, wenn daten- und nicht umfragegestützte Werte als Beurteilungsgrundlage genutzt werden.

Entwicklung des Aktivitätsniveaus in Communitys

Die Studie des Community Softwareanbieters Higher Logic aus 2020[2] zeigt, dass die Aktivität einer Community stark von der Größe abhängig ist. Während sich kleine Communitys näher an der 70-20-10 Regel verorten ließen, tendierten die großen Gemeinschaften, mit mehr als 50.000 Mitglieder mehr Richtung Nielsen. Im Detail konnte die Studie konnte folgende Werte in Abhängigkeit von der Größe des Netzwerkes nachweisen:

Anzahl Mitglieder< 50005.000 -50.000>50.000
Creatoren23%10%5%
Kontributoren10%10%5%
Lurker67%80%90%
Anzahl der Mitglieder in Abhängigkeit zu der Größe der Community

Fazit

Die 90-9-1 und 70-20-10 Regeln sind zwar fast zwei Jahrzehnte alt, die Prinzip dahinter eignet sich trotz Studien und Auswertungen, die Werte von 55-25-20[3] bis 95-4-1[4] nachwiesen, noch immer gut als grober Richtwert[5]

Sie müssen also immer davon ausgehen, dass lediglich ein Teil Ihrer Fans, Follower und Mitglieder überhaupt aktiv auf Inhalte in einer Community reagieren wird. Behalten Sie dies bei Ihren Zielen und Erwartungen immer im Hinterkopf. Darüber hinaus ist dieses Phänomen gar nicht so schlimm, wie es zunächst scheint. Aktive Mitglieder brauchen die Bühne und das Publikum, reaktive Mitglieder gute Inhalte, auf die sie reagieren können und mitlesende Mitglieder Inhalte, für die sie gerne in die Community kommen. Hier zählt wie so oft Qualität vor Quantität.


[1] https://customerthink.com/is_the_90_9_1_rule_for_online_community_engagement_dead_data/

[2] https://www.higherlogic.com/lp/2020-engagement-trends-report/

[3] Community Roundtable State of Community Umfrage

[4] Garfield, Stan Handbook of Community Management: A Guide to Leading Communities of Practice, Kapitel 11

[5] Eine sehr spannende Auswertung von mehr als 200 Communitys finden Sie hier https://community.khoros.com/t5/Khoros-Communities-Blog/The-90-9-1-Rule-in-Reality/ba-p/5463

Ein kleine Auswahl von weiteren Studien:

„A study of an online fashion community found that 0.3% of users were creators who contributed original content, 3.5% of users were curators who shared existing content, and 96.2% of users were passive observers. „Journal of Business Research, 2021 – „Creating, curating, or lurking? The roles of consumers in online fashion communities“ (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0148296320303446)

„A study of a popular social news and discussion website found that 0.08% of users created more than 50% of the posts, 1.29% of users created 20-50% of the posts, and 98.63% of users created fewer than 20% of the posts. „International Journal of Web Based Communities, 2019 – „Who are the ‚active users‘ on Reddit? A descriptive analysis of popular subreddits“ (https://www.inderscienceonline.com/doi/abs/10.1504/IJWBC.2019.098877)

„A study of a social network for academic researchers found that 1.8% of users were highly active contributors who created 70% of the content, 5.5% of users were moderately active contributors who created 20% of the content, and 92.7% of users were passive observers who made no contributions.“ PLoS ONE, 2019 – „Active contribution mediates the association between social isolation and subjective well-being: A study of Chinese academic researchers on social networking sites“ (https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0218786)

Die Psychologie hinter gutem Community Management

Die Psychologie hinter gutem Community Management

Warum Menschen in einer Community Mitglied werden und bleiben.

Menschen werden nicht Teil einer Community weil sie auf Folgen klicken, oder an einem Event teilnehmen. Was wirklich dazu führt, dass sich bei einem Individuum ein Gefühl von Zugehörigkeit und Identifikation, sowie die Bereitschaft einen Beitrag zu der Gruppe zu leisten, einstellt wird in der Psychologie als „Sense of Community“ beschrieben.
Dieses psychologische Konzept und die positive Auswirkungen auf Communitys On-wie Offline sind hundertfach empirisch belegt und gehören in den Werkzeugkoffer von guten Community und! Social Media Manager:innen. In diesem Beitrag finden Sie einen fundierten Überblick über die Grundprinzipien hinter dieser Theorie und wie wir diese im Community und Social Media Management anwenden können.

Definition Sense of Community

„Sense of Community“, zu Deutsch am ehesten „Gemeinschaftsgefühl“ oder „Gemeinsinn“, ist eine der zentralen Theorien in der psychologischen Disziplin der Community Psychologie*. Der „Gemeinsinn“ ist die Basis dafür, dass Individuen ihre eigenen Ressourcen in den Dienst ihrer Community stellen und sich aktiv für deren Belange engagieren.

Als erster definierte Seymour Sarason den Begriff in 1974[1]. Sarason schrieb dem „Sense of Community“ die folgende Sammlung aus Wahrnehmungen und Verhaltensabsichten zu:

  • Wahrnehmung der Ähnlichkeit zu anderen,
  • Anerkennung einer wechselseitigen Abhängigkeit,
  • Bereitschaft, diese Abhängigkeit dadurch aufrechtzuerhalten, dass man sich gemäß der Erwartungen und Regeln der Gemeinschaft verhält
  • Das zentrale Gefühl Teil einer größeren, verlässlichen und stabilen Struktur zu sein

Aus dieser recht mechanischen Definition entwickelten die Wissenschaftler McMillian und Chavis in 1986[2] eine bedürfnisorientierte Variante. Demnach ist Gemeinsinn geprägt durch

  • Ein Gefühl der Zugehörigkeit der Mitglieder
  • Das Gefühl, dass die Individuen füreinander und für die Gruppe insgesamt von Bedeutung sind und
  • Ein geteiltes Vertrauen darauf, dass die individuellen Bedürfnisse durch die Festlegung auf die Gemeinschaft befriedigt werden.

Auf Basis dieser Definition beschreiben McMillian und Chavis vier Voraussetzungen für die Entstehung und Beständigkeit von Gemeinschaftsgefühl.

Die vier Eckpfeiler von Sense of Community

Die vier zentralen Komponenten für einen „Sense of Community“ sind:

  1. Mitgliedschaft
  2. Einfluss
  3. Integration und Bedürfnisbefriedigung
  4. Emotionale Verbundenheit

Um wirklich einen Gemeinsinn zu schaffen, müssen alle vier Komponenten erfüllt sein. Dabei stehen die Komponenten in keiner Hierarchie und verstärken sich gegenseitig. Im Folgenden erkläre ich alle vier Faktoren und wie Sie diese als Community Manager:in um- und einsetzen können.

Mitgliedschaft – Das Gefühl Teil von etwas zu sein

Mitgliedschaft beschreibt das Gefühl von Zugehörigkeit, also Teil von etwas zu sein und auch dahin zu gehören. Mitgliedschaft hat wiederum fünf Merkmale, an dem Individuen selbige festmachen.

  1. Grenzen
    Unter welchen Voraussetzungen wird ein Individuum Mitglied und wie werden Außenseiter definiert und „rausgehalten“.
  2. Emotionale Sicherheit
    Wenn sich Mitglieder in einer Community öffnen und über Dinge sprechen können, die sie überall sonst nicht ansprechen würden, stärkt das die Bindung an die Community.
  3. Ein Gefühl von Zugehörigkeit und Identifikation
    Mitglieder haben das Gefühl in die Gruppe zu gehören und dass es „ihre“ Community ist. McMillan betonte in in seiner Aktualisierung der Sense of Community-Theorie in 1996er[3] den Faktor “Ähnlichkeiten” als einen der wichtigsten Dynamiken in Communitys. Diesen verstärkten Fokus führte er auf eine Reihe von Studien zurück, die deutlich zeigten, dass die Wahrgenommene Ähnlichkeit zu anderen und Homogenität einer Gruppe zu mehr Bindung und Interaktion führte.
  4. Persönliches Investment
    Wenn Menschen ihre Ressourcen in die Community einbringen, verstärkt das den Gemeinsinn
  5. Ein gemeinschaftliches System aus Symbolen
    Gemeinschaftliche Symbole oder Erkennungsmerkmale, wie zum Beispiel Dialekt, Mannschaftstrikots, oder ein bestimmtes Farbsystem verstärken das Community-Gefühl.

5 Tipps, wie Sie das Gefühl von Mitgliedschaft verstärken

  • Fokus! Definieren Sie Ihr Wunsch Mitglieder so nieschig wie möglich. Verabschieden Sie sich von dem Konstrukt Zielgruppe, erstellen Sie Personas und versetzen Sie sich mit einer Empathy Map in die Schuhe Ihrer Mitglieder.
  • Exklusivität. Stellen sich sicher, dass die Mitglieder in Ihrer Community gut zueinander passen. Definieren Sie Einstiegshürden, statt möglichst schnell zu wachsen. Je exklusiver die Community, desto begehrenswerter ist es Teil der Community zu werden und umso größer ist der Stolz Mitglied der Community sein dürfen.
  • Finden Sie raus welche gemeinsamen Symbole Ihre Community hat. Ob Sprachstil, Bilder, Humorstil – finden Sie raus welche Symbole Ihre Community teilt und machen Sie diese in der Community sichtbar. Ganz egal ob in der Farbgebung, einer besonderen Begrüßungsformel für Neumitglieder oder Insider-Witzen. Der Account Agentur Boomer lebt beispielsweise von den Insider Witzen rund um das Agenturleben mit Boomern.
  • Lassen Sie Ihre Mitglieder „investieren“. Auch hier hilft Ihnen ein Grundprinzip der menschlichen Psyche – je mehr wir in eine Community investieren, desto eher schwerer können wir uns von dieser verabschieden. Das beginnt schon ganz beim Registrierungsprozess. Verwandeln Sie diesen in eine Bewerbung, haben die Mitgliedern, die aufgenommen werden, gleich ein höheres Commitment.
  • Schaffen Sie Raum für Verletzlichkeit. Ein ganz einfaches psychologisches Prinzip – wenn ich mich Menschen gegenüber öffne und Unterstützung bekomme, dann fühle ich mich verbundener mit diesen. Gehen Sie hier mit gutem Beispiel voran. Erzählen Sie von Sich, teilen Sie Erfahrungen und vor allem achten Sie darauf, dass tiefe Einblicke in der Community respekt- und liebevoll behandelt werden. Wie Sie für eine gute Tonalität in Communitys sorgen, lesen Sie hier.

Exklusive Nische leicht gemacht – die Merkmal Methode von Ramit Sethi
Ramit Sethi, Autor und Marketingexperte hat eine sehr einfach Möglichkeit entwickelt, mit der Sie sehr galant Ihre Nische bestimmen und immer weiter eingrenzen können.

Machen Sie eine Liste der wichtigsten Merkmale Ihrer Zielgruppe oder idealerweise Persona. Das können demographische Merkmale wie “weiblich“, sozioökonomische Merkmale wie „in Elternzeit“, Verhaltensbezogene Merkmale wie „ist gerade Mutter geworden“ oder psychographische Merkmale[4] wie „erzieht Bindungsorientiert“ sein.

Sortieren Sie die Liste der Merkmal von den wichtigsten (im Sinne von „am prägnantesten“) zu dem unerheblichsten.
Setzen Sie jetzt die beiden wichtigsten Merkmale in die folgende Formel ein:

[Merkmal 1] + [Merkmal 2] [die Lösung / den Mehrwert, den Sie anbieten] brauchen.

Dabei rauskommen könnte zum Beispiel:
Mutter, die bindungsorientiert erziehen möchte und deswegen unsere Community braucht.

Um die Nische enger zu gestalten, nehmen Sie einfach ein weiteres Merkmal hinzu.
Beispiel: Mutter, die ihr erstes Kind bekommen hat und bindungsorientiert erziehen möchte und deswegen unsere Community braucht.  

Einfluss – das Gefühl etwas bewirken zu können

Die zweite Voraussetzung für „Sense of Community“ ist Einfluss, also das Gefühl in der Community etwas bewirken zu können. Dahinter steht das Bedürfnis dass das eigene Verhalten durch andere Mitglieder der Community validiert wird. Damit das passieren kann, müssen Sie Ihren Community Mitgliedern die Möglichkeiten geben sich einzubringen und zu zeigen.  
Natürlich kann, möchte und wird nicht jedes Mitglied etwas für die Community zu tun. Das ist gar nicht notwendig, denn in den meisten Communitys hat nur ein Teil der Mitglieder die Ambition dazu. Dennoch ist es wichtig, dass Sie den Mitgliedern das Gefühl geben etwas tun zu können, wenn sie es denn wollen würden.

Fünf Tipps, wie Sie das Gefühl von Einfluss verstärken

  • Machen Sie transparent, wie sich Mitglieder einbringen können.
    Schon beim Onboarding muss klar sein, ob und wenn ja wie ein Mitglied einen Beitrag zu der Community leisten kann. Einfache Möglichkeiten sind hier die Einladung zu einer Vorstellung in der Community oder einen Gastbeitrag für das Blog, ein Leitfaden, wie Mitglieder eine gute Rezension für die Community schreiben oder die gezielte Einladung in eine Diskussion.
  • Zeigen Sie Ihren Mitgliedern, dass Sie gehört werden.
    Jeder Beitrag in der Community muss eine Rückmeldung erfahren und sei es nur durch ein „Gefällt mir“, ein „Danke“ oder ein Herz-Emoji wenn es zu der Community-Sprache passt.
  • Geben Sie Mitgliedern die sich einbringen Verantwortung. Beispiele sind hier (ehrenamtliche) Moderationstätigkeiten oder das frühzeitige Einbeziehen in die Weiterentwicklung der Community.
  • Holen Sie Ihre Mitglieder auf die Bühne! Heben Sie gute Beiträge besonders hervor, machen Sie Interviews mit Mitgliedern, machen Sie Veranstaltungen mit Ihren Expert:innen oder gratulieren Sie zu großen Ereignissen. Lassen Sie die Mitglieder Ihren Einfluss in der Community spüren!  
  • Beziehen Sie Ihre Community in Entscheidungen mit ein. Diskutieren Sie Veränderungen mit der Community und lassen Sie demokratisch abstimmen. Wichtig! Holen Sie die Mitglieder, die überstimmt wurden empathisch ab.

Integration und Bedürfnisbefriedigung – die Synergie der Bedürfnisse von Individuum und Community

Wenn sich ein Individuum mit den Werten und Zielen einer Community identifizieren kann und davon ausgeht, dass es mit dieser die persönlichen Ziele besser erreichen kann, ist es auch gewillt seine Ressourcen in die Gemeinschaft einzubringen.

Demnach ist ein weiterer wichtiger Faktor für die Mitgliedschaft und Aktivität in einer Community ist, dass das Individuum sich davon die Erfüllung von Bedürfnissen erwartet. Chavis & McMillian nutzen den Begriff „Bedürfnis“ hier nicht nur im Sinne von Grundbedürfnis, sondern im Hinblick auf emotionale, soziale und Wachstumsbedürfnisse. Was ein Mitglied zur Erfüllung der eigenen Bedürfnisse braucht ist ganz unterschiedlich. Bei manchen Mitglieder werden diese

  • durch einen gewissen Rang oder Status innerhalb der Community erfüllt,
  • durch das gemeinsame Arbeiten an einem Ziel erfüllt,
  • durch eine wahrgenommene, höhere Kompetenz der anderen Mitglieder erfüllt oder,
  • durch den Austausch mit anderen Mitgliedern erfüllt, oder sogar
  • allein durch die Mitgliedschaft in der Community erfüllt.

Ein weiterer wichtiger Faktor für Integration und Bedürfnisbefriedigung ist die Wechselseitige, vorteilhafte Beziehung zwischen Individuum und der Gruppe. Voraussetzung dafür ist eine gemeinsame Zielsetzung und eine überwiegende Übereinstimmung von Werten  und Vorstellungen.

Fünf Tipps, wie Sie mehr Integration und Bedürfnisbefriedigung erreichen

  • Setzen Sie sich mit den Bedürfnissen Ihrer Zielgruppe auseinander! Wenn Sie verstehen, an welchem Punkt Sie die Bedürfnisse Ihrer Zielgruppe mit Ihren Communityzielen zusammen bringen können, haben Sie die Grundlage für eine erfolgreiche Community.
  • Bringen Sie spannende Menschen zusammen. Ob die klügsten Expert:innen in einer Branche, die Überflieger:innen in Ihrem Unternehmen, oder Menschen, die Ikonen in Ihrem Bereich sind. Allein die Ehre mit diesen Persönlichkeiten in einer Community sein zu dürfen, ist für ein paar Menschen ausreichender Anreiz. Andere möchten von diesen Leuchttürmen lernen.
  • Die Herausforderung an dieser Stelle ist die Leuchttürme in Ihrer Community zu halten. Ganz wichtig ist hier der Faktor Wertschätzung. Seien Sie für diese Mitglieder da, versuchen Sie wertstiftende Kontakte zu anderen zu schaffen. Bieten Sie diesen eine Bühne, appellieren Sie durch ein Mentoring-Programm an Ego wie Altruismus, etablieren spezielle Programme für diese Nutzer, oder sorgen Sie mit Ranglisten oder Wettbewerben dafür, dass Sie ihr Wissen (und für manche Persönlichkeitstypen ihre Überlegenheit) zeigen können.  Instagram hat nicht nur als ersten Mitarbeiter einen Community Manager eingestellt, sondern auch von Beginn an ganz besonders viel Wertschätzung für die großen und kleinen „Stars in der Community“ gezeigt.
  • Setzen Sie der Community Ziele, die sie gemeinsam erreichen kann – ob im Großen, oder im Kleinen. Feiern Sie Ihre Erfolge mit der Community. Ein wunderbares Beispiel ist hier der WOL #Frauenstärken Initiative. Sowohl in den Circlen selbst, als auch in der großen Community.
    Eine Collage zum Abschluss von WOL Frauenstärken
  • Machen Sie deutlich, welche Werte Ihre Community vertritt! Je ähnlicher die Werte von Gruppe und Individuum sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mitglied Erfüllung findet. Halten Sie die Werte Ihrer Community zum Beispiel in Ihren Guidelines fest. Ein Muster und den Hinweis auf mehrere gute Beispiele habe ich Ihnen an dieser Stelle zusammengestellt.  

Emotionale Verbundenheit – das Herzstück wahrer Communitys

Emotionale Verbundenheit ist laut McMillian & Chavis das „Herzstück wahrer Communitys“ und gleichzeitig eines der stärksten Bindungselemente. Emotionale Verbundenheit entsteht nicht von heut auf Morgen, sondern auf einer Basis einer gemeinsamen Geschichte des Individuums mit der Community. Dabei sind es die vielen kleinen Interaktionen, die gemeinsamen Erlebnisse und Erfahrungen, die ein Mitglied in und mit der Community macht, die emotionale Verbundenheit schaffen.

Natürlich gibt es Communitys, in denen sich das Individuum von Beginn an Zuhause fühlt, eben weil das Leben / die persönliche Gesichte der Mitglieder von sehr ähnlichen Erfahrungswerten geprägt ist. Aber dieser emotionale Vorschuss reicht für eine dauerhafte Bindung nicht aus.

McMillian & Chavis haben sieben wichtige Faktoren für emotionale Verbundenheit definiert.

  1. Die Kontakt Hypothese: Je häufiger Menschen miteinander interagieren, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie einander mögen und eine Bindung zueinander aufbauen.
  2. Qualität der Interaktion: Je „wertvoller“ und bedeutungsvoller die Interaktion in der Gruppe von den Mitgliedern bewertet wird, desto besser. 
  3. Abschluss von Ereignissen / Prozessen: Ziellose oder sinnlose Interaktion und Aufgaben / Prozesse ohne Abschluss stören Bindungsprozesse in der Gruppe.
  4. Hypothese der geteilten bedeutsamen Ereignisse: Je wichtiger ein Ereignis für die Gruppe ist, desto mehr stärkt das gemeinsame Erleben oder „Durchstehen“ das Gefühl emotionaler Verbundenheit.
  5. Investment: Je mehr Zeit und Energie ein Mitglied in die Community gesteckt hat, desto stärker ist die Verbundenheit
  6. Der Effekt von Ehre und Demütigung: Ein Community Mitglied, dass vor anderen Mitgliedern für etwas gelobt oder geehrt wurde, fühlt sich mehr zu dieser hingezogen. Umgekehrt fühlt ein Mitglied, dass vor der Community gedemütigt oder beleidigt wurde.
  7. Spirituelle Verbindung: McMillian & Chavis hatten selbst Schwierigkeiten diesen Faktor adäquat zu beschreiben, aber ich möchte behaupten, dass das Gefühl jeder von uns kennt. Es ist dieser Moment, wenn Sie einen Menschen kennenlernen und denken „ich kenne Dich von irgendwoher“. Eine direkte Verbundenheit, ein tiefes gegenseitiges Verständnis und ein gutes Gefühl in der Zeit, die wir mit dieser Person verbringen. Genau dieses Gefühl beschreibt eine spirituelle Verbindung.  

Fünf Tipps, für mehr emotionale Verbundenheit

  • Schaffen Sie Raum für Interaktion. Je häufiger Ihre Mitglieder die Gelegenheit haben miteinander zu interagieren, desto mehr Chancen für wachsende Verbundenheit gibt es. Interaktion können Sie ganz einfach erhöhen, indem Sie zum Beispiel regelmäßig interessante Diskussionen anstoßen, Mitglieder auf relevante Diskussionen hinweisen, Events veranstalten, Mitglieder einander vorstellen und neue Mitglieder strukturiert in die Community einführen.  
    Die Arbeit der global digital women über alle Kanäle und Veranstaltungen hinweg, sind ein gutes Beispiel für das gesamte Repertoire der Möglichkeiten.
  • Lassen Sie hitzige Diskussionen in Ihrer Community zu, aber kümmern Sie sich darum, dass diese einen wertschätzenden Abschluss finden. Insbesondere Mitglieder mit einer starken emotionalen Verbundenheit und einem hohen Invest in die Community, sorgen für die emotionalsten und damit potentiell „gefährlichsten“ Diskussionen. Nehmen Sie diese Mitglieder ernst, hören Sie zu und versuchen Sie zu vermitteln. Das schlimmste was Sie tun können ist diese Mitglieder oder die Konflikte zu ignorieren. Das untergräbt nicht nur die emotionale Verbundenheit dieser Mitglieder, sondern kann potentiell eine Community sprengen.
  • Menschen sehen sich nach Verbindung zu anderen. Ein Weg Verbindung zu schaffen ist, mehr über den anderen zu erfahren und mehr über uns preiszugeben. Sorgen Sie deswegen auch in professionellen Communitys dafür, dass es Raum für Persönlichkeit gibt. Beispiele wären der berühmt berüchtigte Off-Topic Bereich, Fragen zu denen die Community Ihre persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse einbringen können.
  • Loben Sie Mitglieder öffentlich für positive Beiträge in der Community. Achten Sie auf eine gute Tonalität in Ihrer Community, damit niemand öffentlich vorgeführt wird.
  • Fördern Sie Verbindungen in Ihrer Community. Ermöglichen Sie den Mitgliedern Ihre „Soulmates“ zu finden. Finden Sie Gelegenheiten für 1:1 Gespräche oder Unterhaltungen. Gestalten Sie die Community so, dass sich Menschen mit ähnlichen Interessen finden. Seien Sie aktiv in Ihrer Community. Unterhalten Sie sich mit Ihren Mitgliedern, finden Sie heraus wie diese „ticken“. Stellen Sie Mitglieder einander vor, die viele Gemeinsamkeiten haben.

Wenn Sie es schaffen in Ihrer Community den „Sense of Community“ zu etablieren, haben Sie als Community Manager:in die beste Basis für dauerhafte Aktivität, gesundes Wachstum und eine gute Kultur gelegt.

Dieser Beitrag ist eine Kurzversion eines Abschnitts aus dem Kapitel „Die Psychologie hinter Community Management“ aus meinem Buch „Community Manager*in„, das im Herbst im Rheinwerk Verlag erscheint.

* Was ist „Community Psychology“?
Community Psychology, in Deutschland unter dem Begriff Gemeindepsychologie geläufig,  ist eine angewandte Teildisziplin der akademischen Psychologie. Die Disziplin befasst sich mit dem Handeln und Erleben von Individuen in ihren Communitys, wohl im räumlich als auch sozial definiertem Kontext, befasst.
Gemeindepsychologie ist ein relativ junges Feld und hat sich erst Ende der 60er Jahre in den USA etabliert. Das Ziel von Community Psychology ist die Beschreibung, Vorhersage und Erklärung der komplexen Beziehungen, Einflüsse und Spannungsverhältnisse zwischen dem einzelnem Individuum und ihren jeweiligen Communitys. Die zentrale Analyseeinheit ist dabei die „Person im Kontext“.
Gegenstand der Untersuchung sind

– Communitys im Lokal-administrativen Kontext: Eine lokal beschränkte, administrative Einheit im Sinne einer Gebietskörperschaft wie zum Spiel eine Kommune oder eine Stadt.
– Sozial-relationalen Kontext: Eine soziale Gruppe, wie zum Beispiel der Kirchenchor, oder eben auch eine Online-Community

Insgesamt leistet die Community Psychology einen Beitrag zur Lösung sozialer und praktischer Probleme in Communitys. Da die Untersuchung von menschlichem Verhalten und psychologischen Wechselwirkungen im Vordergrund steht, lassen sich viele Erkenntnisse auch auf Online Communitys übertragen.


[1] Sarason, S. B. (1974). The psychological sense of community: Prospects for a community psychology. San Francisco: Jossey-Bass.

[2] Chavis, David, McMillian, David; Sense of Community: A Definition and Theory January 1986, Journal of Community Psychology 14(1):6-23 https://www.researchgate.net/publication/235356904_Sense_of_Community_A_Definition_and_Theory

[3] McMillian, David, Sense of Community 1996, Journal of Community Psychology

[4] Einen ganz wunderbaren Artikel über die Bedeutung von psychografischen Merkmalen finden Sie hier https://hbr.org/2016/03/psychographics-are-just-as-important-for-marketers-as-demographics.

Der Unterschied zwischen Community und Social Media

Der Unterschied zwischen Community und Social Media

Der Begriff Community wird aktuell inflationär eingesetzt. Einerseits freut mich das sehr, denn für mich war Community schon immer der Inbegriff von Social Media. Auf der anderen Seite ist es wichtig, die Unterschiede zwischen Community und Social Media (Management) deutlich zu definieren. Durch eine klare Definition wird nämlich greifbar, warum eine echte Community die Königsdisziplin in Social ist.

Was Communitys mit Konzerten zu tun haben

Ich erkläre den Unterschied von Social Media und Community immer gerne mit einem Konzert Beispiel.

„Social Media ist das Publikum, Community ist der harte Kern“

Stellen Sie sich vor, Sie besuchen ein Konzert Ihrer Lieblingsband. Die Band kommt auf die Bühne, liefert Impulse, bestimmt den Takt und die Euphorie im Publikum.

Ein Großteil der Zuschauenden hat dabei den Blick nach vorne gerichtet und hängt an den Lippen ihren Stars. Dabei konzentrieren sich diese Menschen auf sich selbst und vielleicht noch die Menschen mit denen sie vor Ort sind. Interaktion mit Dritten (Gerempel, Blicke) findet zufällig, flüchtig und ohne großartige Intention statt. Wenn die Band nach der Zugabe die Bühne verlässt, geht die Zuschauerschaft genauso anonym wie vorher auseinander. 

Dieser Teil des Publikums ist zwar Teil einer großen Menge, aber fühlt weder Identifikation oder Zugehörigkeit mit dem Rest. Diese Menschenmenge entspricht der klassischen Fan- und Followergemeinschaft in Social Media.

Vorne im eingezäunten Bereich dagegen sammeln sich die härtesten Fans der Band, die in Gruppen anreisen, teilweise Tage vor dem Einlass vor der Konzerthalle campieren, und sich auch abseits der Konzerte rege austauschen. Natürlich sind ist dieser Teil des Publikums auch wegen dem was auf der Bühne passiert hier. Der Unterschied liegt in drei Aspekten.

  • Die Band auf der Bühne ist nur ein Teil des Erlebnisses. Die besondere Atmosphäre und die nachhaltigen Erinnerungen entstehen aufgrund der bewussten Interaktion mit den anderen Menschen. Die gemeinsame Fahrt zu dem Konzert, die Wartezeit in der kollektiv die Lieblingslieder gesungen werden, zusammen vor der Bühne zu tanzen und zu schunkeln.  
  • Wer in diesem Teil des Publikums steht, weiß genau, dass für die Menschen um einen herum das „Fan dieser Band sein“ Teil der Identität ist. Diese Gemeinsamkeit führt direkt zu einem Gefühl der Zugehörigkeit. Es entstehen Gespräche und Kontakte, ohne dass die Band irgendwas dafür tun muss.
  • Wenn die Band Ihren Auftritt beendet hat, gehen die Gespräche und die Interaktion weiter. Es werden Erinnerungen über das Konzert ausgetauscht, die nächsten Besuche geplant und all das ohne dass die Band Impulse setzen muss.

Dieser harte Kern ist die Community, der nicht nur reagiert und konsumiert, sondern aktiv Dialoge und Beziehungen initiiert, sowie durch ein Gefühl der Zugehörigkeit geprägt ist.  

Dass Unternehmen und Personen ein Publikum und damit Aufmerksamkeit und Reichweite haben möchten, ist ein valides Ziel für eine erfolgreiche Social Media Strategie.
Aber wenn ohne stetige Anstöße durch den Gastgeber einer Präsenz kein Austausch zwischen den Menschen in diesem Publikum stattfindet, ist es eben keine echte Community.

Was meinen Sie dazu?

Best Practice für Social Media ohne oder mit kleinem Budget

Best Practice für Social Media ohne oder mit kleinem Budget

In meinen Social Media Workshops und Schulungen kommt immer wieder die Frage auf, wie ein gutes Social Media Engagement mit kleinem Budget funktionieren kann. Dieser Artikel liefert Antworten und stellt die Grundprinzipien für eine möglichst kosten- und personaleffiziente Social Media Arbeit vor. Darüber hinaus werde ich ein paar gute Beispielen vorstellen, die mir selbst begegnet sind, oder auf die ich von meinem großartigem Netzwerk hingewiesen wurde. Ihnen fallen noch andere gute Beispiele oder Tipps und Tricks ein? Dann freue ich mich über einen Kommentar mit Link(s) zu dem Auftritt! Darüber hinaus werde ich die Liste selbst regelmäßig erweitern.  

Social Media – das kostet doch nix!?

Noch immer ist der Irrglaube weit verbreitet, dass Social Media kostenlos wäre und deswegen kein Budget notwendig ist. Das dem mitnichten so ist, fällt spätestens dem Mitarbeiter auf, der neben seiner eigentlichen Aufgabe noch mal eben den Facebook Kanal „wuppen“ soll. Kann ja nicht so schwer sein – oder etwa doch? Mal ganz abgesehen davon, dass ein Social Media Engagement ohne Strategie irgendwo zwischen risikoreich bis ineffizient rangiert, ist der Zeitaufwand für sorgfältige Social Media Arbeit nicht zu unterschätzen. Deswegen ist es essentiell wichtig, dass jedes Social Media Engagement zumindest eine grundlegende Strategie (Ziele, Zielgruppe und Inhalte), sowie ein angemessenes, festes (!) Zeitkontingent hat.
Das zwischen diesem Anspruch und der Realität manchmal Welten liegen, ist leider Alltag und hat oftmals mehrere Auswirkungen:
 

  1. Beiträge, die keinen Mehrwert für die Nutzer bieten und/oder nichts mit den Zielen des Unternehmens/der Organisation zu tun haben
  2. Eine entsprechend schlechte „Performance“ eben dieser Beiträge und keine Möglichkeit zu zeigen, dass man einen Beitrag für das Unternehmen leistet
  3. Ein Infrage stellen der Social Media Arbeit, weil diese ja „nix bringt“
  4. Frust bei dem verantwortlichen Mitarbeiter, der im schlimmsten Fall den Kanal Social nur als Belastung empfindet, was sich wiederum in den Beiträgen wiederspiegelt

Kurzum, es wird Zeit für ein Engagement aufgewandt, dass die besten Voraussetzungen zum scheitern hat.

Social Media mit kleinem Budget – ein pragmatischer Ansatz

Was also tun, wenn Sie sich in genau dieser Situation befinden? Zunächst einmal kann ich Ihnen die Gewissheit geben – Sie sind nicht allein! Das macht es nicht unbedingt besser, hat aber den Vorteil dass es viele andere Social Media Manager da draußen gibt, die vor den gleichen Herausforderungen stehen und dafür Wege gefunden haben. Genau diese kleinen Tricks und Kniffe möchte ich Ihnen im Folgenden vorstellen.

Egal was Sie tun, tun Sie es mit Strategie!

Gerade wenn die Ressourcen knapp sind, ist eine grundlegende Strategie Gold wert. Denn nur wer das Ziel vor Augen hat, kann möglichst effizient darauf hinarbeiten. Eine Strategie für Social Media beginnt mit der Definition Ihrer Personas!

Marketing Basic: Was ist eine Persona?

Personas sind untersuchungsbasierte archetypische Repräsentanten der eigenen Zielgruppe. Eine Persona wird charakterisiert durch soziodemografische Daten, angereichert durch psychografische Merkmale und eine Betrachtung des Kaufverhaltens.

Personas sind repräsentative und möglichst realitätsnähe Prototypen Ihrer Zielgruppen, die Ihnen dabei helfen, eine bessere (Content-)Strategie zu erarbeiten. Der Fokus liegt dabei über die sozio-demographischen Merkmale hinaus vor allem auf dem Thema Bedürfnisse. Die wichtigste Frage für Sie und Ihr Engagement kann man dabei wie folgt zusammenfassen: „Welche Bedürfnisse, Schmerzpunkte und Ziele hat meine Persona und wie können wir ihr dabei helfen sich „besser zu fühlen“?  

Im Vergleich zur Bestimmung von Zielgruppen ist das Ausarbeiten von Personas deutlich aufwendiger. Dieser Aufwand wird jedoch mit einem besseren Verständnis von Ihren Zielpersonen, dadurch relevanteren Inhalten für diese und somit mehr Erfolg für Ihr Engagement belohnt. Ein kostenloses Template für die Entwicklung einer Social Media Persona finden Sie hier. Wenn Sie mein Buch vorliegen haben, finden Sie die Beschreibung dazu in Kapitel 6.3. . Darüber hinaus finden Sie zum Beispiel bei Hubspot unter https://academy.hubspot.com/examples?Tag=Buyer+Persona mehrere Best-Practice-Beispiele für Personas.   

Wenn Sie genau wissen, was Ihre Personas interessiert, können Sie die Ziele angehen. Ziele im Bereich Social Media sind so individuell wie die Situation des betrachteten Unternehmens / der Organisation. Aus diesem Grund gibt es hier keine allgemeingültigen Empfehlungen, mit welchem Ziel Sie starten sollten. Grundsätzlich gilt: Ziele im Bereich Social Media müssen auf die Unternehmensziele und die davon abgeleiteten Kommunikationsziele einzahlen. Darüber hinaus müssen die Ziele den Bedürfnissen der Kunden zuträglich und mit den vorhandenen Ressourcen umsetzbar sein. Besonders der letzte Nebensatz ist für diesen Artikel wichtig. Das Ziel tausende von Fans auf X Kanälen tag täglich mit viralen Inhalten zu begeistern, ist ohne dezidiertes Zeit- und Geldbudget schlicht unrealistisch. Um ein Gefühl für das machbare zu bekommen, ist der Austausch mit Branchenkollegen immer Gold wert. Deswegen kann ich Ihnen den BVCM und die zugehörigen (auch für Nicht-Mitglieder) kostenlosen Stammtische sehr ans Herz legen. Wie Sie gute Social Media Ziele und vor allem auch gute KPI (Key Performance Indicator = Zielerreichungsindikatoren) bestimmen, habe ich Ihnen in diesem Artikel erläutert

Wenn Sie Ihre Personas kenne und wissen welche Ziele Sie mit Ihrem Social Media Engagement erreichen möchten, gilt es in einem finalen Schritt Ihre Inhalte zu bestimmen. Wer mein Buch und meine Arbeit kennt, weiß dass ich an dieser Stelle mit dem Story Circle von Mirko Lange arbeite. Und genau das möchte ich Ihnen empfehlen, denn dieses logische Gerüst hilft Ihnen dabei Ihre Personas mit den Zielen Ihres Unternehmens / Ihrer Organisation zusammen zu bringen. Meine Empfehlung dabei ist, binden Sie die Kolleg:innen mit ein. Richten Sie einen Workshop aus, in dem Sie die Personas vorstellen und dann von dort aus Schritt für Schritt durch den Kreis wandern. So bekommen Sie viele zusätzliche Ideen und direkt mehr Bereitschaft auch im Nachgang zu unterstützen (Mitarbeit weckt immer Verbundenheit). 

Wenn Sie Ihre Strategie fertig haben, haben Sie den allerbesten Grundstein für ein erfolgreiches Social Media Engagement geschaffen – völlig unabhängig vom Budget! 

Redaktionsplanung ist das A und O

Sich jeden Tag aufs neue zu fragen, was für ein Beitrag denn online gehen soll, ist nicht nur anstrengend, sondern auch ineffizient. Natürlich lassen sich Social Media Beiträge nicht minutiös für Monate im voraus planen, aber es hilft enorm ein Grundgerüst zu erstellen. Setzen Sie sich dafür einmal im Monat, idealerweise mit Kollegen, hin und erstellen Sie eine Übersicht für:

  • Wichtige Termine von dem Messeauftritt bis hin zu Feiertagen
  • Geplante Texte und Materialen für „andere Kanäle“ (siehe auch Punkt „Synergieeffekte nutzen).
  • Eine Auswertung der Beiträge des Vormonats um zu verstehen: was hat funktioniert, was nicht?

Dazu kommen zwei Übersichten, die Sie kontinuierlich pflegen und nutzen:

  1. Tragen Sie die Schmerzpunkte, Bedürfnisse und Interessen Ihrer Zielgruppe, die Sie im Zuge der Personadefinition ermittelt haben, in Form einer Stichwortliste zusammen. So haben Sie bei der Redaktionsplanung stets im Blick, was für Ihr Publikum relevant ist.
  2. Legen Sie einen Ideenspeicher an. Ob eine Notiz auf dem Handy, eine lokale Textdatei auf Ihrem Rechner, ein geheimes Board auf Pinterest, oder eine Liste in Evernote – schaffen Sie einen Ort an dem Sie spontane Ideen für Inhalte sammeln können.

Auf Basis dieser Listen und Übersichten ist es wesentlich einfacher und schneller Beiträge für Ihre Zielgruppen zu entwerfen. Dabei gilt – Qualität vor Quantität! Verfassen Sie lieber einen Beitrag weniger, als einen der keinerlei Mehrwert für Ihre Anspruchsgruppe hat. 

Die besten Beiträge tragen Sie dann in Ihren Redaktionsplan ein, damit Sie genau wissen wann welcher Beitrag online geht. Sehr Empfehlen kann ich Ihnen hier die Redaktionsplanvorlage von Rita Löschke.

Der weitere Vorteil eines guten Redaktionsplanes ist, dass Sie Ihre Beiträge für die Woche vorauszuplanen und automatisch veröffentlichen lassen können. Facebook bietet dafür z.B. eine eigene Funktion, für andere Netzwerke müssen Sie auf externe Tools zurückgreifen. Beispiele dafür stelle ich Ihnen unter „nützliche Tools“ noch vor. Diese Vorgehensweise spart Ihnen Zeit und sichert ab, dass Sie keinen Veröffentlichung verpassen.

Wichtig ist dabei jedoch, dass Sie die Beiträge an die jeweiligen Netzwerke anpassen. So fällt mir z.B. immer direkt auf, wenn ein Beitrag für Instagram auf Facebook veröffentlicht wird, da die vielen Hashtags hier – zumindest bisher – kontraproduktiv sind. Darüber hinaus befreit die Automatisierung natürlich nicht von der Pflicht, die Reaktionen auf Ihre Beiträge im Auge zu behalten. Dazu sollten Sie das aktuelle Geschehen im Auge behalten, um unpassende Beiträge zu vermeiden.

Kollegen mit einbinden

Ob ein Foto von dem Bürohund, oder ein Video von dem engagierten Praktikanten mit Ambitionen zum Youtube Star, oder ein Interview mit der Referentin, die eh gerade bei Ihnen im Hause ist – überlegen Sie, wie Sie Ihre Kollegen und Partner auf spielerische Weise in die Kreation von passenden Inhalten mit einbeziehen können. Diese Einblicke in den Alltag, idealerweise mit Gesichtern und Persönlichkeiten, funktionieren oft sogar besonders gut.   


 

 

  Bei Nexible werden die Kollegen aktiv in die Social Media Arbeit eingebunden. 

Den im Bild gezeigten Blogbeitrag zum Hintergrund finden Sie hier

Ein schönes Beispiel für diese Methode finden Sie bei Nexible, die mit Ihrer Arbeit in den sozialen Medien einen Einblick in das Unternehmen geben und etwas gegen das verstaubte Image von Versicherungen tun möchten. Der Weg dahin führt über die aktive Einbindung sämtlicher Mitarbeiter, die über Instagram Ihren Arbeitsalltag dokumentieren dürfen und sollen. So bekommen potentielle Kandidaten, Kunden und Partner schnell ein Gespür für die Mitarbeiter und das Arbeitsumfeld.

Freundliche Übernahme

Die Fortgeschrittene Version des „Einbindens“ ist der sogenannte „Take over“ eines Kanals. Dabei wird die Verantwortung für die Inhalte auf der Präsenz für einen festgelegten Zeitraum (z.B. Tag, Woche, Monat) an eine oder mehrere Personen abgegeben. Diese Person(en) stellt sich zu Beginn des festgelegten Zeitraumes vor und berichtet dann beispielsweise über eine Veranstaltung, oder aus dem Arbeitsalltag. Da bei einem Take Over keine Inhaltliche Kontrolle vor der Veröffentlichung stattfindet (was idealerweise auch nicht notwendig ist), sollten Sie den agierenden Personen Leitlinien für den Kanal an die Hand geben. Diese schützen ähnlich wie Social Media Guidelines die Ausführenden vor den gröbsten Fehlern und sichern Sie rechtlich ab.
Ein sehr gelungenes Beispiel für einen Take Over Kanal ist imho der Instagram Account Technikhelden des VDI, dem ich auf dem MediaV Award auch den Preis für den besten Social Media Auftritt überreichen durfte. Unter @vdi_technikhelden stellen hier die unterschiedlichsten Ingenieure in den Stories und Beiträgen Ihren Arbeitsalltag vor, ganz authentisch und immer im Gespräch mit der Community.


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Das sind die 1️⃣7️⃣ Nachhaltigkeitsziele der UN! ? Warum wie die hochhalten? ?✌️ Wir haben uns die Frage gestellt, wie unser Leben in der Stadt der Zukunft aussieht! ? Denn technologische Innovationen beeinflussen unser Leben und Arbeiten in der Stadt. ? Auf dem VDI-Stand C40 in Halle 2 geht‘s unter dem Motto #urbanfuture um die Frage, wie wir neue Technologien in Einklang mit unserem Leben bringen. ? . Der VDI beschäftigt sich damit, wie Innovationen aus den Ingenieurwissenschaften auf diese Ziele einzahlen! ✅ Die Ziele sollen nämlich eine nachhaltige Entwicklung unter Berücksichtigung ökonomischer, sozialer und ökologischer Aspekte sicherstellen. ?❤️ Kommt vorbei, informiert euch und diskutiert mit! ? . Wir fragen euch: Kennt ihr tolle Beispiele was Unternehmen bereits jetzt tun für die Nachhaltigkeit und ein gutes Leben? Was können sie besser machen? . . . #hm19 #engineeringtomorrow #vdihm19 #engineering #vdi #vditechnikhelden #ingenieur #nachhaltigkeit #suj #studentenundjungingenieure #vdisuj #?

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Synergieeffekte nutzen

In der Regel gibt es in jeder Organisation schon bestehende Inhalte und/oder Inhalte die fortlaufend generiert werden. Beispiele wären hier

  • Webseitentexte
  • Produktbeschreibungen
  • Pressemitteilungen
  • Newslettertexte
  • Fotos
  • Whitepaper
  • Magazine
  • etc.

Schauen Sie sich an, welche Texte Sie auf Social Media anpassen, welche Bilder Sie für Ihre Arbeit nutzen und welche Inspiration Sie aus vorhandenen Materialien ziehen können. Das beginnt im Kleinen, also bei der Fragen wie „Welches Zitat aus unserer Pressemitteilung macht Lust darauf den gesamten Artikel zu lesen“ bis hin zu einem ausführlichen Content Audit, bei dem Sie sämtliche bestehende Inhalte auf Ihre Tauglichkeit für Social Media prüfen. Eine sehr gute Anleitung für diesen „Content Audit“, die Ihnen  sowohl bei der ersten Runde (Stichwort „Welche Webseiteninhalte funktionieren besonders gut?“) , als auch in der Folge bei der Auswertung Ihrer Social Media Inhalte hilft, finden Sie hier

Der wvib kündigt auf LinkedIn einen Kommentar des Präsidenten mit einem aussagekräftigen Zitat und einem Bild an. 

Kuration

Natürlich wäre es toll, sämtliche Beiträge, die Sie in den sozialen Netzwerken verlinken, auf dem eigenen Blog zu haben. Dies ist aber nicht nur sehr viel Arbeit, sondern auch gar nicht immer sinnvoll. Hier kommt die Disziplin der Kuration ins Spiel. Kuration oder Content-Kuration bedeutet, dass Sie ähnlich wie der Verantwortliche für eine Kunstaustellung, die besten Artikel, Webseiten, Podcasts, Videos, etc. zu Ihrem Thema raussuchen und diese ihrem Netzwerk teilen. Natürlich immer mit einem kurzen Kommentar, warum dieser Inhalt für Ihre Zielgruppe relevant ist. Dies ist natürlich auch Aufwand, der aber im Vergleich zu dem Erstellen eines gut recherchierten Blogbeitrages / Videos / Podcasts deutlich geringer ist.

 

 

 

 

 Der CSD Deutschland e.V. , der mit kleinem Team und Budget arbeitet, teilt regelmäßig kuratierte Inhalte rund um ihre Kernthemen

  Das Kuratieren von Inhalten hat über den geringeren Aufwand der Inhaltserstellung noch weitere Vorteile:

  • Ihre Zielgruppe hat einen Mehrwert dadurch, dass Sie die besten Inhalte zu einem Thema kuratieren und so einen Anreiz Ihnen zu folgen.
  • Sie positionieren sich bzw. Ihr Unternehmen als Experte in Ihrem Thema, denn nur wer sich auskennt, kann die besten Inhalte aufstöbern.
  • Sie lernen die Akteure in Ihrem Themenumfeld besser kennen.
  • Akteure in Ihrem Themenumfeld können auf Sie aufmerksam werden, wenn Sie deren Inhalte teilen.
  • Ihnen begegnen bei der Sichtung mitunter weiter spannende Themen, die vorher nicht auf Ihrem Radar waren.

Mein Tipp an dieser Stelle: Richten Sie sich einen RSS-Reader mit den relevantesten Seiten zu Ihren Themen ein. So können Sie zeitsparend am Morgen, oder im Rahmen der Redaktionsplanung, bequem alle aktuellen Artikel überfliegen und die besten auswählen.
Eine Erklärung, wie Sie sich einen RSS-Reader einrichten, sowie eine Übersicht von RSS-Readern für jedes Betriebssystem finden Sie hier. Eine aktuelle Liste von Feedreadern für die unterschiedlichen Betriebssysteme und Online finden Sie hier

Nutzung von nutzergenerierten Inhalten

Ebenfalls eine Art der Kuration ist die Einbindung von „User Generated Content“, also Inhalten die durch die eigenen Anspruchsgruppen erstellt wurden. Wenn Sie diese Inhalte auf den eigenen Kanälen veröffentlichen, schlagen Sie damit direkt zwei Fliegen mit einer Klappe.
Sie müssen weniger eigene Inhalte erstellen und der Nutzer bekommt eine Bühne und Wertschätzung für seine Inhalte.
Wichtig dabei ist, die Erlaubnis von dem Urheber einzuholen.
Dafür können Sie eine implizite Einwilligung etablieren, indem Sie die Nutzer aufrufen ein bestimmtes Hashtag zu nutzen, wenn sie einer Veröffentlichung zustimmen. Deutlich rechtssicherer ist, wenn Sie die Nutzer bitten die Bilder mit einer ausdrücklichen Freigabe an eine E-Mail Adresse zu senden.

Hilfreiche Tools 

Sie brauchen ansprechende Bilder für Ihren Kanal, haben aber kein Budget für einen Grafiker? Sie vergessen im Trouble öfter mal einen Beitrag online zu stellen? Zum Glück gibt es hier mittlerweile ein paar schöne Programme, die Ihnen hier weiterhelfen:

Canva

Canva ist ein Programm mit dem Sie Bilder, Grafiken und kleinere Animationen für Ihre Beiträge erstellen können. Der Vorteil ist, alle Formate für die gängigen Netzwerke sind mit den korrekten Maßen hinterlegt. Dazu können Sie schon in der kostenlosen Version auf vielfältige Vorlagen, Grafiken und Bilder zugreifen, die Sie ganz in Ihrem Design gestalten können. Der Pro Account bietet darüber hinaus viele praktische Funktionen und noch mehr Bilder und Vorlagen.

Ripl

Ripl hilft Ihnen dabei aus Fotos kleine Videos und Animationen zu zaubern. Auch hier finden Sie viele Vorlagen und können eigene Bilder und Logos hochladen. In der kostenlosen Version wird allerdings das Ripl Logo mit angezeigt, so dass für den professionellen Gebrauch die Pro-Version notwendig ist.

 Die Arbeitsoberfläche von Canva 

Buffer

Mit Buffer lassen sich die meisten Social-Media-Plattformen automatisiert füttern. Damit können Sie Inhalte gleichzeitig auf mehreren Netzwerken veröffentlichen, ohne in jedem Dienst einzeln die Inhalte einstellen zu müssen. Denken Sie dabei bitte trotzdem daran, die Texte an die Bedürfnisse der Plattformen anzupassen.

Hootsuite

Hootsuite startete als Twitter-Client, hat sich aber zu einer Art Schaltzentrale für die Verwaltung von zahlreichen Social-Media-Konten gemausert. Dieses Tool zeigt beliebig gefilterte Ströme aus Inhalten von Ihren angeschlossenen Profilen an.
Alle gängigen Social-Media-Dienste können in Hootsuite dargestellt und die meisten davon auch zentral befüllt werden.

 

Herzblut, Leidenschaft und Menschlichkeit

Zeigen Sie wofür Sie brennen, wofür Ihr Unternehmen steht, warum Sie das tun, was Sie tun. Und wenn Sie etwas tun, was viele andere Menschen ebenfalls begeistert, suchen Sie sich Ihre Community! 

Insbesondere kleine Unternehmen, bei denen die Geschäftsidee nicht nur Arbeit, sondern Passion ist, können in diesem Bereich punkten.

Ein schönes Beispiel sind hier Alles für Selbermacher aus Hamburg auf Instagram. Die Geschäftsführerin Nadine nimmt die Nähcommunity täglich mit in Ihren Alltag, inspiriert immer wieder mit Ideen rund um das Thema Stoff und Zubehör, zeigt was Sie selbst mit ihren Produkten zaubert und das alles auf eine super sympathische Art. Man merkt, dass sie selbst Teil der Community ist, das Thema Nähen liebt und lebt. Dazu zeigt Sie sich menschlich, als Mutter, als Geschäftsfrau und als Hühnerliebhaberin. Genau diese Kombination macht den Social Media Auftritt von Alles für Selbermacher so erfolgreich.

Fazit 

Es braucht kein großes Budget um gute Social Media Arbeit zu machen. Worauf es wirklich ankommt sind Menschen, die mit ihrer Zielgruppe in einen Dialog gehen und deren Interessen und Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen. 

 Welche guten Beispiele fallen Ihnen noch ein? Ich freue mich auf Ihre Hinweise. 

Leitfaden für den Social Media Release

Leitfaden für den Social Media Release

Social Media Release, auch gerne einmal Pressemitteilung 2.0 oder kurz SMR genannt, ist eine moderne Art, Informationen für Journalisten, aber auch Blogger, Multiplikatoren und Ihre weiteren Zielgruppen im Netz aufzubereiten. Dabei enthält das Social Media Release alle relevanten Informationen, die dabei helfen, die Nachricht, den Hintergrund und das Unternehmen zu verstehen und daraus einen möglichst interessanten Beitrag zu machen.

Timo Lommatzsch hat ein sehr ausführliches E-Book zu diesem Thema erstellt, das neben einem praktischen Leitfaden zur Erstellung eine Reihe von Hintergrundinformationen enthält. Mit seiner Erlaubnis kann ich Ihnen hier diesen Leitfaden Social Media Release zur Verfügung zu stellen.

Das Internet of Things im Social Media Marketing

Das Internet of Things im Social Media Marketing

»Die Disruptionen der vergangenen 10 Jahre sind nichts gegen das, was noch kommt. Software wird in physische Produkte eingebaut.«

So drückte der Netzökonom Dr. Holger Schmidt den Einfluss des Internets der Dinge auf die Zukunft aus. Ich werde Ihnen einen kurzen Ausblick darauf geben, welche Einflüsse diese technischen Innovationen auf Ihre Arbeit als Social Media Manager haben können.

IoT – Internet of Things

Internet of Things oder kurz IoT beschreibt die Vernetzung von physischen Objekten wie Rechnersystemen, Sensoren, Haushaltsgeräten, Autos, Industrieanlagen oder anderen »Dingen« über das Internet. Dabei verschwimmt die Grenze zwischen der analogen und der digitalen Welt, denn alltägliche Gegenstände werden intelligent und unterstützen den Menschen in seinen Tätigkeiten. Die Unternehmensberatung Gartner geht davon aus, dass im Jahr 2020 ungefähr 25 Milliarden dieser vernetzen Geräte auf dem Markt sind.

Einen Vorgeschmack darauf, welchen Einfluss das auf unseren Alltag haben wird, können Sie schon heute an Beispielen wie dem Schweizer Unternehmen digitalstrom (http://digitalstrom.ch) sehen. Digitalstrom vernetzt sämtliche elektrischen und elektronischen Geräte im Haus über die bestehenden Stromleitungen und integriert dabei auch das Internet. Danach können alle Geräte im Haus intelligent (inter)agieren, zum Beispiel wird das Licht gedimmt, sobald der Fernsehen angeht, oder die Kaffeemaschine twittert, wenn sie durchgelaufen ist. Denkt man sich an dieser Stelle noch die Verbindung zu Geräten außerhalb des festen Stromnetzes dazu, wird es richtig spannend. Vielleicht sorgt die Waage, die heute schon das Gewicht an das Smartphone sendet, in Zukunft dafür, dass das Fach mit der Eiscreme im Kühlschrank verschlossen bleibt. In einer voll vernetzten Zukunft bekommt man dazu direkt noch ein Sonderangebot für das Fitnesscenter auf die Smartwatch gebeamt, und die Krankenkasse senkt den Monatsbeitrag, wenn der Fitness-Tracker daraufhin täglich mehr als 1.000 Schritte registriert. Das Letzteres keine Utopie ist, zeige ich Ihnen in der Vorstellung der aktuell am weitesten verbreiteten IoT-Anwendung – den Wearables.

Wearables – Internet of me

In dem Bereich Fitness sind Technologie und die möglichen Anwendungsszenarien mit am ausgeklügeltsten. Was vor wenigen Jahren noch ein kleiner Schrittzähler war, ist heute der persönliche Fitness Coach.

Was ist ein Wearable ? Wearable ist die gängige Abkürzung von Wearable Computing, also tragbarer Computertechnik. Diese hat nicht die Benutzung des Computers, sondern die Unterstützung einer Tätigkeit in der analogen Welt im Fokus. Beispiele sind hier intelligente Hörgeräte, Brillen mit eingebauten Bildschirmen (zum Beispiel Google Glass), Armbanduhren mit integrierter Pulsmessung oder Kleidung mit eingebauter Technik. Am bekanntesten sind aktuell die Riege der Fitness-Tracker, die über Sensoren Aktivitätsdaten aufzeichnen und diese selbst oder in Kombination mit Smartphone-Apps auswerten, sowie Smartwatches, die die wichtigsten Funktionen des Smartphones an das Handgelenk bringen.

In Armbändern, Clips und Smartwatches steckt heutzutage Technik, mit der jedermann seine Lebensgewohnheiten überwachen kann. Diese Funktionen nutzt die New Yorker Krankenversicherung Oscar Health (www.hioscar.com) bereits heute als Basis für ihr Geschäftsmodell. Die Mitglieder bekommen bei der Anmeldung einen kostenlosen Fitness-Tracker und pro Tag einen Dollar, wenn sie ihr gesetztes Ziel an Schritten erreichen. Die New York Times tituliert das Unternehmen als das Uber oder AirBnB der Krankenkassen und sagt voraus, dass es den Markt gehörig aufmischen wird. Doch nicht nur dieses Segment des Gesundheitsmarktes wird sich verändern. Noch nie war es so einfach für die Forschung, massenweise Felddaten für die Untersuchung von chronischen Krankheiten zu bekommen. Apple hat diese Funktion mit ResearchKit (www.apple.com/researchkit/) sogar explizit in seine Produkte integriert.

Weiterführende Links 20 weitere Beispiele zum aktuellen Einsatz von Wearables im Unternehmenskontext können Sie sich unter http://bit.ly/dsomemawear ansehen. Mehrere Whitepapers und Videos zum Thema IoT und Wearables können Sie sich unter www.appdevelopersalliance.org/iot herunterladen.

Die Menge an Daten, die über Wearables zusammenkommt, lässt generell die Herzen der Marketeers höher schlagen. In Zukunft haben sie nicht mehr nur die Möglichkeit, ihre Kunden auf Basis des Standortes zu erreichen, sondern auch auf Basis von Gewohnheiten und Emotionen. Stellen Sie sich vor, Sie können genau messen, wie sich der Herzschlag Ihres Kunden verändert, wenn er eines Ihrer Produkte in der Hand hält. Oder Sie haben tiefe Einblicke in die Gewohnheiten Ihrer Kunden, wissen so genau, wann diese am empfänglichsten für Ihre Inhalte sind oder welchen Service Sie anbieten können, um deren Leben einfacher zu machen. Noch ist das vielleicht Zukunftsmusik und im Hinblick auf den Datenschutz nicht trivial, aber hier eröffnet sich ein ganz neues Potenzial.

Intelligente Konsumprodukte – Internet of Everything

Sogar schnelllebige Konsumprodukte werden durch computerlesbare Codes oder kleine Chips zu dynamischen, interaktiven Objekten. Auch für das Marketing gibt es hier kreative Möglichkeiten, wovon ich Ihnen gerne ein paar Beispiele vorstellen werde.

Eine Whiskey-Flasche[1], die mitdenkt? Gibt es bereits! Johnnie Walker Black Label hat ein intelligentes Produktschild entwickelt, das registriert, ob eine Flasche geöffnet wurde oder nicht. Für den Kunden kann nun vor dem Kauf ein Sonderangebot ausgegeben werden, während dieser nach dem Öffnen mit Rezepten angeregt wird, kreativ zu werden.

Der Bierhersteller Grolsch hat ebenfalls schon mit Technik in seinen Flaschen experimentiert. In Russland wurden kleine Bluetooth-Sender in die Deckel der Flaschen eingebaut. Nach dem Öffnen der Flasche konnte der Käufer damit über ein bluetooth-fähiges Gerät wie Laptop oder Smartphone einen Code für einen kostenlosen Film freischalten. Wie das in der Anwendung aussieht, können Sie sich hier ansehen: https://vimeo.com/102412875.

Dass man bei der Umsetzung sogar mit einfachen Scan-Codes arbeiten kann, zeigt eine Kampagne aus Australien. Die Kampagne »Track My Macca’s« ermöglichte McDonald’s-Kunden, genau zu sehen, woher ihr Essen kommt. Das funktionierte durch eine Kombination aus speziell codierten Verpackungen und einer Smartphone-App.[2] Wenn der Kunde seinen Burger mit der App scannte, zeigte diese auf Basis seines Standortes genau an, von welchen Produzenten in der Gegend die Bestandsteile kommen.

Ein ähnlich simples Beispiel aus Deutschland kommt von DHL. Zur Weihnachtszeit konnten die Kunden hier Videogrüße für die Paketempfänger hinterlegen: einfach QR-Code scannen, Video aufnehmen und die Postkarte in das Paket legen.

Wie Sie sehen, ist auch hier die Bandbreite der möglichen Anwendungsszenarien enorm. In Zukunft werden wir eine Menge Beispiele aus den drei Bereichen des Internets of Things sehen. Beobachten Sie dieses Thema, spielen Sie mit Ideen, und stellen Sie sich auch hier immer die Frage: Wie kann ich meinem Kunden einen echten Mehrwert bieten?

[1] Quelle: http://goo.gl/mSsPR9

[2] Das Video dazu gibt es hier: https://goo.gl/4sPKl8.

Strategie statt Hype Hopping – oder warum Social Media Manager nicht jeden Sch*** mitmachen müssen

Strategie statt Hype Hopping – oder warum Social Media Manager nicht jeden Sch*** mitmachen müssen

„Strategie statt Hype Hopping – worauf es heute wirklich ankommt“, lautete der Titel meines Vortrages auf der Relaunch Konferenz 2016 in Hamburg. Grundgedanke und Anstoß für diese Präsentation war die Feststellung, dass wir mittlerweile seit Jahren darüber sprechen, dass der Kunde in den Mittelpunkt der Unternehmens- und Kommunikationsstrategie rücken muss. Passiert ist bisher leider wenig. ( Der folgende Spot aus dem Hause Microsoft ist übrigens fast 10 Jahre alt….)

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Stattdessen setzen viele „Strategie“ mit „Wir springen einfach mal auf jede neue Sau, die durch das Dorf getrieben wird“ gleich. Von diesen Säuen gibt es viele, mindestens eine im Jahr. Welche gerade die aktuelle ist, lässt sich sehr schön an den Programmen der klassischen Digitalkonferenzen und den Sessions auf Barcamps ablesen. Im Jahr 2016 war z.B. Snapchat an der Spitze, dicht befolgt von dem Thema Messenger und LiveStreaming. Natürlich, es gibt hier gute Beispiele in der Umsetzung, über ein paar davon habe ich letztes Jahr hier und hier geschrieben. Aber es gibt eben auch eine Menge schlechter Beispiele, ohne Bezug zur Marke, ohne Bezug zu den Unternehmenszielen und durchaus auch solche, die (Datenschutz)rechtlich eher fraglich sind.
Das große Problem an dieser Stelle vermute ich darin, dass die Auswahl der Plattform eher willkürlich passiert. Die Passung zu der Zielgruppe und der eigenen Marke wird schlichtweg nicht geprüft bzw. als zweitrangig bewertet, weil man „den neuen heißen Scheiß“ jetzt mitmachen will. Das sage ich nicht ohne Grundlage, ich bekomme in meiner Beratungsarbeit und in Gesprächen mit anderen Social Media und Community Managern oft genug mit, was der wahre Grund für ein Engagement auf einer Plattform ist und das ist dieser hier:

Meiner Meinung nach ist dieser Umstand gleichzeitig auch ein Teil der Erklärung für die große Unzufriedenheit mit der digitalen Markenführung, die eine aktuelle Studie von Mc Kinsey sogar auf 90% beziffert. Unterstützt wird diese Vermutung mit einem Ergebnis aus der großen Social Media und Community Studie, die wir mit dem BVCM im letzen Jahr durchgeführt haben – 54% der befragten Social Media Professionals gaben an keine übergreifende Digital-Strategie zu haben.

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Warum Social Media Manager nicht jeden Trend mitmachen müssen und sollten

Es gibt bei den Apple-Nutzern in meinem Umfeld zwei unterschiedliche Typen. Die erste Gruppe stürzt sich direkt auf jedes Update und verbringt die darauffolgenden Tage nicht selten mit verschwendeter Zeit und Ärger, bis alle Kinderkrankeheiten des jeweiligen Updates beseitigt wurden. Die zweite Gruppe wartet genau diesen Zeitraum ab, ist dann zwar ein wenig später „up to Date“, kann aber so alle Vorteile der neuen Version nutzen, ohne die Nachteile des „öffentlichen Beta-Tests“ zu haben.

Bei Trends in Social Media ist es oftmals nicht wirklich anders. Eine Reihe von Unternehmen stürzt sich direkt auf das neue Netzwerk, oder die neue App und testen so für den Rest mit Glück die strategischen Möglichkeiten und mit Pech nur die Funktionen, ohne überhaupt eine strategische Relevanz zu haben. Was bringt es beispielsweise einem Hersteller von Sanitäranlagen, wenn dieser in seinen Räumlichkeiten ein Pokemon präsentiert? Vielleicht kommen noch ein paar Personen vorbei, die versuchen die virtuelle Gestalt zu fangen, aber diese werden mit hoher Wahrscheinlichkeit weder Interesse daran haben, nebenbei ein neues Waschbecken zu erwerben, noch mit dem Hersteller ein innovatives Image verbinden, wenn dieser sonst ein sehr konservatives Produktangebot hat.

Auch die Positionierung als Earyl Adopter ist mittlerweile schwierig. Bleiben wir bei dem Beispiel von Pokemon Go – wenige Tage nach dem Erscheinen der App fand sich eben nicht nur besagter Sanitärhersteller mit einem Beitrag auf Facebook, sondern unzählige weitere Unternehmen, die ebenfalls Pokemons in Ihren Geschäftsräumen oder auf Ihren Produkten präsentierten. So wird aus einem Early Adopter schnell ein Trittbrettfahrer.

Zu guter Letzt frisst Hype-Aktionismus wertvolle Ressourcen für die vernünftige Umsetzung und die Weiterentwicklung einer Social Media Strategie. Insbesondere, wenn es noch keine Strategie liegt, sollte der Fokus zunächst einmal auf die Schaffung dieser wichtigen Basis gelegt werden, bevor überhaupt irgendwelche Hypes verfolgt werden.

Wie wir Hypes & Trends strategisch einordnen können

Was wir an dieser Stelle jedoch nicht vergessen dürfen, ist der Fakt dass Social Media und selbst das Internet zunächst als „Hype“ verschrien waren. Wie können wir also Hypes und substanzielle Trends unterscheiden? Dabei können die folgenden Evaluationsfragen helfen:

  1. Passt der Trend zu unserer Strategie (Zielgruppe!!, Ziele, Gesamtkommunikation)
    Für mich ist die wichtigste Frage überhaupt, ob der jeweilige Trend überhaupt zu der Gesamtkommunikationsstrategie allgemein und der Social Media Strategie im speziellen passt? Dafür muss der Blick zunächst einmal auf die Zielgruppe fallen: Kann die aktuelle Zielgruppe überhaupt mit dem jeweiligen Netzwerk, der App oder der Methode erreicht werden? Kann eine neue Zielgruppe sinnvoll erreicht werden? Macht es für eine interne Zielgruppe Sinn? Lautet die Antwort in allen Fällen nein, macht es wenig Sinn auf den Zug aufzuspringen. Gleiches gilt, wenn der Hype null dabei weiter hilft, eines der Kommunikations- oder Unternehmensziele zu erreichen.
  2. Verfügen wir über die notwendigen Ressourcen? (Personal, Budget, Zeit)
    Oftmals die generelle Gretchenfrage, wenn es darum geht eine neue Plattformpräsenz zu eröffnen, oder eine Kampagne umzusetzten – haben wir die notwedigen Ressourcen? Dies ist oftmals dem Umstand geschuldet, dass Social Media Abteilungen selten mit überschwenglichen Ressourcen betrieben werden. Wenn die personelle Besetzung schon dazu führt, dass nur das nötigste an Community Management und Content sichergestellt werden kann, ist es wenig sinnvoll sich zusätzlich die Arbeit, die durch die Umsetzung des Hypes entstehen, aufzuladen. Macht der Trend aber wirklich strategisch Sinn, gilt es zu überlegen, wie die fehlenden Ressourcen zu beschaffen sind.
  3. Was macht die Branche? Hat das Einfluss auf unsere strategische Beurteilung?
    „Aber alle machen das“ ist eine Argumentation, die ich oftmals höre, wenn es um den Sinn und Unsinn von Hypes geht. Hier gilt das alte Prinzip, nur weil alle es tun, muss es noch lange nicht sinnvoll sein. Hier gilt es den Wettbewerb ganz genau zu beobachten. Welchen Erfolg oder Misserfolg hat dieser mit dem Hype? Werden hier Aspekte sichtbar, die Ihr vielleicht bei der strategischen Analyse übersehen habt? Wenn ja, haben diese Einfluss auf die Entscheidung gegen den Hype?
  4. Welche Vorteile hätte ein früher Einstieg?
    Zurück zu dem Beispiel der Apple Nutzer kann man natürlich argumentieren, dass die ersten Nutzer auch diejenigen sind, die die ersten Erfahrungsberichte verfassen und die größte Aufmerksamkeit erreichen können. Dazu umgibt diese ein Hauch von Pioniergeist und Innovation. Die Frage ist nun, ob dieser Vorteil die Nachteile ausgleicht? Diese Frage kann nur mit einem Blick auf die Strategie beantwortet werden.
  5. Welche Risiken entstehen aus einem späteren Einstieg?
    Das gleiche gilt für die Frage nach den Risiken eines späten Einstieges – überwiegen hier die Vor- oder die Nachteile, wenn andere Unternehmen vorher mitmachen?
  6. Welche Folgen hat es für für uns, wenn wir den Trend ignorieren?
    Und zu guter letzt wäre da die Frage, ob es gravierende Folgen hätte, den jeweiligen Hype überhaupt nicht mitzumachen? Ich würde mal behaupten, dass es keinem Unternehmen geschadet hat nicht „Was mit Pokemon Go“ gemacht zu haben. Ebenso wird ein Unternehmen, dass Senioren als Zielgruppe hat, verschmerzen können nicht auf Snapchat zu sein. Auch für die Antwort auf diese Frage ist entsprechend wieder die Strategie ausschlaggebend.

Wann Experimente Sinn machen

Lautet das Ergebnis der eben gemacht Evaluation „Nein“, gibt es ein paar Gründe, warum sich ein klar deklarierter Testballon trotzdem lohnen kann.

  1. Es bringt Sichtbarkeit in der Geschäftsführung/im Vorstand
    Manchmal muss man Experimente machen, um mehr Aufmerksamkeit von der Führungsriege zu bekommen. Das funktioniert insbesondere dann gut, wenn das Experiment Erwähnungen in den Medien oder besondere Begeisterung unter Fachpublikum oder den Mitarbeitern auslöst.
  2. Um zu zeigen, dass man „im Recht war“
    Manchmal gibt es Situationen, in denen man selbst mit der ausgepfeiltesten Argumentation nicht darum herum kommt, einen bestimmten Hype mitzumachen. Hier gilt es dann im Anschluss, ganz klar Kosten und Nutzen der auferlegten Maßnahme gegenüberzustellen und so die negative Bilanz zu untermauern. Ein einfaches „ich habe es Euch ja gesagt, dass das Unsinn ist“ wäre an dieser Stelle zwar wahr, aber unprofessionell. Wenn Ihr an dieser Stelle ganz klar zeigen könnt, dass Eure Expertise den negativen Ausgang exakt vorausgesagt hat, wird man Euch bei dem nächsten Hype mehr Gehör schenken.

Fazit

Ob ein Hype oder Trend für Eure Organisation wirklich Sinn macht, könnt Ihr nur auf Basis einer ordentlichen Social Media Strategie beurteilen und vernünftig gegenüber der Geschäfts- oder Marketingleitung verargumentieren. Entsprechend muss die (Weiter)Entwicklung eben dieser Strategie immer Priorität gegenüber der aktuellen Sau haben, die gerade durch das Dorf getieben wird.