Checkliste für effektives Community Management im Umgang mit Hassrede

Checkliste für effektives Community Management im Umgang mit Hassrede

Community Manager*innen, die sich tagtäglich dem Hass der Menschen im Netz rumplagen müssen, brauchen dezidierte Unterstützung durch das Unternehmen und die Organisation für die sie arbeiten! Dieser Verantwortung, die sowohl auf arbeitsrechtlicher, als auch auf moralisch-ethischer Grundlage basiert, darf sich meiner Meinung nach kein Arbeitgebender mehr entziehen. Dennoch sieht die Realität oft noch ganz anders aus. Mehr schlecht als recht vorbereitete Menschen werden ohne Training und Vorstellung, welche psychischen Auswirkungen die Moderation von Hass haben kann, in die Kommentarspalten geschickt. Selbst erfahrene Community Manager*innen zerbrechen an fehlenden Ressourcen und Strukturen. Doch welche Basis braucht ein Community Management Team, dass regelmäßig mit Hassrede konfrontiert ist?

Dafür habe ich aus den Erfahrungen des letzten Jahrzehnts eine kleine Checkliste erstellt, die Ihr gerne für Euch nutzen könnt, Euren Vorgesetzten unter die Nase reiben dürft oder mit Eurem Team gemeinsam durchgehen könnt, um für Euch die beste Basis zu schaffen. Hier findet Ihr die Checkliste für effektives Community Management im Umgang mit Hassrede als PDF. Im folgenden zähle ich die einzelnen Punkte noch einmal auf.

Richtlinien und Regeln

  • Gibt es klar definierte Community-Richtlinien, die Hassrede und unangemessenes Verhalten ausdrücklich verbieten[1]?
  • Sind diese Richtlinien für alle Mitglieder der Community leicht zugänglich und verständlich formuliert?
  • Werden neue Mitglieder bei ihrem Beitritt auf diese Richtlinien hingewiesen?
  • Werden die Richtlinien konsequent durchgesetzt?

Moderationsprozesse

  • Gibt es einen festgelegten Prozess für die Moderation, der allen Community Manager*innen im Rahmen der Einarbeitung / einer Schulung vermittelt wurde? 
  • Gibt es ein festgelegtes Verfahren zum Umgang mit Hassrede?
  • Gibt es ein einheitliches Verständnis im Team darüber, welche Äußerungen geduldet, beantwortet, ausgeblendet und gelöscht werden?
  • Gibt es regelmäßige Diskussionen über Fallbeispiele um diese den eben genannten Kategorien zuzuordnen?
  • Gibt es regelmäßige Trainingsrunden und Krisensimulationen, um Moderationsprozesse zu festigen?
  • Gibt es eine klare Eskalationskette für schwere oder wiederholte Verstöße?
  • Gibt es einen Prozess für das Melden von strafrechtlich relevanten Kommentaren?

Schulung und Sensibilisierung

  • Hat jedes Team-Mitglied mindestens eine Grundlagen-Seminar (intern oder extern) für die Community Moderation durchlaufen?
  • Fühlen sich die Community Manager*innen grundsätzlich sicher im Umgang mit Hassrede?
  • Werden regelmäßige Schulungen und Workshops zu relevanten Themen rund um Hassrede und Moderationstechniken angeboten?
  • Ist das Team mit den neuesten Trends und Techniken im Bereich der Hassrede und deren Bekämpfung vertraut?
  • Gibt es eine Supervision durch eine externe, neutrale Instanz?

Unterstützung und mentale Gesundheit des Teams

  •  Ist das Team, sowie die Vorgesetzten für die möglichen mentalen Auswirkungen von Hassrede senisbilisiert?
  • Gibt es dezidierte Unterstützung / Maßnahmen für Teammitglieder, die regelmäßig mit Hassrede konfrontiert sind (z.B. psychologische Unterstützung, regelmäßige Pausen, regelmäßige Gesprächsrunden im Team[2])?
  • Werden Teammitglieder ermutigt, Vorfälle zu melden und Unterstützung anzufordern, wenn sie sich überfordert fühlen?
  • Gibt es Schulungen, um die Resilienz sowohl für das Individuum als auch im Team zu stärken?
  • Sind ausreichend Ressourcen im Team vorhanden?

Rechtskonformität

  • Ist das Team über die aktuellen rechtlichen Vorgaben und Gesetze bezüglich Hassrede informiert und halten sie diese ein?
  • Gibt es eine enge Zusammenarbeit mit rechtlichen Experten oder Beratern, um sicherzustellen, dass alle Maßnahmen rechtskonform sind?

Präventive Maßnahmen

  • Gibt es Programme oder Initiativen zur Förderung einer positiven und inklusiven Community-Kultur?
  • Werden gezielt regelkonform formulierte Kommentare mit Interaktion belohnt?
  • Werden Mitglieder für positives Verhalten belohnt oder hervorgehoben?
  • Agiert das Community Management als Vorbild für die gewünschte Kommunikationskultur?

Technische Unterstützung

  • Werden automatisierte Tools zur Erkennung und Filterung von Hassrede verwendet?
  • Sind diese Tools an konkreten Beispielen aus der Community angelernt, regelmäßig aktualisiert und auf dem neuesten Stand der Technik?
  • Sind die Tools auf die aktuellen Codes und Verklausulierungen von Hassrede trainiert?
  • Gibt es einen Plan B für den Fall, dass automatisierte Tools im Ernstfall versagen?

Feedback und Verbesserung

  •  Werden Maßnahmen gegen Hassrede und deren Ergebnisse transparent und regelmäßig kommuniziert?
  • Gibt es Mechanismen zur Sammlung und Auswertung von Feedback von der Community hinsichtlich der Maßnahmen gegen Hassrede?
  • Werden diese Rückmeldungen regelmäßig analysiert und führen sie zu Verbesserungen im Management?

Kontinuierliche Überprüfung

  • Wird die Strategie und die Wirksamkeit der Maßnahmen gegen Hassrede regelmäßig überprüft und angepasst?
  • Gibt es festgelegte Zeiträume für die Überprüfung und Aktualisierung der Community-Richtlinien?
  • Gibt es konkrete Kennzahlen oder Messwerte in der Community Strategie, die Reduktion von Hassrede als Erfolg bewerten?

Fazit

Diese Liste erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit und ich freue mich sehr auf Eure Ideen und Anregungen für die Ergänzung. Lass uns die Arbeitsbedingungen für Community Manager*innen ein Stück besser machen!


[1] Ausführlich dazu hier https://der-socialmediamanager.de/grundregeln-fur-gute-tonalitat-community/

[2] Siehe dazu auch ausführlich https://der-socialmediamanager.de/selbstfursorge-achtsamkeit-community-management/

Wie Community Management Hass im Netz verdrängt

Wie Community Management Hass im Netz verdrängt

Warum Community Management meiner Meinung nach einer der bedeutsamsten Berufe im digitalen Bereich ist? Weil wir uns – bewusst oder unbewusst – der Verteidigung der Demokratie verschrieben haben und dafür sorgen, dass der Hass im Netz zumindest auf unseren Präsenzen keine Chance hat!

Dafür braucht es aber Rückhalt aus dem Unternehmen, Schulungen und Trainings für die Teams und einen Fokus auf die mentale Gesundheit der Mitarbeitenden.Das war die Quintessenz unserer Diskussion zum Thema “Communities ohne Hass! – Wie Community Management & empowernde Moderation Hass im Netz verdrängt”, die ich mit Marc Ziegele und Björn Kunter auf der re:publica führen durfte. Im Detail gab es noch die folgenden Diskussionspunkte:

1. Community Management startet mit dem Tun!

Es kann nicht sein, dass es 2024 noch unmoderierte Kommentarspalten gibt. Wer einen Raum im Netz anbietet, trägt die Verantwortung für dessen Inhalte, ganz unabhängig von den eigenen Ressourcen. Mindestmaß ist die Moderation von rechtlich relevanten Kommentaren. Besser noch ist eine Community Moderation, die gemäßigte Diskussionsbeiträge mehr Sichtbarkeit gibt und so einen demokratischen Diskurs möglich macht.

Wer einen Kommunikationsraum anbietet, trägt die Verantwortung dafür!

2. Empowernde Moderation:

Eine Methode dafür ist die wissenschaftlich erprobte Methode “Empowernde Moderation”, die Marc auf dem Panel vorstellte. Das sogenannte KASI-Modell hilft hier gezielt dabei, problematische Beiträge effizient zu deeskalieren und fördert eine gute Gemeinschaft.

Eine ausführliche Darstellung der KASI-Methode findet ihr hier. Außerdem hat die Amadeu Antonio Stiftung auf Basis des KASI-Modells ein kostenloses Tool für Community Manager*innen entwickelt, mit dem ihr die Stile üben könnt.
An dieser Stelle eine große Empfehlung von meiner Seite für beide Quellen. Und das nicht nur, weil das KASI-Modell den Ansatz, den ich jetzt seit fast 10 Jahren in meinen Community-Moderationstrainings vermittle, wissenschaftlich untermauert hat. 😊

Die KASI-Moderationsstile nach Prof. Dr. Marc Ziegele und Dominique Heinbach M. A.

3. Training und Vorbereitung:

Auf dem Panel waren wir uns einig – die wichtigste Grundlage für eine souveräne Moderation sind Vorbereitung, regelmäßige Schulungen und Trainings der Community Manager*innen. Angefangen bei teaminternen Vorbereitungen der Moderationsarbeit auf Basis von:

  • Mit Kommunikation und Fachabteilungen abgestimmten Sprechzetteln und FAQ zu allen Themen, die regelmäßig auftauchen
  • Festgelegten Richtlinien, welche Kommentare beantwortet, ignoriert, ausgeblendet, gelöscht und/oder gemeldet werden
  • Übungen, die auf Basis von Fallbeispielen unterschiedliche Antwort-Stile durchspielen
  • Krisensimulationen in Echtzeit
  • Krisenplänen und klaren Verantwortlichkeiten für den Ernstfall
  • Regelmäßigen Abstimmungsrunden, in denen Fallbeispiele der letzten Woche(n) durchgesprochen werden.

Dazu geben externe Schulungen, Simulationen und Supervision Sicherheit und verbessern die Qualität der Moderation.

4. Psychische Gesundheit:

Der Umgang mit Hassrede kann emotional belastend sein. Es ist eben nicht nur “das bisschen Kommentare auf Insta löschen”. Nicht nur Erfahrungswerte, sondern auch diverse Studien belegen, dass die Moderation von Hasskommentaren zu emotionaler Erschöpfung führen kann (z.B. Riedl et al., 2020). Darüber hinaus berichtete Marc von einer weiteren Studie, die zeigt, dass schon 5 Minuten Pause nach 20-minütiger Moderationstätigkeit das Wohlbefinden der Moderatorinnen messbar steigert.

Eine zweite wirksame Gegenmaßnahme ist Abwechslung. “Also nicht nur hässliche Kommentare moderieren, sondern gezielt nach bestärkenswerten Kommentaren Ausschau halten. Der Fokus auf das Positive gibt Community Manager*innen wieder Kraft.”

Ergo – Pausen und Abwechslung sind wichtige Maßnahmen, um sowohl die psychische Gesundheit als auch die Leistungsfähigkeit der Moderatorinnen zu erhalten. Das bedeutet, sowohl im Team als auch für die Individuen müssen Resilienzstrukturen geschaffen werden. Es muss bewusst Platz und Zeit für den Austausch geschaffen werden, sowohl organisationsintern als auch mit Branchenkolleginnen. Unternehmen müssen endlich die Verantwortung übernehmen, um die psychische Gesundheit ihrer Community Manager*innen proaktiv zu unterstützen. Eine ausführliche, psychologisch gestützte Abhandlung zum Thema Resilienz im Community Management findet ihr hier.

Foto: Isabelle Rath

5. Safe(r) Spaces schaffen:

Online-Diskussionsräume sollten sichere Räume für alle Nutzerinnen sein. Dies erfordert strukturelle und soziale Maßnahmen sowie das Einbeziehen der Betroffenenperspektive. Dabei ist die Einschätzung der Betroffenen maßgeblich – wenn ein Mitglied der Community sagt, dass es eine Äußerung als verletzend empfindet, dann hat das Community Management sich damit auseinanderzusetzen.

Sub-Spaces und Selbsthilfegruppen können helfen, eine unterstützende Umgebung zu schaffen. Soziale Präsenz durch Community Manager*innen und klare Kommunikationswege können das Vertrauen stärken.

6. Technologische Unterstützung:

Mit der Diskussion über KI hätten wir ein ganzes Panel füllen können, wir wollten den Fokus aber bewusst auf die Themen davor legen. Darüber hinaus waren wir uns auf dem Panel relativ einig – KI kann das Community Management ganz wunderbar unterstützen, indem sie Kommentare vorsortiert, eindeutigen Hass wegmoderiert und Antwortoptionen vorschlägt. Dabei ist jedoch ein kritischer Umgang mit KI notwendig, einschließlich genauer Kenntnis der Trainingsdaten und Algorithmen sowie regelmäßiger manueller Überprüfung. Außerdem dürfen wir gerade beim Community Management eines nicht vergessen – echter Dialog und Beziehungsaufbau sind mit die größten Chancen, die diese Disziplin auszeichnen. Diese Aspekte ganz an die Maschine auszulagern, würde das Ganze ad absurdum führen.

Fazit

Unsere letzte Folie fasste noch einmal die Quintessenz der Diskussion zusammen:
GIBT DEM HASS KEINE CHANCE!
Community Management macht den Unterschied!
Widmet euch dem Positiven / Bestärkenswerten
Training & Vorbereitung sorgen für mehr Sicherheit der Community Manager*innen
Selbstfürsorge hat oberste Priorität
Schafft sichere Diskussionsräume für mehr Teilhabe und Meinungsvielfalt
Seid Euch bewusst darüber, wie wichtig Ihr seid!

Danke an alle, die dabei waren und an der Diskussion teilgenommen haben! Ich gebe die Hoffnung auf ein besseres Netz nicht auf – dafür sind gut ausgebildete Community Manager*innen mit dem entsprechenden Rückhalt ein elementarer Schlüssel. Da insbesondere auch das Defizit an Strukturen in den Fragen des Publikums, als auch in den Gesprächen danach thematisiert wurde, habe ich dafür noch eine Checkliste für Community Management im Umgang mit Hassrede erstellt.

Definition einer Fokus-Zielgruppe für die Online Community Strategie

Definition einer Fokus-Zielgruppe für die Online Community Strategie

Wie schaffen Sie es nun Ihre Zielgruppe so einzugrenzen, dass Sie eine gute Grundlage für Ihre Community Strategie haben?

Ramit Sethi, Autor und Marketingexperte hat eine sehr einfache Möglichkeit entwickelt, mit der Sie Ihre Nische bestimmen und immer weiter eingrenzen können. Diese Übung stelle ich Ihnen in diesem Artikel vor und lade Sie herzlich ein, die Schritte parallel einmal durchzuführen.

1. Machen Sie eine Liste der wichtigsten Merkmale Ihrer Zielgruppe oder idealerweise Persona.

Machen Sie eine Liste der wichtigsten Merkmale Ihrer Zielgruppe. Das können demographische Merkmale wie “weiblich“, soziografische Merkmale wie „in Elternzeit“, verhaltensbezogene Merkmale wie „ist gerade Mutter geworden“ oder psychographische Merkmale wie „erzieht Bindungsorientiert“ sein.

DemografischSoziografischeVerhaltensbezogenPsychografisch
Geschlecht
Alter Familienstand Geografie..
Beruf
Bildungsstand
Einkommen Wohnverhältnisse
Preisorientierung Mediennutzung
Tätigkeiten
Nutzungsraten
Anlässe
Persönlichkeit
Interessen
Meinungen
Motivation
Werte Wünsche
Beispielhafte Merkmale aus den Kategorien


2. Sortieren Sie die Liste der Merkmale von den wichtigsten zu dem unerheblichsten.

3. Setzen Sie jetzt die beiden wichtigsten Merkmale in die folgende Formel ein:

[Merkmal 1] + [Merkmal 2], [die Lösung / den Mehrwert, den Sie in Ihrer Community anbieten] brauchen.

Dabei rauskommen könnte zum Beispiel:
Mutter., die bindungsorientiert erziehen möchte und deswegen unsere Community für den Austausch braucht. 

4. Um die Nische enger zu gestalten, nehmen Sie einfach ein weiteres Merkmal hinzu.
Beispiel: Mutter, die ihr erstes Kind bekommen hat und bindungsorientiert erziehen möchte und deswegen unsere Community für den Austausch braucht.  

Ihre Herausforderung an dieser Stelle ist jetzt, Ihre Nische so eng zu definieren, dass Sie für die Mitglieder einen gemeinsamen Mehrwert schaffen können, aber gleichzeitig ausreichend Menschen in Ihrer Nische unterwegs sind.  Was hier ausreichend bedeutet, hängt wiederum von dem Ziel und der angestrebten Größe Ihrer Community ab. Ich arbeite hier mit dem Faktor 1000 als Basis. Wenn Sie in Ihrer Community mindestens 20 aktive Mitglieder haben möchten, sollten Sie mindestens 20000 Menschen in Ihrer Nische haben. 

Grundpfeiler einer aktiven Community

Grundpfeiler einer aktiven Community

Wenn Sie an dieser Stelle eine Zauberformel für eine aktive Community erwarten muss ich Sie enttäuschen. Die gibt es schlichtweg nicht. Dafür gibt es aber vier wichtige Eckpunkte, die die perfekte Basis für Aktivität in Ihrer Community bilden. Die vier Eckpunkte lauten:

  • Klarer Fokus
  • Sicheres Umfeld
  • Regelmäßige Erlebnisse
  • Gutes Nutzererlebnis

Klarer Fokus

Der häufigste Grund warum Communitys scheitern ist, dass potentielle Mitglieder nicht ausreichend Mehrwert darin sehen, sich in dieser zu engagieren. Diesen Mehrwert müssen Sie klar in Interviews mit der Anspruchsgruppe herausarbeiten und in Ihrer Community Strategie definieren. Fokussieren Sie sich auf eine möglichst enge Zielgruppe, starten Sie mit einer kleinen Gruppe von Gründungsmitgliedern und schauen Sie, ob es funktioniert. Wenn Sie es nicht schaffen 10 Menschen zu aktivieren, klappt es auch nicht mit 100 oder gar 1.000.

Sicheres Umfeld

Ein sicheres Umfeld ist die Grundlage dafür, dass sich Menschen in einer Community einbringen. Das bedeutet, Sie müssen im Community Management einen klaren Fokus darauf legen, dass die Tonalität in ihrer Community gut ist. Dafür können Sie folgende Schritte einleiten.

  1. Regeln aufstellen: Erstellen Sie virtuelle Hausregeln in Form einer Community Guideline oder einer Netiquette. Definieren Sie darin genau, welches Verhalten gewünscht ist und welches nicht.
     
  2.  Regeln konsequent durchsetzen: Genauso wichtig wie die Erstellung eines Regelwerkes für Ihre Community, ist die Durchsetzung dieser Regeln. Seien Sie insbesondere bei Regelverstößen konsequent. Je strenger Sie von Tag 1 an moderieren, desto weniger Chance haben Störenfriede.
  3.  Positives Verhalten fördern: Verstärken Sie positives Verhalten durch gezielte Aufmerksamkeit. Sei es ein Danke, oder die Anerkennung über ein „gefällt mir“, Hauptsache Sie geben Ihren Mitgliedern eine positive Rückmeldung.
      
  4.  Mit gutem Beispiel voran gehen: Seien Sie sich Ihrer Vorbildwirkung im Community Management stets bewusst. Sie setzen mit Ihrem Verhalten und Ihrer Wortwahl in der Community den Maßstab – im positiven, wie im negativen Sinne.
  5.  Die Community mit einbeziehen: Geben Sie Ihren Mitgliedern in kleinen Dingen Einfluss in Ihrer Community. Ob die Formulierung von einzelnen Passagen in der Netiquette, oder die Abstimmung das nächste Thema des Online Stammtisches. Jede Situation, in der ein Mitglied das Gefühl hat, meine Meinung ist wichtig“ stärkt das Zugehörigkeitsgefühl.

Regelmäßige Erlebnisse

Jede positive Interaktion mit der Community steigert die Wahrscheinlichkeit für nachfolgende Interaktion. Sie als Community Managerin oder Manager sind dafür verantwortlich, dass es möglichst viele Möglichkeiten gibt positive Erfahrungen zu machen.

  1. Schaffen Sie Gesprächsanlässe, indem Sie regelmäßig Themen in die Community geben
  2. Sorgen Sie dafür, dass kein Beitrag unbemerkt und keine Frage unbeantwortet bleibt.
  3. Machen Sie Mitglieder auf Fragen zu Ihrer Expertise aufmerksam, damit diese sich dort einbringen können.
  4. Vernetzen Sie Mitglieder untereinander, die gut zusammenpassen
  5. Pflegen Sie Rituale, wie Geburtstagsgrüße, Jubiläen mit der Community oder bestimmte Thementage. Ein Beispiel ist hier der Towel Day, der in DeveloperCommunitys sehr beliebt ist.
  6. Bieten Sie regelmäßig Events an Egal ob Online oder Offline, Hauptsache die Mitglieder haben die Chance sich „zu sehen“ und auszutauschen. Regelmäßigkeit schlägt dabei den Aufwand.

Wer regelmäßig positive Erlebnisse mit der Community macht, entwickelt ein größeres Gemeinschaftsgefühl (Sense of Community) – die Basis für eine echte Bindung an die Community und deren Gastgeber.

Gutes Nutzungserlebnis

Der meist unterschätzte Punkt zum Schluss – die liebe Technik. Ich kann gar nicht zählen, wie oft ich schon Communitys gesehen habe, die vor Funktionen nur so strotzten und damit die Mitglieder komplett verwirrt haben. Auch hier gilt, je einfacher, desto besser.

  • Achten Sie darauf, dass Ihre Mitglieder die Community Software gut verstehen.
  • Bieten Sie die Funktionen an, die Ihre Mitglieder brauchen und nicht mehr.
  • Wählen Sie die technische Plattform aus, die zu Ihrer Community passt und nicht die, die gerade „hip“ ist. 

Neben der passenden Technik steht und fällt das Nutzungserlebnis mit einem guten Onboarding Prozess. Machen Sie es Ihren Mitgliedern leicht, direkt die ersten Schritte auf der Plattform zu gehen, wie zum Beispiel

  • das eigene Profil auszufüllen,
  • passende Gruppen oder Personen zu finden,
  • sowie den ersten Beitrag zu verfassen.

Für den letzten Punkt eignet sich zum Beispiel ein bestimmter Bereich im Forum, oder eine persönliche, öffentliche Begrüßung durch das Community Management, mit der Einladung sich doch vorzustellen. Damit das Mitglieder überhaupt an diesen Punkt kommt, sollten Sie außerdem in eine gute Anleitung für die Nutzung der Plattform (schriftlich und als Video), einen gut verfügbaren Support, sowie eine sehr gut durchdachte Struktur der Community selbst, investieren.

Fühlt sich das neue Mitglied direkt wohl und gut aufgehoben bei Ihnen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass dieses als aktives Mitglied wieder kommt.

Technische Möglichkeiten für Online Communitys

Technische Möglichkeiten für Online Communitys

Eine eigene Online-Community zu schaffen, ist nicht für jedes Unternehmen geeignet, kann jedoch in bestimmten Kontexten äußerst wertvoll sein. Wenn eine On-Domain Community für Euer Unternehmen sinnvoll ist, stellt sich schnell die Frage, wie die Plattform dafür aussehen soll. In diesem Artikel möchte ich Euch die unterschiedlichen Optionen vorstellen und Vor- sowie Nachteile skizzieren.

Bei der technischen Umsetzung Eurer eigenen Online Community stehen Euch grundsätzlich vier verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:

1. Eigenentwicklung

2. Nutzung einer Open-Source Lösung

3. Erweiterungen für die Webseite

4. Nutzung einer SAAS Community-Lösung

Jede dieser Optionen hat ihre eigenen Vor- und Nachteile, die Ihr je nach Euren spezifischen Anforderungen und Ressourcen berücksichtigen solltet. Lasst uns diese Möglichkeiten im Detail betrachten:

Eigenentwicklung:

Die Eigenentwicklung Eurer Community-Plattform ist die individuellste und maßgeschneiderteste Lösung. Hierbei wird die gesamte Software von Grund auf In-house entwickelt, um den spezifischen Anforderungen und Zielen Eurer Community gerecht zu werden.

Vorteile:

  • Maßgeschneiderte Lösung: Ihr habt die volle Kontrolle über die Funktionalitäten und das Design Eurer Community und könnt sie an die Bedürfnisse Eurer Mitglieder anpassen.
  • Unabhängigkeit: Ihr seid nicht von Dritten abhängig und habt die volle Kontrolle über Eure Daten und Sicherheit.
  • Skalierbarkeit: Ihr könnt die Plattform jederzeit erweitern und anpassen, um mit dem Wachstum Eurer Community Schritt zu halten.

Nachteile:

  • Hohe Kosten: Die Entwicklung und Wartung einer maßgeschneiderten Community-Plattform erfordert erhebliche finanzielle Ressourcen.
  • Zeitintensiv: Die Entwicklung kann viel Zeit in Anspruch nehmen, bevor Eure Community online gehen kann.
  • Technisches Know-how: Ihr benötigt ein Team von Entwicklern oder die Einstellung von Entwicklern mit umfangreichen Kenntnissen in der Softwareentwicklung.

Open-Source Lösung:

Open-Source-Community-Plattformen wie Discourse, phpBB oder WordPress mit Community-Plugins bieten eine kostengünstige Möglichkeit, Eure eigene Community aufzubauen. Diese Plattformen sind frei verfügbar und können an Eure Bedürfnisse angepasst werden.

Vorteile:

  • Kostengünstig: Open-Source-Software ist in der Regel kostenlos, was die Gesamtkosten senkt.
  • Anpassbarkeit: Ihr könnt Erweiterungen und Plugins verwenden, um die Funktionalitäten Eurer Community anzupassen.
  • Gemeinschaft: Es gibt oft eine aktive Gemeinschaft von Entwicklern und Benutzern, die Unterstützung und Ressourcen bieten.

Nachteile:

  • Technische Kenntnisse erforderlich: Ihr benötigt einige technische Fähigkeiten, um die Plattform einzurichten und anzupassen.
  • Eigenverantwortung: Ihr seid selbst für Wartung, Aktualisierung und Sicherheit der Plattform verantwortlich.
  • Begrenzte Funktionalität: Einige Open-Source-Plattformen können weniger Funktionen bieten als spezielle kommerzielle Lösungen.

Community Erweiterungen für die Webseite

Eine weitere Möglichkeit, eine Community hinzuzufügen, besteht darin, vorhandene Webseiten oder Online-Shops mit Community-Funktionen zu erweitern. Dies kann durch die Integration von Foren, Kommentarbereichen oder sozialen Funktionen geschehen.

Vorteile:

  • Einfache Integration: Ihr könnt vorhandene Ressourcen nutzen und Eure Community in eine bestehende Website integrieren.
  • Geringe Kosten: Im Vergleich zur Eigenentwicklung oder kommerziellen Lösungen sind die Kosten oft niedriger.

Nachteile:

  • Begrenzte Funktionalität: Die erweiterten Community-Funktionen können weniger leistungsfähig sein als spezialisierte Community-Plattformen.
  • Skalierbarkeit: Die Erweiterungsmöglichkeiten sind begrenzt, wenn Eure Community wächst und speziellere Anforderungen entstehen.
  •  

SAAS Community-Lösung

Software as a Service (SAAS) Community-Lösungen sind spezialisierte Plattformen, die gegen monatliche oder jährliche Gebühren genutzt werden können. Diese Lösungen bieten vorgefertigte Community-Funktionen und sind oft benutzerfreundlich.

Vorteile:

  • Schneller Start: Ihr könnt Eure Community schnell und unkompliziert starten, ohne aufwändige Entwicklungsarbeiten.
  • Geringer technischer Aufwand: Die Plattformanbieter kümmern sich um Wartung, Aktualisierung und Sicherheit.
  • Unterstützung und Schulung: Viele SAAS-Anbieter bieten Schulungen und Support für Community-Manager.

Nachteile:

  • Kosten: Die monatlichen oder jährlichen Gebühren können sich im Laufe der Zeit summieren.
  • Begrenzte Anpassbarkeit: SAAS-Plattformen bieten möglicherweise weniger Anpassungsmöglichkeiten im Vergleich zu Eigenentwicklung oder Open-Source-Lösungen.
  • Abhängigkeit vom Anbieter: Ihr seid auf den Plattformanbieter angewiesen und könnt weniger Kontrolle über Eure Community haben.

Übersicht – Auswahl von Community Software Anbietern

Name der SoftwareURLSitz des UnternehmensKategorie
Discoursehttps://www.discourse.org/USAOpen Source
phpBBhttps://www.phpbb.com/USAOpen Source
MyBBhttps://mybb.com/USAOpen Source
Flarumhttps://flarum.org/KanadaOpen Source
Discourse (Open Source)https://github.com/discourse/discourseUSAKostenlos (Open Source)
Vanilla Forumshttps://www.vanillaforums.com/KanadaSAAS
Mighty Networkshttps://www.mightynetworks.com/USASAAS
Khoroshttps://www.khoros.com/USASAAS
Higher Logichttps://www.higherlogic.com/USASAAS
Hivebritehttps://www.hivebrite.com/FrankreichSAAS
Tribehttps://www.tribe.so/NiederlandeSAAS
Zapnitohttps://zapnito.com/GroßbritannienSAAS
CMNTY Platformhttps://www.cmnty.com/NiederlandeSAAS
Open Socialhttps://www.getopensocial.com/NiederlandeSAAS
inSidedhttps://www.insided.com/NiederlandeSAAS
NINGhttps://www.ning.com/Großbritannien (ursprünglich US-basiert)SAAS
vBulletinhttps://www.vbulletin.com/Großbritannien (internationale Nutzung)Erweiterung Webseite
IPS Community Suitehttps://invisioncommunity.com/GroßbritannienSAAS
XenForohttps://xenforo.com/GroßbritannienSAAS
tixxthttps://tixxt.com/DeutschlandSAAS
BuddyPresshttps://buddypress.org/USAErweiterung Webseite
coapphttps://coapp.ioHannoverSAAS

Fazit

Die Wahl der richtigen technischen Lösung für den Aufbau Eurer Online Community hängt von Euren Ressourcen, Zielen und Fähigkeiten ab. Jede der oben genannten Optionen bietet Vor- und Nachteile, die sorgfältig abgewogen werden sollten. Es ist wichtig, Eure Bedürfnisse und Euer Budget zu berücksichtigen, um die am besten geeignete Lösung für Eure Community zu finden.

Community Engagement und die 90-9-1 Regel

Community Engagement und die 90-9-1 Regel

Eines der Grundprinzipien der Internetkultur wird in der Ein-Prozent-Regel oder auch 90-9-1-Prinzip zusammengefasst. Dieses Prinzip wurde im Jahr 2006 von Jacob Nielsen aufgestellt und sagt Folgendes aus:

  • Lediglich 1 % der Personen in einer Community produziert Inhalte (Creators).
  • Weitere 9 %, die Contributors, kommentieren, bearbeiten und teilen diese Inhalte.
  • Die restlichen 90 %, die sogenannten »Lurker«, schauen sich die Inhalte nur an.

Die erste größere, zahlengestütze Neuauflage der 90-9-1 Regel wurde in 2011 von dem Community Experten Paul Schneider vorgestellt[1].

Abbildung 1.1: Veränderte Verhältnisse der Aktivität

Im Gegensatz zu Nielsen rechnete Schneider die Karteileichen raus, also die Mitglieder, die sich nicht mehr auf der Plattform einloggten. Unter dieser Prämisse entstand die 70-20-10 Regel, also 70% Mitglieder, die nur konsumieren, 20% der Mitglieder, die reagieren und 10% an Mitglieder, die selbst aktiv Inhalte erstellen. Da schon in 2011 ein starker Trend in Richtung mehr aktiver Partizipation absehbar war, sagten unterschiedliche Akteure, wie zum Beispiel die Umfragen des Community Roundtables, eine Verschiebung der Verhältnisse bis zu 20-30-50 voraus. Spannend ist, dass diese Voraussage zwar für einzelne Netzwerke stimmen mag, das gros der Communitys aber bis heute zwischen Nielsen und Schneider zu verorten ist. Das gilt insbesondere dann, wenn daten- und nicht umfragegestützte Werte als Beurteilungsgrundlage genutzt werden.

Entwicklung des Aktivitätsniveaus in Communitys

Die Studie des Community Softwareanbieters Higher Logic aus 2020[2] zeigt, dass die Aktivität einer Community stark von der Größe abhängig ist. Während sich kleine Communitys näher an der 70-20-10 Regel verorten ließen, tendierten die großen Gemeinschaften, mit mehr als 50.000 Mitglieder mehr Richtung Nielsen. Im Detail konnte die Studie konnte folgende Werte in Abhängigkeit von der Größe des Netzwerkes nachweisen:

Anzahl Mitglieder< 50005.000 -50.000>50.000
Creatoren23%10%5%
Kontributoren10%10%5%
Lurker67%80%90%
Anzahl der Mitglieder in Abhängigkeit zu der Größe der Community

Fazit

Die 90-9-1 und 70-20-10 Regeln sind zwar fast zwei Jahrzehnte alt, die Prinzip dahinter eignet sich trotz Studien und Auswertungen, die Werte von 55-25-20[3] bis 95-4-1[4] nachwiesen, noch immer gut als grober Richtwert[5]

Sie müssen also immer davon ausgehen, dass lediglich ein Teil Ihrer Fans, Follower und Mitglieder überhaupt aktiv auf Inhalte in einer Community reagieren wird. Behalten Sie dies bei Ihren Zielen und Erwartungen immer im Hinterkopf. Darüber hinaus ist dieses Phänomen gar nicht so schlimm, wie es zunächst scheint. Aktive Mitglieder brauchen die Bühne und das Publikum, reaktive Mitglieder gute Inhalte, auf die sie reagieren können und mitlesende Mitglieder Inhalte, für die sie gerne in die Community kommen. Hier zählt wie so oft Qualität vor Quantität.


[1] https://customerthink.com/is_the_90_9_1_rule_for_online_community_engagement_dead_data/

[2] https://www.higherlogic.com/lp/2020-engagement-trends-report/

[3] Community Roundtable State of Community Umfrage

[4] Garfield, Stan Handbook of Community Management: A Guide to Leading Communities of Practice, Kapitel 11

[5] Eine sehr spannende Auswertung von mehr als 200 Communitys finden Sie hier https://community.khoros.com/t5/Khoros-Communities-Blog/The-90-9-1-Rule-in-Reality/ba-p/5463

Ein kleine Auswahl von weiteren Studien:

„A study of an online fashion community found that 0.3% of users were creators who contributed original content, 3.5% of users were curators who shared existing content, and 96.2% of users were passive observers. „Journal of Business Research, 2021 – „Creating, curating, or lurking? The roles of consumers in online fashion communities“ (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0148296320303446)

„A study of a popular social news and discussion website found that 0.08% of users created more than 50% of the posts, 1.29% of users created 20-50% of the posts, and 98.63% of users created fewer than 20% of the posts. „International Journal of Web Based Communities, 2019 – „Who are the ‚active users‘ on Reddit? A descriptive analysis of popular subreddits“ (https://www.inderscienceonline.com/doi/abs/10.1504/IJWBC.2019.098877)

„A study of a social network for academic researchers found that 1.8% of users were highly active contributors who created 70% of the content, 5.5% of users were moderately active contributors who created 20% of the content, and 92.7% of users were passive observers who made no contributions.“ PLoS ONE, 2019 – „Active contribution mediates the association between social isolation and subjective well-being: A study of Chinese academic researchers on social networking sites“ (https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0218786)

Resilienz und Selbstfürsorge im Community Management

Resilienz und Selbstfürsorge im Community Management

Community Manager*innen sind die letzte Bastion im Kampf gegen den Hass im Internet! Der Großteil der Community Manager*innen, die ich kenne, sehen genau diese Verantwortung als Ihre Berufung. Sie stellen sich tagtäglich Hasskommentaren, Gewaltphantasien und sogar Drohungen. Sie sorgen dafür, dass die vernünftigen Stimmen da draußen überhaupt noch eine Chance haben. Eigentlich sollten wir Community Manager*innen für diesen Dienst an der Gesellschaft feiern. Die Realität sieht leider noch immer anders aus. Da muss der ungeschulte Redaktionsmitarbeitende nebenbei die Kommentare unter dem Artikel zur Flüchtlingspoltitik moderieren, da sitzen Werkstudierende mit Bauchschmerzen vor den Kommentarspalten in denen sich Wutbürger*innen austoben oder Community Manager*innen lassen sich den dritten Tag in Folge 8-10 Stunden am Stück  beschimpfen, während sie eine Kommunikationskrise begleiten. Selbst dem toughestem CommunityProfi gehen solche Situationen an die Nieren, warum also ändert sich seit Jahren nichts an dieser Situation? Warum ist die Wertschätzung für die Arbeit nach wie vor eher ein „ach, das bisschen Facebook kannste doch nebenbei machen“? Die traurigen wie triviale Antworten sind:

  • dass noch immer ein bedeutsamer Anteil der Redaktionen, Unternehmen, Organisation, Behörden und Co., die Bedeutung von und vor allem die Verantwortung zu Community Management nicht verstanden haben. 
  • dass Community Management nicht direkt Einnahmen verursacht, da Beziehungsaufbau und bedeutsame Dialoge nunmal keine Umsatzziele sind (und das ist auch gut so). Entsprechend braucht es eine gute Strategie und geeignete Messwerte, um selbst dem letzten Zweifler zu beweisen, welchen Wert CM hat. 

Gegen diese Gründe können wir Social Media und Community Manager*innen nur Stück für Stück arbeiten, worauf jede*r Communityschaffende, der tagtäglich dieser Situation ausgesetzt ist, sofort achten muss ist Selbstfürsorge. Mit Betonung auf sofort und muss! Es mag paradox klingen, aber die psychische Last, die mit dieser Situation einhergeht, kann (post)traumatische Stresssymptome auslösen, die mit denen eines realen Verkehrsunfalls, oder des Todes eines Angehörigen vergleichbar sind. Von depressiver Verstimmung, über Depressionen, bis hin zu Selbstmord(gedanken), ist mit den Folgen wirklich nicht zu spaßen. Das passiert meistens nicht von heute auf morgen, sondern ist ein schleichender Prozess. Genau deswegen ist es so unglaublich wichtig, dass Community Manager*innen achtsam sind und auf sich aufpassen. Eine Reihe von Tipps, was Ihr als Community Manager*innen und Vorgesetzte dafür tun könnt,  habe ich Euch hier zusammengestellt. Ihr habt noch andere Methoden und Ideen? Dann freue ich mich über Ergänzungen in den Kommentaren.

Achtsamkeit für Community Manager*innen

Warum Seelenhygiene für Community Manager*innen enorm wichtig ist

Wer den ganzen Tag angefeindet wird, die hässliche Fratze der Menschheit mit jedem Kommentar lesen muss oder im Zweifel sogar Videos und/oder Fotos sichten muss, die kein Mensch je sehen sollte, braucht Hilfe. Mindestens Hilfe zur Selbsthilfe und in manchen Fällen die Unterstützung durch einen Therapeuten. 

Worte können sein wie winzige Arsendosen. Sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.

Victor Klemperer

Selbstsicherheit – der Grundstein von Selbstfürsorge

Selbstsicherheit, also eine Überzeugung, dass das was man tut gut und richtig ist, ist der Grundstein für Selbstfürsorge. Warum? Weil Selbstzweifel Euch verunsichern und damit die Tür für negative Gedanken noch weiter öffnen. Wer negativ über sich oder seinen Arbeitgeber denkt, dem fällt es schwerer gut zu sich selbst zu sein. Um „Euer Selbst sicher“ zu sein, ist es also unglaublich wichtig, dass Ihr einen Sinn in Eurer Arbeit seht und hinter Eurem Arbeitgeber stehen könnt. Seid hier ehrlich zu Euch selbst und zieht weiter, wenn Ihr diese Punkte nicht mehr erfüllt. Ein weiterer Punkt der Eure Selbstsicherheit unterstützen kann, ist kontinuierliches Lernen und eine gute Ausbildung im Community Management. Ob der Besuch einer Konferenz, das Lesen eines Fachbuches oder der Austausch mit Branchenkolleg*innen zu Fachfragen – sorge dafür, dass Du stets das Gefühl hast in Deinem Fach auf der Höhe der Zeit zu sein.
Selbstsicherheit bedeutet im übrigen nicht ein „Ego aus Stahl“ zu haben. Es geht darum so Selbstsicher zu sein, dass Euch der „Pöbel im Internet“ nicht aus der Fassung bringen kann, zumindest nicht mehr als unbedingt notwendig.

Schweigen ist schmerzhaft, Schreiben ist Silber, Reden ist Gold

Ein befreundeter Psychologe sagte einst, dass negative Gefühle und Gedanken im Inneren kreisen und sich gegenseitig aufschaukeln, bis sie „rausgelassen“ werden. Genau das musst Du als Community Manager*in tun, um nicht irgendwann krank von dem zu werden, was Du da Tag täglich lesen musst.

Sprich mit Deiner / Deinem Partner*in, Deiner Familie oder Freund*innen über Deine Gefühle und über das was Tag täglich auf Dich einprasselt, was Dich bewegt und warum. Wenn Du in Deinem Umfeld niemanden hast, mit dem Du reden kannst, oder Du einfach das Gefühl hast, dass Dich niemand wirklich versteht, suche Dir Branchenkolleg*innen zum Austausch. Wir im Bundesverband Community Management (BVCM e.V.) bieten neben einem geschütztem Intranet für Mitglieder, beispielsweise auch regionale Stammtische an, auf denen Du auch als Nicht-Mitglied dazu stoßen kannst. Der Austausch auf diesen Treffen ist stets eine Bereicherung, denn hier Treffen sich nicht nur Menschen, die wissen was Du gerade durchmachst, sondern auch Kolleg*innen, die nicht nur zuhören können, sondern sicher auch den einen oder anderen guten Rat für Dich haben. Du bist zu schüchtern, weil Du keinen kennst? Wende Dich einfach an die/den Organisator*In des jeweiligen Stammtisches, dann helfen wir Dir! Die aktuellen Termine für Stammtische findest Du auf unserer Facebook Seite.

Fokussiere Dich auf die schönen Menschen und Kommentare

Der Mensch neigt dazu negative Erfahrungen präsenter im Kopf zu haben, als positive. Arbeite hier aktiv dagegen! Sammele positive Kommentare und E-Mails – manch ein Community Team druckt diese Highlights sogar aus und hängt diese an die Wand, damit sie immer präsent sind.
Beschäftige Dich bewusst mit den positiven Menschen in Deiner Community, spricht mit ihnen, bedanke Dich für ihre Unterstützung oder beantworte einfach freundlich Ihre positive Wortmeldung. Das sorgt nebenbei nicht nur für eine bessere Bindung, sondern gleichzeitig auch dafür, dass genau diese Kommentare mehr Sichtbarkeit bekommen. Behalte außerdem immer im Hinterkopf – Nutzer*innen mit einer extremen Meinung und/oder jene, die durch negative Emotionen (oder Bots) angetrieben werden, schreiben überproportional viele Kommentare. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es viel mehr schöne Menschen da draußen gibt, als die Kommentarspalten erahnen lassen. 

Guter Kommentar

Ablenkung durch Humor & Co.

Humor ist wenn man trotzdem lacht und manchmal ist diese Einstellung im Community Management genau das, was den Unterschied macht. Ich habe selbst über Monate Kommentare auf „rechtsgeneigten“ Seiten gelesen und ausgewertet, sowie auf großen Seiten Beiträge zu dem Themenkomplexen „Geflüchtete“ „Impfen“ und in diversen Shitstorms moderiert und beantwortet. Am Ende des Tages fühlte ich mich oft unglaublich leer und hatte ein Stück weit den Glauben an die Menschheit verloren. Das einzige, was neben Gesprächen mit Kolleg*innen, Familie und Freund*innen noch half war ein Überdosis des Gegenteils. So  las ich am Abend gerne mal klassische Literatur, guckte mir lustige oder romantische Filme bzw. Serien an. An ganz harten Tagen musste es auch mal das Gegenteil sein – Horror oder Drama. Ein weiterer Favorit ist Musik, eben die Lieder, die Dir ein gutes Gefühl geben und/oder Dich emotional „reaktivieren“. Auch hier gilt es Deinen persönlichen Ansatz zu finden – was hilft Dir Dich abzulenken? Wie eingangs erwähnt, ist Humor hier oft auch eine mögliche Variante. Humor verhilft zur Distanz und rückt die Perspektive wieder ein wenig mehr ins Lot. Wer selbst nicht die Zeit hat, kann hier auf diverse Facebook-Gruppen zurückgreifen. Da wären zum Beispiel Kundenservice, Hooligans gegen den Satzbau, Katzen gegen Glatzen (leider zur Zeit inaktiv) oder das Beste aus Social Media. Einer meiner persönlichen Favoriten, wenn es mal wieder ganz schlimm ist, ist das Lied „Thank you Hater“ von Clever Pie und Isabel Fay. 

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Dieses Video, oder der eine oder andere Beitrag von diesen Seiten sollte zumindest für ein Schmunzeln sorgen. 
Wenn Sie das nicht mehr tun und Du generell merkst, dass Du emotional abstumpfst, solltest Du Dir Gedanken darüber machen, ob Dir Deine Arbeit nicht schon zu nahe geht und Du Dir mehr Unterstützung holen solltest!   

Nutze das ABC(DE)-Modell 

Das ABC-Modell kommt aus der kognitiven Verhaltenstherapie und wurde von dem Psychologen Albert Ellis entwickelt. Ellis erkannte, dass es zwischen einem Ereignis und dem daraus entstehenden Gefühl einen unbewussten Zwischenschritt gibt. Diese Abfolge nannte er, ABC Modell für:

A
ctivating experiences – innere oder äußere Wahrnehmung / Erfahrung / Herausforderung / Konflikte

Beliefs – Annahmen und Interpretationen
Consequences – Verhalten und Gefühle

Zwischen einem Ereignis und einem Gefühl steht demnach noch eine Bewertung dessen, was da gerade passiert ist. Wenn wir uns dieses Zwischenschrittes bewusst sind, sind wir in der Lagen unsere Gefühle zu beeinflussen (je nach Grundstimmung mal mehr und mal weniger).  Genau deswegen ist das ABC-Modell ist bis heute Basis vieler kognitiver Verhaltenstherapien.

Gerade zu Beginn ist es natürlich schwierig, direkt in den ABC-Prozess einzugreifen, deswegen entwickelte Ellis noch ein D und E

Dispute – Hinterfrage Deine ungünstigen Annahmen und Interpretationen
Effect – Erlebe die positiven Auswirkungen, wenn Du bewusst beeinflusst, wie Du mit der Erfahrung umgehen möchtest.

Den Hintergrund zu dem Modell könnt Ihr Euch zum Beispiel hier durchlesen, oder dieses Video ansehen.

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Ich möchte an einem stark vereinfachten Beispiel zeigen, wie es Euch im Community Management helfen kann.

A: Kim moderiert die Kommentare unter einem Beitrag, dabei begegnet ihr eine Beleidigung gegen das Community Management dieser „Drecksseite“.
B: Kim ist ein sehr empathischer Mensch und nimmt die Beleidigung (zumindest teilweise) persönlich.
C: Kim fühlt sich nicht gut, wird traurig und fragt sich, was sie hätte anders machen können
D: Kim hinterfragt ihre Reaktion: Meint die Person überhaupt mich persönlich? Ist diese Person überhaupt in der Lage über mich und meine Fähigkeiten zu urteilen?Was ist passiert, damit die Person so unflätig wird, hatte ich darauf Einfluss?Die Antwort ist in allen drei Fällen NEIN! Kim macht sich klar, dass dies kein persönlicher Angriff ist und antwortet sachlich und lösungsorientiert mit einem Hinweis auf die Netiquette.
E: Version A: Der Nutzer entschuldigt sich für seinen Ton und bedankt sich für die Antwort. Version B: Der Nutzer poltert weiter und Kim reagiert mit den angekündigten Sanktionsmaßnahmen. In beiden Fällen hat Kim ein besseres Gefühl als vorher.

Das ABCDE Modell hilft Dir dabei Dir bewusst zu werden, was Dich wie negativ beeinflusst und wie Du „anders denken kannst“ um diese Gefühle zu beeinflussen. Dafür gibt es keine allgemeine Lösung. Um Deine Lösung zu finden, hilft es zu Beginn Deine persönlichen ABCDEs strukturiert aufzuschreiben. Deswegen habe ich für Euch eine auf Community Manager*innen angepasste Vorlage für die ABCDE-Methode entwickelt, die Du Dir hier runterladen kannst. 

Voschau des Arveitsblattes ABCDE Modell für Community Manager*innen

Keine Scheu vor psychotherapeutischer Hilfe!

Dir verschaffen weder Gespräche mit Kolleg*innen oder Freund*innen, noch mit anderen Community Manager*innen Erleichterung im Gedankenkarussell? Dann nimm dieses Zeichen bitte sehr ernst! Strecke lieber zu früh als zu spät die Fühler nach einer*m gute*n Psychotherapeut*in aus, eine Übersicht approbierter Therapeut*innen findest Du beim Deutschen Psychotherapeuten Verband. Es ist wirklich keine Schande sich professionelle Hilfe zu suchen! Ich bin persönlich sogar der Meinung, dass jeder Mensch von ein paar (mehr) Stunden bei einer/einem Psychotherapeut*in profitieren würde. Dort lernst Du nämlich nicht nur den Umgang mit schwierigen Situationen, sondern auch eine Menge über Dich selbst. Diese Selbst(er)kenntnis verschafft Dir Wort wörtlich mehr Selbstbewusstsein und stärkt Dich für Herausforderungen im Alltag.

Für den akuten Notfall – Telefonseelsorge

Es gibt Situationen, in denen niemand Zeit hat, obwohl Du gerade wirklich jemanden brauchst, mit den Nerven am Ende bist und nicht mehr weiter weißt. Selbst dann bist Du nicht allein! Es gibt die bundesweit gültige Nummer der Telefonseelsorge, sowie ein Angebot per Chat oder E-Mail Kontakt aufzunehmen: https://www.telefonseelsorge.de/

Langfristig kann die Telefonseelsorge natürlich keine*n Therapeut*n ersetzten, aber die Quintessenz ist – Du bist niemals allein! 

(Offline) Freiräume schaffen und Grenzen ziehen

Gerade als Community Manager*in gibt es Situationen, in denen Du ganz bewusst abschalten sollten, und zwar komplett. Ganz offline! Suche Dir dafür am besten einen Ort, an dem Du kein Internet hast, oder nehme Dir ein klassisches „Dumbphone“ ohne Internetfähigkeit mit. Ganz einfach, damit Du nicht in Versuchung gerätst, eben mal kurz nachzusehen. Damit Du wirklich zur Ruhe kommen kannst, solltest Du mit den Kolleg*innen ausmachen, dass diese Dich nur im Notfall anrufen oder per SMS informieren, aber auch wirklich nur dann!

Darüber hinaus ist es durchaus legitim, in der Freizeit Grenzen zwischen Beruf und Privatleben zu ziehen und die Diskussion über das, was der Arbeitgeber getan hat, freundlich, aber bestimmt zu beenden. Umgekehrt bestimmst Du  selbst, wie viel von Deinem Privatleben Du mit in den Beruf ziehst. Du musst nicht auf Facebook mit Kunden befreundet sein, oder auf XING Kontakte annehmen, die Dir nicht persönlich bekannt sind. Auf XING kannst Du eine freundliche Absage schreiben, warum Du keine fremden Kontakte annimmst und unter welchen Voraussetzungen das tust. Auf Facebook gibt es neben dieser Strategie noch die Möglichkeit, die Sichtbarkeit von Inhalten auf Deinem Profil einzuschränken. Dafür erstellen Sie eine Liste, die zum Beispiel den Namen „Beruflich“ trägt, und veröffentlichen Ihre Inhalte standardmäßig mit den Sichtbarkeitseinstellungen „Nur für Freunde“ und Nicht teilen mit Beruflich (siehe Abbildung)

Kontakte auf dieser Liste sehen dann nicht mehr als Personen, die Dein öffentliches Profil abonnieren. Generell kann ich Euch Community und Social Media Manager*innen nur empfehlen sehr bewusst mit Euren persönlichen Daten und Einblicken in Euer Privatleben umzugehen. Spätestens wenn man die ersten Gewaltphantasien aus dem E-Mail Postfach fischt, wird einem bewusst wie wichtig das ist. 

Seit gut zu Dir!

Last but not Least habe ich noch einen ganz wichtigen Tipp. Je besser es Dir mental und körperlich geht, desto besser kommst Du auch mit dem Stress des dialogischen Community Managements klar! Deswegen ist es so ungemein wichtig, dass Du nicht nur auf der Arbeit, sondern generell gut für Dich sorgst. Tue Dinge, die Dir gut tun, umgebe Dich mit Menschen und Tieren, die Du magst, achte auf Deine Gesundheit, entwickele ein generelles Gespür für Dich, Deinen Körper und Deine Seele. Je stressiger und unschöner die Kommentare sind, mit denen Du Dich tag täglich rumschlägst, desto wichtiger ist Dein persönlicher Ausgleich! Ob das nun Sport, Reisen, Kochen, Stricken oder Bungee-Jumping ist, hängt von Deinen Vorlieben ab. Lege Dir am Besten eine Liste mit „angenehmen Tätigkeiten“ an und tue regelmäßig was davon. Inspiration für so eine Liste, inklusive Bewertungsmöglichkeiten, findet Ihr zum Beispiel hier. Es hilft hier wirklich feste(!) Zeiten einzuplanen – ob der regelmäßige Besuch im Fitness Studio am Mittwoch in der Mittagspause (sehr zu empfehlen), oder alle 2 Stunden einen Achtsamkeitsmoment, in dem Du kurz innehältst und genau nachfühlst „Wie geht es mir gerade“ – nimmt Dir bewusst Zeit für Dich!  
Zur Selbstfürsorge gehört auch zu kommunizieren, wenn Du an einem Tag mental wirklich nicht in der Lage bist auch nur noch einen weiteren Hasskommentar zu lesen. Mir ist bewusst, dass es dafür auch die/den richtige*n Vorgesetzte*n braucht. Genau deswegen richtet sich der letzte Teil dieses Artikels an Führungskräfte von Community Manager*innen.

Fürsorge für Dein Team

Du bist Teamleiter*in und möchtest, dass es Deinem Team gut geht?  Dann kannst Du folgende Dinge tun: 

Eine Community Kultur etablieren

Wertschätzung für die Kolleg*innen, Offener Austausch, Fehlerkultur und Zusammenhalt sind die wichtigsten Voraussetzungen für eine gute Community Kultur in Deinem Unternehmen. Die Grundlage dafür ist eine solide Social Media und Community Management Strategie, die den Beitrag zu den Unternehmenszielen zeigt. ( Wie Ihr gute Social Media Messwerte und KPI definieren könnt, lest Ihr hier) Erstellt regelmäßig Reports oder Rundschreiben, in dem Ihr Eure Erfolge zeigt – nicht nur der Geschäftsleitung, sondern gebt allen Mitarbeiter*innen die Chance Einblick in Eure Arbeit zu bekommen. Ob als Statusmeldung im Intranet, per E-Mail oder sogar ganz klassisch als Kolumne in der Mitarbeiterzeitung hängt von den Möglichkeiten Eures Arbeitgebers ab. Besonders hilfreich ist es auch, wenn Ihr Eure Führungskräfte oder internen Zweifler mal einen Tag als „Praktikant*in“ einspannen könnt. Eine Übung, die ich in der Beratung immer dann „anordne“, wenn ich merke, dass die Vorstellung von Community Management völlig daneben liegt. Sowas wirkt Wunder! Die Wertschätzung nach außen ist der eine Teil, die richtige Atmosphäre innerhalb des Teams zu schaffen, ist eine andere Herausforderung. Sorge schon bei dem Einstellen der Mitarbeitenden für eine gute Passung. Das kannst Du erreichen, indem mindestens ein*e Mitarbeiter*in mit in den Bewerbungsprozess involviert ist. Sehr hilfreich ist auch immer ein freiwilliger Persönlichkeitstest, wie zum Beispiel ein Test nach der Jung-Typologie, oder neben dem klassischen Vorstellungsgespräch für die Favoriten ein Treffen zum Mittagessen o.ä. zu organisieren. Gerade weil der mentale Rück-und Zusammenhalt in dem Community Team so wichtig ist, ist es enorm wichtig, dass die Mitarbeitenden zusammen passen.  Du als Führungskraft musst voll hinter Deinem Team stehen. Egal was schief läuft, achte auf wertschätzende Kommunikation und konstruktive Kritik. Achte darauf, dass Dein Team gut ausgebildet ist und Du feste Strukturen für Achtsamkeit etablierst.  

Feste Strukturen für Achtsamkeit

Etabliere feste Meetings, in dem die Mitarbeitenden sich gezielt über Ihre Gefühle im Umgang mit den dunklen Seiten des Internets austauschen können. Das muss nicht immer innerhalb des Büros sein, sondern kann auch gerne mal im Grünen, in einem Bistro oder Café sein. Oftmals haben (zumindest einige) Mitarbeiter zunächst Schwierigkeiten damit sich zu öffnen, oder können Ihre Gefühle nicht verbalisieren. Hier kannst Du helfen, indem Du Selbst als Vorbild agierst und mit dem Gefühlsstern den Ausdruck von Gefühlen vereinfachst.

Dieser Kreis hilft Deinen Mitarbeiter*innen über die Dimensionen der Emotionen besser einzuschätzen, wie „schlimm“ es gerade ist. Natürlich darfst und sollst Du niemanden zum Austausch zwingen, die Erfahrung zeigt aber, dass so ein Angebot meistens sehr gut angenommen wird.

Ein weiteres, wichtiges Angebot ist Mentoring oder Supervision – je nach Belastungsgrad der Kommentare durch eine*n erfahrenen Community Manager*in (idealerweise mit einer Grundausbildung in Psychologie) oder Psychotherapeu*tin. Sorge dafür, dass Deine Community Manager*innen regelmäßig die Chance haben Einzelstunden in Anspruch zu nehmen – entweder auf Abruf oder noch besser als festen, (2)monatlichen Termin. 

Zu einem guten Prozess gehört in diesem Falle auch, dass niemand 8 Stunden (oder mehr) am Tag in Kommentarspalten verweilen muss. Dafür braucht es

  • alternative Verantwortlichkeiten, idealerweise Aufgaben, bei denen die Mitarbeiter*innen positive Bestätigung bekommen,
  • feste Pausen und arbeitsfreie Zeit, auf dessen Einhaltung auch geachtet wird, 
  • und genau deswegen ausreichend Personal!  

Um diese Strukturen etablieren zu können, braucht Ihr die entsprechenden Ressourcen. Entsprechend ist es enorm wichtig, dass Ihr eine gute Social Media und Community Management Strategie habt. Ihr müsst nachweisen, dass Ihr einen Beitrag zu den Unternehmenszielen leistet und argumentieren können, warum es eben nicht ausreicht, dass die/der Praktikant*in nebenbei ein bisschen auf Facebook antwortet. Aber genau das ist Eure Aufgabe als Führungskraft! Setzt Euch für Euer Team ein, wenn Ihr es alleine nicht schafft, tauscht Euch mit Kolleg*innen aus (zum Beispiel im BVCM), legt Eurer / Eurem Chef*in diesen Artikel hin, oder holt Euch Beratung an Board. Wir müssen für gute Arbeitsbedingungen im Community Management kämpfen, das wird leider niemand anderes für uns tun. 

Fazit

Community Management wird in Zukunft noch viel wichtiger werden, als es heute schon ist – nicht nur um überhaupt noch in den sozialen Netzwerken gesehen zu werden, sondern weil wir endlich die Verantwortung für den Verfall der Diskussionskultur übernehmen und aktiv dagegen steuern müssen. Das schön ist, gute Community Manager*innen werden immer gesucht. Wenn Du also absolut keine Rückendeckung in Deiner Organisation hast, oder feststellst, dass die Werte nicht mehr zu Deinen passen, dann musst Du Dir keine Sorgen machen, Du bist am Markt gefragt. Das ist im übrigen auch ein Gedanke, der Dir bei Deiner persönlichen Selbstsicherheit hilft!  In diesem Sinne, lasst uns das Internet gemeinsam besser machen!

Der Unterschied zwischen Community und Social Media

Der Unterschied zwischen Community und Social Media

Der Begriff Community wird aktuell inflationär eingesetzt. Einerseits freut mich das sehr, denn für mich war Community schon immer der Inbegriff von Social Media. Auf der anderen Seite ist es wichtig, die Unterschiede zwischen Community und Social Media (Management) deutlich zu definieren. Durch eine klare Definition wird nämlich greifbar, warum eine echte Community die Königsdisziplin in Social ist.

Was Communitys mit Konzerten zu tun haben

Ich erkläre den Unterschied von Social Media und Community immer gerne mit einem Konzert Beispiel.

„Social Media ist das Publikum, Community ist der harte Kern“

Stellen Sie sich vor, Sie besuchen ein Konzert Ihrer Lieblingsband. Die Band kommt auf die Bühne, liefert Impulse, bestimmt den Takt und die Euphorie im Publikum.

Ein Großteil der Zuschauenden hat dabei den Blick nach vorne gerichtet und hängt an den Lippen ihren Stars. Dabei konzentrieren sich diese Menschen auf sich selbst und vielleicht noch die Menschen mit denen sie vor Ort sind. Interaktion mit Dritten (Gerempel, Blicke) findet zufällig, flüchtig und ohne großartige Intention statt. Wenn die Band nach der Zugabe die Bühne verlässt, geht die Zuschauerschaft genauso anonym wie vorher auseinander. 

Dieser Teil des Publikums ist zwar Teil einer großen Menge, aber fühlt weder Identifikation oder Zugehörigkeit mit dem Rest. Diese Menschenmenge entspricht der klassischen Fan- und Followergemeinschaft in Social Media.

Vorne im eingezäunten Bereich dagegen sammeln sich die härtesten Fans der Band, die in Gruppen anreisen, teilweise Tage vor dem Einlass vor der Konzerthalle campieren, und sich auch abseits der Konzerte rege austauschen. Natürlich sind ist dieser Teil des Publikums auch wegen dem was auf der Bühne passiert hier. Der Unterschied liegt in drei Aspekten.

  • Die Band auf der Bühne ist nur ein Teil des Erlebnisses. Die besondere Atmosphäre und die nachhaltigen Erinnerungen entstehen aufgrund der bewussten Interaktion mit den anderen Menschen. Die gemeinsame Fahrt zu dem Konzert, die Wartezeit in der kollektiv die Lieblingslieder gesungen werden, zusammen vor der Bühne zu tanzen und zu schunkeln.  
  • Wer in diesem Teil des Publikums steht, weiß genau, dass für die Menschen um einen herum das „Fan dieser Band sein“ Teil der Identität ist. Diese Gemeinsamkeit führt direkt zu einem Gefühl der Zugehörigkeit. Es entstehen Gespräche und Kontakte, ohne dass die Band irgendwas dafür tun muss.
  • Wenn die Band Ihren Auftritt beendet hat, gehen die Gespräche und die Interaktion weiter. Es werden Erinnerungen über das Konzert ausgetauscht, die nächsten Besuche geplant und all das ohne dass die Band Impulse setzen muss.

Dieser harte Kern ist die Community, der nicht nur reagiert und konsumiert, sondern aktiv Dialoge und Beziehungen initiiert, sowie durch ein Gefühl der Zugehörigkeit geprägt ist.  

Dass Unternehmen und Personen ein Publikum und damit Aufmerksamkeit und Reichweite haben möchten, ist ein valides Ziel für eine erfolgreiche Social Media Strategie.
Aber wenn ohne stetige Anstöße durch den Gastgeber einer Präsenz kein Austausch zwischen den Menschen in diesem Publikum stattfindet, ist es eben keine echte Community.

Was meinen Sie dazu?

Ziele für Ihre Community Strategie

Ziele für Ihre Community Strategie

Der Aufbau einer lebendigen Community braucht viel Zeit, Personal, Engagement und ein vernünftiges Budget. Um diese Ressourcen intern verargumentieren zu können, müssen Sie in der Lage sein nachzuweisen, dass Ihre Community einen Beitrag zu den Geschäftszielen leistet. Das schaffen Sie nur mit einer vernünftigen Community-Strategie und mit dem Fokus auf die Bedürfnisse Ihrer Mitglieder.

Bestimmen des Geschäftszweckes Ihrer Community

Die Gründung Ihrer Community muss strategisch dazu beitragen Ihre Organisationsziele zu erreichen. Das natürlich in Anbetracht der verfügbaren Ressourcen und den Bedürfnissen der Zielgruppe. Organisationsziele sind Kostensenkung, Gewinnmaximierung oder Erhalt der Handlungsautonomie, worunter Themen wie Mitarbeitergewinnung und –bindung, Positives Image in der Öf̈fentlichkeit, Krisenfestigkeit und Finanzierung fallen. Von dem an dieser Stelle ausgewählten Organisationsziel, wird das Metaziel der Community abgeleitet.

Hilfe für die Ableitung Ihres Community-Metaziels
Für die Ableitung sinnvoller Community-Ziele empfehle ich Ihnen die Erfolgsmatrix des BVDW, die Sie an dieser Stelle runterladen können https://bit.ly/BVDWMatrix. Hier finden Sie nicht nur sämtliche Unternehmensziele auf die einzelnen Bereiche runtergebrochen, sondern zusätzlich auch eine Reihe von sinnvollen KPI, die Sie direkt für die Erfolgsmessung übernehmen können.
In diesem Artikel zum Thema Strategische Social Media Ziele erarbeiten, zeige ich Schritt für Schritt, wie sinnvolle Ziele und KPI erarbeitet werden.

Operative Ziele der Community

Bei der Ableitung der operativen Ziele für Ihre Community müssen Sie sich die Frage stellen: Welches Verhalten müssen meine Community-Mitglieder zeigen, damit ich mein Metaziel erreiche? Nehmen wir uns an dieser Stelle einmal Kundenbindung als Beispiel. Zwei Faktoren für Kundenbindung sind Zufriedenheit mit dem Angebot, sowie eine Identifikation mit dem und eine Bindung an den Anbieter dahinter.  Positive Erfahrungsberichte, Gegenseitige Unterstützung bei Problemen und bei dem Ausreizen der Produkteigenschaften, sowie Diskussionen über das eigene Angebot sind entsprechend Verhaltensweisen, die auf das Ziel Kundenbindung einzahlen. Damit wären vier mögliche Ziele hier:

  • Kund:innen sollen in der Community miteinander diskutieren
  • Kund:innen sollen zeigen, was man mit dem Produkt machen kann
  • Kund:innen sollen Servicefragen in hoher Qualität beantworten
  • Kund:innen sollen Erfahrungsberichte schreiben

Ein Beispiel für die Ableitung vom Geschäftszweck bis zu den Community-Zielen sehen Sie noch einmal in Abbildung 1, eine Übersicht aller durch den BVDW definierten Ziele mit den zugehörigen Community-Zielen, habe ich Ihnen im Abschnitt danach zusammengestellt.

Community-Ziele, die einen Beitrag zu den Unternehmenszielen leisten

In Anlehnung an die BVDW Erfolgsmatrix und den Strategierahmen von Feverbee finden Sie an dieser Stelle eine Reihe von Community-Zielen für Ihre Community-Strategie. Alle Ziele zahlen auf Organisationsziele ein, womit gewährleistet ist, dass Sie den Beitrag Ihrer Community intern verargumentieren können.

Die Listen erheben dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit, werden von mir aber seit Jahren erfolgreich als Orientierungspunkte in der praktischen Arbeit eingesetzt. Dabei habe ich das beste aus beiden Modellen zusammengeführt, womit in allen Projekten sowohl eine hohe interne Akzeptanz, als auch sehr gute Ergebnisse von Communityseite erziehlt werden konnten. Sie haben Anmerkungen, Ergänzungen, Fragen oder Kritik? Dann sprechen Sie mich gerne an!

Kundengewinnung (Generation, Conversion, Advocacy)

  • Positive Bewertungen schreiben
  • Word of Mouth
  • Inhalte erstellen, die gefunden werden können
  • Fragen stellen, die das Unternehmen gut beantworten kann • Fragen von potentiellen Kunden beantworten
  • Lesen und Teilen von Markenbotschaften

Kundenbindung (I/II) (Retention, mehr Käufe, häufigere Käufe)

  • Informationen von dem Unternehmen lesen / als wertvoll bewerten Dialoge in der Community führen
  • Punktesysteme oder Ranglisten nutzen, die einen Wechsel schwer machen
  • Zeigen was man mit den Produkten machen kann

Kundenbindung II/II (Service, Loyalität, Empfehlungen

  • Fragen anderer Kunden (schnell) beantworten
  • Positiver Austausch in der Community
  • Hilfreiche Anleitungen schreiben
  • Hilfreiche Erfahrungen teilen
  • Community Manager auf Probleme aufmerksam machen
  • Dialoge mit dem Unternehmen führen (Fragen / Diskussionen)
  • Produkte / das Unternehmen empfehlen

Kosten senken / Produktivität erhöhen (Verbesserung von Prozessen z.B. Produktverbesserung, – innovtion, Effizientere interne Kommunikation, weniger Media-Spendings, Kosten für Recruiting / Service)

  • Neue Produkte Vorschlagen
  • Umfragen ausfüllen
  • An Interviews teilnehmen
  • Über Ideen abstimmen / Feedback geben
  • In der Community fragen stellen statt per Mail
  • Dokumente, Personen und Dateien taggen, damit diese besser gefunden werden
  • Dokumente im Intranet auf dem neuesten Stand halten
  • Fragen beantworten und Expertise teilen
  • Die richtigen Personen zur Mitarbeit bei Expertendiskussionen einladen
  • Mit Inhalten interagieren
  • Inhalte für den Kundenservice erstellen / Fragen beantworten
  • Stellenanzeigen teilen

Handlungsautonomie (Personal, Akzeptanz Öffentlichkeit / Krisenfestigkeit / Finanzierung ermöglichen)

  • Mitarbeiter zeigen Gesicht
  • Mitarbeiter beantworten Fragen und zeigen Expertise
  • Job Angebote in der Community lesen / teilen
  • Themen, zu dem das Unternehmen Agenda Setting betreibt lesen und teilen
  • Diskussionen im Sinne des Unternehmens führen
  • In Krisensituationen Pro Unternehmen kommentieren
  • Auf Krisenherde aufmerksam machen
  • An einer Crowdsourcing Kampagne teilnehmen

Messenger Marketing, mein Artikel im Upload Magazin

Messenger Marketing, mein Artikel im Upload Magazin

Ich durfte für das Upload Magazin einen Leitartikel zum Thema: Messenger-Marketing: Was heute geht, was morgen kommt schreiben.

In dem Artikel gehe ich ausführlich auf die Fragen ein:

  • Für wen ist Messenger-Marketing wirklich sinnvoll?
  • Welche Möglichkeiten gibt es und was müssen Sie bei der Umsetzung bedenken?
  • Wie ist der Status Quo in Deutschland?
  • Welche Möglichkeiten bietet der chinesische Messenger WeChat bereits seit Langem für Unternehmen an und was können wir draus für die Entwicklung der westlichen Messenger ableiten.

Viel Spaß bei der Lektüre: Messenger-Marketing: Was heute geht, was morgen kommt